Chapter 10

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- Felix -

Schon als ich in dem Flieger von Sydney nach Incheon gestiegen war, wollte ich am liebsten wieder umkehren, weil ich Angst hatte vor der Konfrontation, mit der Tatsache, was ich wirklich alles verpasst hatte. Nicht nur Minho und Jisung waren neben Wooyoung der endgültige Schlag in mein Gesicht gewesen, sondern nun auch Hyunjin und Jeongin, die sich so benahmen, als wäre deren Beziehung schon immer so innig gewesen - mal ganz davon zu schweigen, wie Chan und Seungmin miteinander agierten, aber vielleicht verlor ich auch langsam den Verstand, weil all meine Korea-Freunde plötzlich anfingen, miteinander auszugehen.

Nach der Sache letzte Woche mit Wooyoung, versuchte Changbin noch mehr als sonst, sein falsches Lächeln aufrechtzuerhalten, welches eigentlich nur seinen Zustand verbergen sollte, in dem er steckte. Ich hatte mir die schlimmsten Dinge ausgemalt und mich nicht mal getraut, nach seiner Familie zu fragen, weil ein Todesfall zu viel gewesen wäre, aber am Ende war es eine Beziehung. Eine Beziehung die Changbin geführt hatte, Monatelang - und das ohne, dass ich davon wusste. Es tat so höllisch weh, dass ich das Gefühl hatte zu Ertrinken.

Einerseits war ich schon fast dankbar, nicht in Südkorea gewesen zu sein, um die Küsse der beiden nicht sehen zu müssen, andererseits wären die beiden vielleicht nie zusammen gekommen, wenn ich hier geblieben wäre und Changbin festgehalten hätte, als wäre er das Kostbarste in meinem Leben. Was er auch war. Auch jetzt noch.

Jede verdammte Sekunde wollte ich einfach nur seine Körperwärme spüren, seine Umarmungen, sein Atem auf meiner Haut, wenn wir Gemeinsam auf dem Sofa lagen und über irgendwas belanglosen lachten, als wäre es das witzigste der Welt. Es hätte mir schon viel früher auffallen müssen, was ich wirklich für Changbin empfand. Ich hätte schon von Anfang an wissen müssen, was mein Verhalten zu bedeuten hatte und ich hasste es, dass die Gefühle durch den Abstand schlimmer und nicht besser geworden waren.

"Wie lange läuft das schon zwischen euch?" fragte Chan misstrauisch und kniff seine Augen dabei etwas zusammen. "Lass mich einen guess abgeben:" Auf Seungmins Lippen hatte sich ein Schmunzeln gebildet, welches vor Überlegenheit trotzte "zwei Monate."

"Bist du ein Stalker oder so?" fragte Hyunjin, seine Tonlage klang angeekelt, während seine Augen amüsiert leuchteten und weiß machten, dass Seungmin ins Schwarze getroffen hatte. "Nur eine gute Auffassungsgabe." Seungmin zwinkerte Hyunjin zu, was diesen zum schnauben brachte.

"Wir wollten erstmal herausfinden, was das genau zwischen uns ist, bevor wir es weiter erzählen." fügte Jeongin hinzu. Das schien zwar nicht die ganze Wahrheit zu sein, aber keiner sagte etwas dazu und sie alle nickten nur. Jisung warf immer Mal wieder einen Blick zu Changbin und innerlich wartete ich darauf, dass er aufstand um mit einer schlechten Ausrede dieser Situation zu entkommen, aber er blieb sitzen.

"Jeongin, ein Vater sollte wissen, wenn das Kind sich verliebt." Chan schmollte auf eine Art, wie Hyunjin es viel zu oft tat.
Jeongin lachte: "Erstens: du bist nur vier Jahre älter als ich, und zweitens: ein Vater muss nicht alles wissen."

Minho lachte leise auf, während er nach der Wasserflasche griff, die vor Changbin stand und wortlos draus trank. Während ich weg gewesen war, schien auch das Verhältnis zwischen Changbin und Minho enger geworden zu sein. Wie sehr konnte ich einen Menschen vermissen? Würde das Gefühl in meiner Brust schlimmer werden, mich umbringen können?

Changbin saß gegenüber von mir, ich konnte seine Anwesenheit genau spüren, obwohl wir beide es vermieden uns anzusehen und trotzdem vermisste ich ihn so, als wäre ich noch immer in Australien und würde mich stundenlang auf seinem Instagram-Profil aufhalten, als könne mir dass das Gefühl von Heimweh nehmen. Australien war vielleicht mein Zuhause, wenn man auf meinen Geburtsort schaute, aber Changbin war meine Heimat, mit allem was er zu bieten hatte.

Ich erlaubte mir einen kurzen Blick auf ihn, während Jisung mit Seungmin in eine Diskussion gefallen war, welches Dramen mit Park Seojoon das bessere war. Sobald Changbin das Gefühl hatte, niemand würde ihn anschauen, ließ er seine Fassade aus falschen Emotionen fallen und wirkte zerbrechlich und müde.

Er blickte zu den beiden, aber seine Gedanken waren sichtlich woanders, er blinzelte kaum, so sehr schien er weggetreten zu sein und etwas in mir hoffte, dass ich der Grund für seine Gedanken war und nicht Wooyoung oder irgendwas anderes, was nicht mit dem Namen Lee Felix bezeichnet werden konnte. Ich wollte wissen, ob Changbin mich genauso vermisste, wie ich ihn.

"Ihr seid doch alle dabei, oder?" Ich riss schnell meinen Blick von Changbin los, damit Jisung nicht merken konnte, dass ich ihn angeschaut hatte und blickte zu ihm, der uns allen einmal einen Blick zu warf. "Natürlich sind wir das, was sollten wir sonst zu tun haben? Wir sind Studenten." Jeongin scherzte, obwohl er wahrscheinlich gar nicht mal so falsch lag. Ich hatte in der Woche meist so viel Stress, dass ich das Wochenende lieber nicht verplante, um mich ausruhen zu können - Mal von der Tatsache abgesehen, dass ich hier sowieso kaum noch Kontakt zu jemanden hatte, der nicht an diesem Tisch saß.

"Es ist euch hoffentlich bewusst, dass eine Feier ohne Alkohol keine Feier ist, wenn es auch nur die Einweihung ist." Ohne zu Hyunjin zu schauen, wusste ich, dass er zwinkerte und sich in seinem Stuhl nach hinten lehnte um lässiger rüber zu kommen. Minho lachte wieder leise, tat dies viel öfters als früher: "Du redest mit mir, Hyunjin. Natürlich gibt es Alkohol."

"Trinkst du inzwischen, Felix?" Jisung schaute mich direkt an und ich wusste nicht genau, ob ich mich Sorgen sollte, weil er Changbin nicht fragte. Hieß es, dass er wieder nicht dabei war oder trank Changbin inzwischen Alkohol? Ich hoffte auf letzteres, einfach nur um ihn dabei haben zu können.
Ich schüttelte den Kopf: "Nein, aber ich kann trotzdem etwas mitbringen."

"Ach quatsch, Minho hat genug." lachte Jisung und griff blindlings nach der Hand seines Freundes. Dieser Zog mit dieser Geste Jisung näher an sich ran, so dass der Stuhl scharrend über den Boden fuhr.

"Ich trinke auch nicht, Lix." Lix. Chan hatte mich Lix genannt. Als ich diesen Spitznamen nach so langer Zeit wieder hörte, hier in Südkorea, wollten die Tränen hoch kommen, die ich verdrängt hatte um mich auf wichtiges zu konzentrieren. Ich nickte nur, weil ich zu mehr nicht in stande war. Ich wusste, dass meine Stimme zittern würde, wenn ich sie jetzt nutzen würde und ich wollte nicht vor allen preisgeben, wie sehr mir das alles hier gefehlt hatte.

"Also, dann ist das beschlossene Sache. Um 18 Uhr bei uns zu Hause, was wollen wir essen?" Jisungs Stimme klang so hell und fröhlich, dass ich nichts gegen das Lächeln auf meinen Lippen tun konnte, welches sich darauf schlich. Ich liebte jede einzelne Person an diesem Tisch. Das hier war meine koreanische Familie und niemals würde ich erneut zulassen, diese zu verlassen.

GLOW // Changlix ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt