Chapter 17

230 15 1
                                    

- Changbin -

Minho saß vor mir und hatte wieder Soju mitgebracht: "Diesmal müssen wir uns ja nicht betrinken." Ich glaubte dieser Aussage kein Stück, lehnte das Glas mit Soju und Bier jedoch nicht ab, als er es mir hin hielt. "Partys sind scheiße, zumindest diese Art von Partys. Das wissen wir. Aber bitte komm mit. Jisung wurde von Freunden eingeladen, die ich nicht kenne und ehrlich gesagt auch gar nicht kennen lernen will, sonst muss ich mich noch mit denen Treffen und darauf habe ich absolut keinen Bock."

Minho und das Wort bitte passten überhaupt nicht zusammen, das war auch der Grund, warum ich zögerte und nicht sofort ablehnte. Eine Party. Wooyoung hatte sie geliebt, aber selbst er konnte mich nur selten überreden.

"Ich weiß nicht, Minho. Ich fühle mich da immer viel zu Unwohl." genau wie er, deswegen wusste ich auch, dass Minho mich verstehen würde.

Er seufzte: "Ja, ich mich auch. Deswegen brauche ich dich, damit ich im Notfall irgendwo mit dir an die frische Luft gehen kann. Sonst muss ich zum Kettenraucher werden und mich in irgendeine Ecke stellen, damit mir keiner auf die Eier geht." Minho stellte das Glas vor sich ab, tatsächlich hielt er sich beim Trinken sehr zurück.

"Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken Jisung oder Hyunjin sitzen vor mir. Was bist du so dramatisch? Sag den Leuten, dass sie dir nicht auf die Nerven gehen sollen. Das hast du doch sonst auch immer getan."

"Jisung ist es aber wichtig, sonst würde ich mich nicht in diese verfickte Studentenverbindung wagen und ihn nur absetzen und abholen." Minho seufzte und verdammt, ich konnte diese Worte so gut nachvollziehen. Für Wooyoung hätte ich das alles auch getan, selbst für Felix, aber er mied Menschenmengen genau so sehr wir ich. Wooyoung liebte Aufmerksamkeit und ich liebte Wooyoung, deswegen zwang ich mich oft in Mengen, in die ich freiwillig niemals gegangen wäre.

"Scheiße," murmelte ich und ließ meine Schultern hängen, Minho bemerkte sofort, dass er mich überzeugt hatte "sobald ich mich mehr als 60% Unwohl fühle, bin ich weg."

"Fuck Changbin, ich liebe dich. Danke!" Minho war niemand der Berührungen von sich aus zuließ und meistens nur die von Jisung wirklich erwiderte, aber tatsächlich wuschelte er durch meine Haare. Eine eigentlich ganz normale Geste, wäre man jede andere Person auf diesem Planeten, nur nicht Minho.

Ich bemerkte nicht, wie eng unser Verhältnis wurde, wie sehr ich Vertrauen gewonnen und gegeben hatte. Ich lächelte Minho an, ein komisches Gefühl von Wärme schoss durch meinen Körper und auch wenn ich mich damals für Jisung freute, dass er Minho in seinem Leben hatte, so freute ich mich in diesem Moment ganz allein für mich. Ich war dankbar für Minho, für diese Freundschaft und all die Momente, in denen er mir einfach zuhörte. Irgendwie bekam ich das Gefühl, ihm diese Party zu schulden.

-

Die ganzen Songs über Herzschmerz verstand ich früher nie wirklich. Ich fragte mich immer, wie eine einzige Person so viel Leid verursachen konnte, dass man die anderen Menschen in seinem Umfeld weniger zu schätzen wusste oder einfach nicht schätzen konnte, weil der Schmerz einen zeriss. Aber seit zuerst Felix und dann Wooyoung mich verließen, waren diese ganzen Herzschmerz-Songs mein Leben geworden.

Jeden Tag hörte ich das Lied 134340, weil ich bei diesem verfluchten Lied mehr das Gefühl hatte verstanden zu werden, als bei meinem eigenen Spiegelbild.

If only I could, I wanna to ask you
Why did you do that back then? Why did you kick me out?
Without the name to myself, I revolve around you
Our goodbye is colorless, that unchanging color

Ich fragte mich Monatelang, warum Wooyoung mich verließ und trotzdem war ich nicht bereit auf ihn zuzugehen und zu fragen. Nun ist die Trennung Monate her und ich war noch immer in einem Kreis gefangen, der sich nur um Wooyoung drehte.

Und dann verstand ich den Grund. Es fühlte sich an, als würde ich mit einem Auto falsch herum in den Kreisverkehr fahren und gegen ein anderes krachen. Alles drehte sich, schmerzte und entriss mir die komplette Kontrolle über meinen Körper. Es waren zwei Hände, ineinander verschlungen. Es waren zwei lächelnde Gesichter, die auf Glückwünsche reagierten und sich bedankten. Es waren Wooyoung und San, die offiziell als Paar durch die Cafeteria gingen.

Ich blieb auf der Stelle stehen, als wären ich und die Zeit eingefroren. Meinen Blick konnte ich nicht von den beiden Händen nehmen, die so perfekt zusammen aussahen, dass ich mich wie ein Fehler in Wooyoungs Leben fühlte, wie eine falsche Entscheidung.

Wäre ich damals in der Cafeteria auf sein Angebot eingegangen und hätte mit ihm geredet - oder die Male davor, die er mich versuchte zu kontaktieren - wäre ich wahrscheinlich nicht ganz so extrem ins Haifischbecken geworfen wurde. Ich wäre vielleicht vorbereitet gewesen auf dieses Bild, wenn es dadurch auch nicht weniger schmerzhaft gewesen wäre.

Innerlich schrie ich mich an, davon loszulassen und mich zu den anderen an den Tisch zu setzen, aber äußerlich stand ich noch immer an Ort und Stelle und starrte mit leeren Augen auf Wooyoungs neue Liebe. San, verdammt. Einer seiner engsten Freunde, schmerzhafter konnte es kaum werden.

Ich blickte hoch, von deren perfekten Händen, in deren perfekt lächelnde Gesichter. Wooyoung lächeln erlosch, sobald unserer Blicke aufeinander trafen, er war inzwischen zu weit weg, als das man sich gegenseitig verständigen konnte. Tränen kamen hoch. Tränen, die ich außerhalb meiner Wohnung nicht zulassen wollte. Es war verdammt schwer, aber sobald ich mich von dem Anblick los reißen konnte, stürmte ich aus der Cafeteria. Dies passierte eindeutig zu häufig und ich hasste meine Schwäche dafür, dass sie mich zurück in meine einsame Wohnung brachte.

GLOW // Changlix ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt