- Changbin -
Ich schaute zu Felix, der sich die letzten Tränen von den Wangen strich. Ich wusste nicht, ob ich ihn in die Arme genommen hätte, wenn er nicht aufgestanden wäre um sich ein Glas Wasser zu holen - definitiv eine Ausrede um vor mir nicht wieder so verletzlich zu wirken.
"Möchtest du jetzt etwas trinken?" Felix blickte mich aus glänzenden Augen an, in denen immer noch kleine Tränen schimmerten. "Mhm." Ich nickte mit meinem Kopf und beobachtete Felix dabei, wie er ein zweites Glas aus dem Schrank holte. So natürlich, als wäre unsere Freundschaft schon immer mit diesem Ort verknüpft gewesen.
Aber so war es nicht. Diese Wohnung war mir genauso Fremd wie der Felix, der vor mir stand. Der Felix, dessen Großmutter gestorben war, ohne, dass ich für ihn da gewesen bin. Der Felix, dessen ganzes Erscheinungensbild - die Art wie er sich bewegte, sein Lächeln - viel ruhiger als früher war. Nicht mehr ganz so laut und explosiv. Selbst sein Lachen klang weniger wie sein Lachen, dieser hohe Ton, der mit der Tiefe seiner Stimme immer zu kämpfen schien, fehlte
Das schlechte Gewissen in meiner Brust wurde zu einem intensiven hämmern, der sich durch meinen ganzen Körper zog. Felix hatte seine Großmutter verloren. Diesen Satz musste ich erstmal sacken lassen und egal wie sehr ich seinen Worten glauben wollte, so wirklich besser schien es für ihn nicht zu sein.
Es war sicherlich besser für seine Großmutter, aber für die Personen um sie herum, musste es gerade schwerer sein. Ich wollte mir nicht vorstellen, wie es seinem Großvater ging. Die beiden waren immer ein Herz und eine Seele gewesen und die große Liebe zu verlieren, kam mir wie ein Schmerz vor, den man nie wieder heilen konnte.
Felix stellte das Glas vor mir ab, durch die kurze Nähe zog ich unbewusst die Luft ein und merkte es erst, als er sich wieder hingesetzt hatte. Es stand so viel zwischen uns, aber über vieles konnte und wollte ich nicht reden. Felix war nicht mehr der Felix, den ich vor zwei Jahren meinen besten Freund genannt hatte. Das Vertrauen, welches ich ihm damals entgegen gebracht hatte, war heute nicht mehr da.
"Die anderen meinten, dass du gerade eine neue Wohnung suchst. Hast du schon etwas gefunden?" fragte Felix, wahrscheinlich weil all die Dinge zwischen uns noch nicht bereit dazu wahren, thematisierte zu werden.
"Noch nicht. Es war damals Glück, dass wir diese Wohnung so günstig in der Nähe der Uni bekommen hatten. Die Preise sind sonst doppelt so hoch." Wir. Es fiel mir schwer dieses einfache Wort von mir zu geben. Felix fragte nicht nach Wooyoung und ich war ihm wirklich dankbar dafür. Das alles war mir so unangenehm, ich würde lieber damit abschließen, als permanent im Selbstmitleid zu ertrinken.
"Das stimmt. Die Wohnung von Minho und Jisung ist auch etwas weiter vom Stadtzentrum entfernt." Felix mied ab diesem Moment den Blickkontakt zu mir und schaute in das Glas Wasser in seiner Hand. Vorsichtig schwenkte er das Glas und beobachtete das Wasser dabei, wie es gegen den Rand schwappte.
Felix' Familie hatte schon immer mehr Geld als der Durschnitt in Südkorea, deswegen war seine Wohnung keine große Überraschung. Er sprach nie über das Einkommen seiner Eltern und ließ sich das viele Geld auch nicht wirklich anmerken. Er zeigte Verständnis für diejenigen, die nicht genug verdienten und beschwerte sich oftmals über die Oberschicht Südkoreas und der Tatsache, wie wenig sie sich um das Wohl der Menschen scherten.
"Das stimmt und es wäre auch nicht schlimm weiter weg zu wohnen, aber meine jetzige Lage ist besser und wenn ich sie aufgebe, würde ich wenigstens etwas ähnliches nehmen wollen." Eine Lüge. Ich wollte einfach raus, schaffte es aber kaum wirklich nach einer Wohnung zu suchen und hatte noch nichts gefunden, was in meiner Preisklasse war.
Die Wohnung, die ich bewohnte, gehörte einem wohlhabenden Ehepaar. Sie verlangten nicht viel und wollten nur ein persönliches Gespräch haben, in dem sie unseren Charakter einschätzen konnten. Das wir die Wohnung bekommen hatten, war eigentlich Wooyoungs Werk. Seine positive und freundliche Art verzauberte jeden auf dem ersten Blick und deswegen hatten wir nach wenigen Minuten den Vertrag vor der Nase.
"Warum willst du denn überhaupt raus?" Felix zögerte mit der Frage, stellte sie aber Im Endeffekt doch. Wir beide kannten die Antwort.
"Warst du mal verliebt?" fragte ich stattdessen und bemerkte wie Felix mich wieder anschaute und seine Augen sich vor Schock weiteten. "Was?"
"Ob du mal verliebt warst." Mir war keine Liebe bekannt, aber ich hatte zwei Jahre verpasst und wenn ich eine Beziehung hatte, hätte sie Felix genau so haben können.Langsam nickte er mit seinem Kopf, der Blick noch immer auf mich gerichtet. "Dann müsstest du wissen, wie viel so eine Person ausmachen kann. Wie viel man mit ihr verbindet und wie schön Erinnerungen sind. Bei einer Trennung sind all diese Erinnerungen noch da, aber statt der Schönheit, sieht man Schmerz in diesen. Ich will da raus, weil ich nicht mal mehr im Schlafzimmer liegen kann, ohne seinen Geruch zu vermissen." Ich wollte gar nicht so detailliert werden, fühlte mich aber aus unerklärlichen Gründen angegriffen oder verletzt, weil Felix verliebt war, ohne das ich davon wusste. Vielleicht wollte ich Ihm von Wooyoung erzählen, damit er mir von seinen Gefühlen erzählte.
"Ich muss zugeben," Felix klang verbittert und blinzelte mehrmals "dass ich ein stechen in der Brust fühle, wenn du über deine Beziehung redest. Ich war nie Teil davon und das ist schmerzhafter als ich dachte."
Die Ehrlichkeit fühlte sich seltsamerweise Intim an und riss Wunden auf, von denen ich dachte, dass ich sie schon längst zugetackert hatte. "Ich weiß nicht, ob ich mir das auch gewünscht hätte. Ich würde niemals die Zeit zurück drehen wollen um Wooyoung zu entgehen, dafür habe ich zu viel schönes erlebt und gelernt. Wärst du nicht gegangen, wäre ich vielleicht niemals in diesem Loch gewesen, aus dem er mich gezogen hat."
Wooyoung hatte mich damals in der Uni-Bibliothek angesprochen. Er hatte mich schon öfters dort gesehen und sich nie getraut auf mich zuzugehen - als queere Person ist sowas nochmal eine ganz andere Sache, die mit Feindlichkeit und Diskriminierung zu tun hatte -, aber dann hat er sich doch überwunden. Ich fühlte mich anfangs eher gestört, genoss es aber innerlich sehr, wenn er sich einfach frech zu mir gesetzt hatte, um für sein Studium zu lernen und irgendwann bin ich auf sein Flirten eingegangen.
"Manchmal wünschte ich mir, ich wäre niemals nach Australien gegangen." Felix brachte mich durcheinander. Als er in den Flieger gestiegen war, war seine Großmutter noch gesund - wegen ihr bereute er es sicherlich nicht und war glücklich dort zu sein. Er bereute es wegen der verlorenen Freundschaft, um dessen Puzzleteile wir saßen.
Den Satz sagte er aber in einer so unpassenden Situation, dass es so wirken könnte, er würde wollen dass ich Wooyoung niemals begegnet wäre. Er merkte es wahrscheinlich nicht und hing noch bei den Sätzen davor, denn Wooyoung würde ich niemals aus meinem Leben streichen wollen. Ich würde mir nur wünschen, dass es weniger weh tat.
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GLOW // Changlix ✓
FanfictionEs war, als wäre Changbin in einem Drama gefangen gewesen, als sein ehemaliger bester Freund von einigen Auslandssemestern zurückkehrte. Changbin hatte gerade eine Trennung zu überstehen und hätte Felix in dieser Zeit, mehr als alles andere an seine...