[E] Weihnachtskater

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Wir sitzen schweigend nebeneinander auf dem Sofa und trinken unseren Kaffee. Meinem Kopf geht es zwar schon viel besser aber eine wirkliche Motivation, heim zu gehen, habe ich nicht. Daheim wartet nichts Verlockendes auf mich und draußen ist es nicht weihnachtlich, sondern windig und regnerisch.

Marco scheint meine Gedanken lesen zu können.

"Wenn du nichts Besseres zu tun hast, kannst du auch bleiben und wir tun gemeinsam nichts. Ich habe Ben gestern noch ein bisschen was von seiner Baum-Deko abgekauft. Wenn du also Lust auf ein bisschen Gras und vielleicht ein paar lustige Filme oder so hast?"

"Prinzipiell gerne, aber ich glaube, ich sollte heimgehen. Ich würde gerne duschen und andere Klamotten anziehen."

"Schade, aber nachvollziehbar." Marco klingt enttäuscht und ich merke, dass ich eigentlich auch keine Lust habe, heute alleine zu sein.

"Du könntest mit zu mir kommen, wenn du willst. Einen Tag auf dem Sofa würde ich mir heute sowieso gönnen und gegen entspannte Gesellschaft habe ich nichts einzuwenden." schlage ich vor.

Marco lächelt und nickt. Er geht duschen und ich vertreibe mir die Zeit damit, durch die Weihnachtsposts meiner 'Freunde' in einem sozialen Netzwerk zu scrollen. Als er wieder die Treppe herunterkommt, bin ich fast etwas enttäuscht, dass er komplett angezogen und bereit zum Gehen ist. Er hat sich für eine ausgewaschene Jeans und eine Sweat-Jacke entschieden. Bereit zum chillen.

Während ich mich ebenfalls fertig mache, verschwindet er nochmal oben sowie in der Küche und kommt dann mit einer Umhängetasche über der Schulter und einem Jackett auf einem Kleiderbügel zur Tür. Ich frage mich, was er mit dem Jackett vorhat.

Wir fahren mit seinem Auto zu mir. Er lässt das Jackett im Auto, so dass ich es kurz darauf auch schon vergessen habe. Ich bin froh, daheim zu sein, das Outfit von gestern loszuwerden und duschen zu können.

Nachdem ich geduscht habe, entscheide ich mich für gefütterte schwarze Leggings und einen bequemen Hoodie. Ich merke, dass ich hungrig bin. Marco hätte ebenfalls Lust, etwas zu essen und so bestellen wir kurz darauf Burger. An einem Tag wie heute das perfekte Mittagessen.

Nach dem Essen gehe ich in die Küche, um die Teller wegzuräumen, als mein Blick aus dem Fenster fällt. "Marco, komm mal bitte her, ist das Susis Auto?"

Er stellt sich neben mich. "Tatsächlich. Und wenn ich das trotz des Spiegelns der Scheibe richtig sehe, sitzt sie drin. Aus diesem Winkel hat sie aber sicher nicht bemerkt, dass wir sie bemerkt haben." er lächelt. "Ich habe eine Idee. Was hältst du davon, wenn wir eine Reaktion provozieren, die uns verrät, was sie eigentlich will."

"Klingt grundsätzlich gut. Was ist der Plan?"

"Mein Auto hat sie wohl schon gesehen, also weiß sie, dass wir beide hier sind. Wenn sie uns beobachten will, soll sie uns beobachten. Wir bieten ihr ein bisschen Show und schauen, was sie tut. Wenn sie ausrastet, rufen wir im Zweifelsfall die Bullen, wenn sie geht, warten wir ab, was sie als nächstes tut. Was meinst du?"

"Du weißt, wie gerne ich Leute provoziere. Ich bin dabei. Wie stellst du dir das vor?"

"Ich würde sagen, wir zeigen ihr genau das, was sie nicht sehen will. Uns. Zusammen." er lächelt und fängt an, seine Sweat-Jacke auszuziehen.

"Ich stelle mich aber jetzt nicht nackt vors Fenster."

Marco lacht. "Das wäre mir auch ein bisschen zu plump. Nein, ich würde vorschlagen, du wickelst dich in eine Decke ein, so dass man vermuten könnte, dass du darunter nackt wärst, ich demonstriere das etwas direkter und wir gönnen uns dazu eine Tüte oder, wenn dir das wegen der Nachbarn zu krass ist, eine Zigarette auf dem Balkon."

MinaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt