Ich hatte keine Lust mehr in der Schule zu sein. Ich war voller Adrenalin und deshalb ging ich einfach zurück in den Klassenraum, schnappte meine Tasche und ging aus der Tür des Klassenzimmers hinaus.
Niemand hielt mich auf, noch nicht einmal ein Lehrer – ganz im Gegenteil. Es hätte mich gewundert, wenn sich einer von diesen Fremden für eine andere Fremde interessiert hätte. Mir war noch immer nicht klar, wieso ich mich überhaupt jeden Tag noch zur Schule schleppte. Mir war sowieso keine gute Zukunft versprochen worden, also war jede Sekunde verschwendet, die ich noch in diesem verfluchten Gebäude verbrachte.
Ich ging mit schnellen Schritten den überfüllten Gang entlang und als ich gerade die ersten Treppenstufen nach unten nehmen wollte, sah ich Oikawa, der langsam die Treppen nach unten ging, denn er muss wohl noch einige Minuten auf dem Dach verbracht haben und wahrscheinlich hat er dort sein nächstes Opfer aufgerissen. Ich blickte ihm für eine Millisekunde in die Augen und merkte, dass sich unsere Blicke trafen. Ich war so unglaublich wütend auf jeden hier, aber am meisten auf ihn. Sein kalter Gesichtsausdruck ließ mir das Blut in den Adern gefrieren – was für ein Idiot.
Ich wurde mit jedem Schritt schneller und schon war ich draußen auf dem Pausenhof angekommen. Ich versuchte mich nicht allzu auffällig zu verhalten, als ich mich zum Tor bewegte, aber von einem Lehrer aufgehalten wurde – dem selben, der mich am Anfang dazu genötigt hatte, den Klassenraum überhaupt erst zu verlassen. Er packte mich leicht am Arm und brachte mich dadurch zum Stillstand.
"Wo soll es denn hingehen?", fragte er naiv.
"Ich muss hier weg.", sagte ich und schüttelte leicht mit dem Kopf.
"Zu schade. Ich denke, dass du nicht so leicht damit durchkommen wirst.", sagte er, ließ mich los und fing an die Autoritätsperson zu spielen, doch mir konnte er nichts vormachen. Ich war zu müde.
"Können sie nicht eine Ausnahme machen?", fragte ich ihn und gab nach.
"Ich werde auch alles nachholen, aber bitte. Ich muss hier weg.", bettelte ich ihn förmlich an, bevor er anfing mit seinen Augen zu rollen.
Musste das jetzt sein?
"Verschwinde und nutze die freie Zeit um dich verflucht nochmal morgen wieder zusammen zu reißen.", sagte er angenervt und ging zurück zu den anderen Schülern.
Was für ein überheblicher Nullchecker.
Ich hätte mich ja gerne über ihn beschwert, aber ich war zu müde und kein Schwein hätte mir geglaubt.
Die Blicke der anderen ignorierte ich einfach gekonnt. Ich wusste, dass das nächste Gerücht in den Startlöchern stand, ehe ich mit einem Fuß den Schulboden verließ. Ehrlich gesagt war ich schon gespannt darauf, was sie sich jetzt aus den Fingern gesaugt hätten.
Ich schlängelte mich durch die stickigen Gassen und war das erste Mal froh darüber mein Haus zu sehen. Was mich noch mehr erfreute war, dass ich wusste, dass meine Eltern den ganzen Tag unterwegs waren.
Ich schloss schnell das Schloss der Haustür auf und atmete schwer aus, als ich diese furchtbare Begegnung mit Oikawa hinter mir lassen konnte.
Ob Ayumi wusste wo ich wohnte? Dieser Verrückten hätte ich alles zugetraut.
Ich ging in die Küche und schenkte mir ein Glas Wasser ein, das ich, so schnell ich konnte, austrank, als wäre ich verschollen in einer Wüste und hätte gerade eine Oase entdeckt.
Ich spülte akribisch das Glas, stellte es zurück in den Schrank und verwischte alle Spuren, dass ich schon zuhause war, sollten meine fürsorglichen Eltern früher nach Hause kommen. Üblicherweise fragten sie nicht wie mein Tag war und manchmal wussten sie sogar tagelang nicht, ob ich noch am Leben war, weil ich für sie wie ein Geist war – unsichtbar. Ich hätte so gerne gewusst, warum - aber zu welchem Zweck? Sie konnten es nicht mehr gut machen – ganz egal, mit welcher Ausrede sie um die Ecke kamen.
Ich hob meine Tasche von dem Flurboden auf und ging die Treppen nach oben in mein Zimmer, öffnete die Tür, schloss sie hinter mir und drehte den Schlüssel im Loch um, damit ich wieder in meine eigene kleine Welt verschwinden konnte.
Erst jetzt bemerkte ich, dass mein Körper schmerzte – physisch und, ganz besonders, psychisch. Bevor ich im Bett verschwand, fiel mir wieder diese Seite von gestern ein.
Friendsarc. Diese mysteriöse Person. Die Nachricht, die ich schrieb. Die Antwort, die ich noch immer erwartete. Ich setzte mich erneut vor meinen Rechner und klickte mich mit schwitzigen Fingern durch die Seite, bis ich wieder auf meinen Posteingang stieß. Ich konnte nicht glauben, was ich dort sah. Er hatte mir tatsächlich geantwortet. Warum war ich so überrascht? Es ist ja nicht so, als hätte er keinen Internetzugang. Mein Gott, konnte ich denn nicht einmal mitdenken? Ich entschloss mich dazu, mich später selber für meine Dummheit fertig zu machen und klickte entschlossen auf seine Nachricht.
Akio: Ich kann mich nicht daran erinnern, dass in den Regel stand, dass man unbedingt ein gestelltes Bild von sich selbst einstellen muss.
Seine selbstbewusste Antwort zauberte mir ein Lächeln auf mein Gesicht, was ich aber schwer verstecken konnte. Ich wusste gar nicht, was so plötzlich über mich kam, aber durch seine freche Reaktion stieg mein Interesse immer weiter an. Ich entschloss mich dazu, ihn nicht so leicht davon kommen zu lassen und antwortete ihm sofort.
Mika: Stell dir mal vor, man liest sich die Regeln durch, die noch länger sind als manche Vorschriften, die Eltern ihren Kindern geben.
Ich empfand es als eine gute Entscheidung, meine eigene Erziehung in den Dreck zu ziehen und dadurch schlagfertig zu erscheinen, aber eigentlich war es nur ein Mechanismus, um einfacher mit meinem Trauma umgehen zu können. Ich fühlte mich für einen kurzen Moment besser und mir erschien mein Leben gar nicht so schwer – vielleicht hätte ich das öfter machen sollen. Ich erwartete keine sofortige Antwort, doch da war ich schief gewickelt. Es dauerte keine Minute und schon schoss eine Antwort in den kleinen Chatkasten, der sich öffnete. Ich vergrößerte ihn und las mir seine Antwort sorgfältig durch.
Akio: Du brichst also gerne die Regeln?
Seine Antwort schoss mir eine sofortige Röte in mein Gesicht und auch meine eigene Körpertemperatur schien zu steigen. Was machte diese unbekannte Fremde nur mit mir?
Mika: Regeln sind unnötig. Das Leben ist zu kurz und überhaupt, man konnte es niemandem recht machen. Glaub mir, ich habe es oft versucht.
Es war merkwürdig, dass ich mich ihm so schnell öffnete, doch ich konnte meine dunklen Gedanken endlich raus lassen und hoffte darauf, dass wir einige Minuten schrieben und er mich dann blockierte, weil ich ihm zu merkwürdig war – gewundert hätte es mich nicht, doch er antwortete mir und das in Sekundenschnelle.
Akio: Mir gefällt die Art wie du denkst.
Er schmeichelte mir, doch warum?
Mika: Mit der Meinung bist du wohl alleine...
Akio: Was meinst du damit? Du bist ein Mädchen, oder etwa nicht? Frauen sind das intelligentere Geschlecht.
Wie nicht anders zu erwarten – er hat gar nichts verstanden. Es ging hier nicht um den Fakt, dass ich weiblich war, sondern darum, dass ich alleine war, aber wie sollte er es schon verstehen? Egal, ob ich mich öffnete oder nicht – es hatte keinen Zweck. Ich überlegte hin und her, doch wurde von einer weiteren Nachricht überrumpelt. Ich wusste gar nicht so recht, was ich jetzt zu tun hatte, denn seine Nachricht löste bei mir eine unbeschreibliche Wut aus.
Akio: Oder hatte die Intelligenz in Person etwas zu verbergen?
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Liar | Oikawa x OC
FanfictionRan scheint keine strahlende Zukunft zu haben, da sie tagtäglich gemobbt und ausgegrenzt wird - warum, das weiß sie selber nicht. Als sie eines Tages dem beliebtesten Jungen, und gleichzeitig ihrem schlimmsten Feind, begegnet, scheint dieser Interes...