- Changbin -
In Filmen war alles so einfach. Man beschwerte sich meistens über das ganze nicht miteinander reden, aber am Ende ging es immer gut aus.
In der Realität war alles so viel schlimmer. Es war einfach zu sagen, dass man doch endlich miteinander reden sollte, wenn man selber nicht in der Situation steckte. Reden war mit das schwierigste, was man in meiner Situation tun könnte. Reden war hier emotionales Ausziehen.
Ich konnte Felix nicht sagen, dass ich ihn liebte. Ich konnte es nicht, obwohl ich wusste, dass er gleich empfand. Ich hatte das Gefühl, er würde mich trotz der Anziehungskraft zwischen uns ablehnen und das würde ich nicht verkraften können.
Über Gefühle zu reden war nichts, was ich gut konnte. Sonst würde Ich meiner Mutter nicht seit Monaten erzählen, dass es mir gut ginge und ich mich in die Uni stürzte, um die Umstellung meines Alltags nicht wirklich mitzubekommen. Sie dachte wahrscheinlich ich würde lernen und mich zurückziehen, damit ich leichter über die Trennung hinweg kam.
Sie wusste weder, dass Felix wieder da war, noch, dass ich mich in ihn verliebte und die Trennung zu Wooyoung somit leichter wurde, ertragbarer. Ich fühlte mich wie ein Arschloch.
Ich wusste auch ehrlich nicht, wie ich mir selbst die ganze Situation erklären sollte, also wie erkläre ich es anderen? Wie erklärte ich dieses ganze Drama aus falscher Liebe und richtiger Sehnsucht?
Meine Hand zitterte, obwohl ich die Klingel noch nicht gedrückt hatte. Ich wollte sie nicht drücken, weil mir bewusst war, dass ich nicht das sagen würde, was ich sagen wollte. Sondern das, was ich sagen musste. Damit ich Felix nicht verlor. Als guten Freund.
Minho schrieb mir, fragte ob ich den Mut hatte zu Felix zu gehen. Ich hatte den Mut mich vor seine Haustür zu stellen, darüber hinaus war ich ein absoluter Feigling.
Die Tür ins Treppenhaus öffnete sich und hinderte mich an einer Flucht. Nicht, weil mir die Tür geöffnet wurde oder jemand mich fragte, wohin ich wollte, sondern weil Felix vor mir stand. Mit großen, überraschten Augen schaute er mich an und wich einen Schritt zurück.
Er steckte in einem übergrößen grauen Hoodie und hielt den Griff der Tür so fest umschlossen, dass seine Fingerknöchel Weiß wurden. Ich stotterte am Anfang: "H-hey, störe ich?"
Sein Mund öffnete sich, aber keine Worte verließen diesen. Dann nickte er, aber anstatt mich ins Treppenhaus zu lassen, verließ er es ebenfalls und trat neben mich. "In der Straße nebenan ist ein kleines Café." sagte er dann mit einer Distanz in der Stimme, die mich zum frösteln brachte. Keine Frage, kein Vorschlag. Er wollte Abstand zu seiner Wohnung. Abstand zu etwas, was uns verbinden könnte.
"Dann gehen wir dahin."
Felix ging vor und ich trat daneben. Keiner von uns sagte etwas und die Stille zwischen uns zerrte mich auf den Grund des Bodens. Ich spürte regelrecht wie schwer meine Schritte wurden, als würde ich an Ketten hängen. Als die Glocke des Cafés erklang, zuckte ich leicht zusammen.
Er begrüßte zwei Damen, die hinter der Theke standen und später eine weitere, als wir auf einen Tisch zugingen. Die Stimmung zwischen uns war Fremder als der Felix, der vor einigen Monaten das erste Mal vor mir stand. Ich ließ mich vorsichtig auf den Stuhl gegenüber von ihm nieder.
Das niedliche Café wurde in braunen Retro Farben gehalten und wäre mit den alten Songs, die aus den Boxen an der Wand erklangen, der perfekte Ort für ein Date gewesen.
Wir zerstörten die Stimmung nicht nur, wir brachen sie förmlich in Zwei. Seit Felix und ich das Café betreten hatten, fühlte ich keine Verbindung zwischen uns. Kein Wir. Sondern Felix und Changbin.
"Also, was wolltest du?" Felix Stimme war so anders, so fremd und eisig. Ich spürte nichts mehr von dem Feuer, an dem ich mich schon viel zu oft verbrannt hatte. Er wusste was ich wollte und trotzdem fragte er nach, als hätte ich nicht das Recht vor seiner Tür zu stehen. Vielleicht hatte ich es auch nicht. Vielleicht hätte ich einfach am Boden liegen bleiben sollen.
"Ist das eine ernst gemeinte Frage?" Ich wollte gleichgültig klingen. Als würde ich die Situation nicht unseres Willens klären wollen, sondern wegen den Anderen. Aber ich scheiterte. Ich verschluckte mich an den Worten und konnte den Schmerz nicht verbergen.
Felix hingegen blieb ernst. Ich hatte es verdient. Alles an dem Verhalten von Felix kam mir wie ein verfluchter Spiegel vor, den mir jemand vor die Nase hielt.
"Changbin, müssen wir wirklich darüber reden? Uns ist doch bewusst, dass das nichts bedeutet oder? Es sind irgendwelche fremde Menschen, die daraus etwas machen wollen." sagte Felix und der Schmerz der in mir herrschte, hatte eine neue Stufe erreicht. Mir bedeutete der Kuss alles, aber aussprechen würde ich es nicht.
"Und deswegen gehst du mir aus den Weg?" wollte ich wissen, die Finger in meinen Hoodie verkrampft. "Lüg mich nicht an, Felix. Was ist dein Problem?"
"Ehrlich gesagt, ist mir die ganze Situation unangenehm." Felix schaute mich an, während ich am liebsten wegschauen wollte. Ich schaute nicht in seine Augen, sondern in eine leblose Kopie. "Wir haben uns geküsst, Changbin. Das machen andere ständig und niemand wirft denen gleich eine Beziehung vor. Warum also bei uns? Ich möchte von anderen nicht ständig darauf angesprochen werden und mich rechtfertigen müssen, weil ich zum Spaß jemanden geküsst habe. Das ist doch Bullshit."
Bullshit. Dieses Wort hallte in mir nach wie ein Echo im verlassenen Wald. Wir hatten die Karte zwischen uns nicht in die Hand genommen, aber es näherte sich auch keine der Mitarbeiterinnen, um uns zu bedienen. Ich spürte ihren Abstand, weil die Aura um uns herum unheimlicher Herkunft war.
Mir fehlten die Worte. Ich konnte nichts sagen oder machen. Ich war wie gelähmt. Meine Emotionen wollten raus, aber wie damals bei Wooyoung, sperrte ich sie ein.
"Gut." verließ es dann meinen Mund. Es war kälter geworden. Ich griff nach meinem Handy und öffnete Instagram, um die beschissene Speisekarte zu fotografieren. Felix' Hände waren im Hintergrund zu sehen und ich markierte ihn darauf. "friends since day one" schrieb ich darunter. Kein "best" davor, kein Emoji. Dann postete ich die Story.
"Wir sehen uns in der Uni." Ich stand auf. Ich schaffte es nicht, auf seine Worte davor einzugehen, ohne den Verstand zu verlieren. Das war nicht Felix der vor mir saß. Das war Changbin vor einigen Monaten und ich wusste nicht, wie sehr ich ihn nicht leiden konnte, bis er mir selbst gegenüber stand.
Ich verließ das Café ohne mich nochmal umzudrehen. Ich wollte mich in meiner Wohnung einsperren, aber ich hinderte mich selbst daran. Daran wieder der Changbin zu sein, der alles zerstörte.
Ich rief Minho an und sobald seine Stimme erklang, wurde ich innerlich ruhiger.
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GLOW // Changlix ✓
FanfictionEs war, als wäre Changbin in einem Drama gefangen gewesen, als sein ehemaliger bester Freund von einigen Auslandssemestern zurückkehrte. Changbin hatte gerade eine Trennung zu überstehen und hätte Felix in dieser Zeit, mehr als alles andere an seine...