Ich öffne die Türe und bitte Marco mit einer Geste in die Wohnung. "Herzlich willkommen in meiner Wohnung. Heute mit etwas Tageslicht, aufgeräumt und mit nüchterner Gastgeberin."
Marco zieht die Schuhe und die Jacke aus und folgt mir ins Wohnzimmer. Er schaut sich um und nickt. Er wendet sich meinem Bücherregal zu und lässt seinen Blick über die Regale schweifen, während ich kurz in die Küche gehe und das Risotto umrühre. "Unser Büchergeschmack ist gar nicht so verschieden."
"Ja, das dachte ich mir auch, als ich dein Regal gesehen habe. Unser Musikgeschmack übrigens auch, aber ich habe leider keine Platten, daher ist das nicht so offensichtlich."
Musik ist ein gutes Thema, ich schalte meine Anlage ein und starte die Musik-App auf meinem Handy.
"Wünsche?" frage ich Marco, der immer noch meine Bücher betrachtet.
Der zuckt mit den Schultern. "Keine bestimmten, nein. Aber wenn dir nichts einfällt, kennst du Sufjan Stevens?"
Mir sagt der Name nichts, also gebe ich ihn in die Suche ein und wähle auf Marcos Hinweis hin, das Album The Ascension aus.
"Magst du Kürbissuppe?"
"Klar, gerne. Vor allem bei dem Wetter."
Ich werfe einen Blick nach draußen und sehe, dass tatsächlich der erste Nebel aufzieht. Ich bin froh, das Haus heute nicht mehr verlassen zu müssen.
"Willst du Wein dazu?" frage ich Marco.
"Gerne. Ich habe mich ja gestern nicht betrunken."
Ich verdrehe die Augen. "Mach dich ruhig lustig."
"Ich darf das." er grinst.
Ich hole ein Weinglas für ihn und den Wein, den ich für das Risotto geöffnet habe.
Ich serviere die Suppe und wir fangen an, zu essen.
"Die Suppe ist wirklich gut. Ich wusste gar nicht, dass du kochen kannst."
"Danke. Suppe bekomme ich gerade noch hin. Die Musik ist übrigens schön. Gefällt mir."
Als ich das Risotto serviert habe und mir dann doch auch selbst ein Glas Wein eingeschenkt habe, frage ich: "Wann haben wir eigentlich den Club verlassen?"
Er grinst. "Aha, hat da jemand Erinnerungslücken? Du hattest ja wirklich ordentlich was intus. Wir sind um kurz nach vier gegangen."
Aha, das erklärt, warum ich so lange geschlafen habe.
"Nein, keine Erinnerungslücken. Nur Zeit hat offensichtlich gestern keine Rolle mehr für mich gespielt. Wann bist du heimgefahren?"
"Ich bin gegangen, nachdem du eingeschlafen bist und war dann so um fünf daheim."
"Oh, das war alles in allem ein echt kurzes Treffen."
Marco lacht. "Ja, das war es. Aber intensiv genug, um mich abzulenken, ich konnte danach wunderbar schlafen. Also für mich hat es sich gelohnt."
"Für mich hat es sich definitiv auch gelohnt! Danke nochmal. Freut mich, dass ich dich ablenken konnte, aber von was denn eigentlich?"
"Ich habe gestern Abend, gerade als ich schlafen gehen wollte, über Susis Story im Messenger mitbekommen, dass sie ihr Kind bekommen hat. Das hat mich irgendwie ziemlich aufgewühlt. Einschlafen konnte ich auf jeden Fall dann nicht mehr und als ich das Foto von dir mit den zwei Gutaussehenden bekommen habe, habe ich den Plan, zu schlafen, aufgegeben und auf Ablenkung gesetzt."
"Oh, ok. Das tut mir leid, dass dich das so mitgenommen hat. Aber schön, dass ich dich ein wenig ablenken konnte. Sorry übrigens für den Auftritt von Ben im Club."
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Mina
General Fiction[E] markiert Kapitel mit sexuellem Inhalt. Was macht man eigentlich, wenn man Anfang Dreißig ist, keinen Partner, keine Kinder, keinen Hund und keinen Garten hat, aber auch keinerlei Bedürfnis, das zu ändern? Was tut man, wenn Gleichaltrige von Fami...