Wie ein Schlag ins Gesicht

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Ganz eindeutig - sie hatte mich hinter meinem Rücken mit ihrem Essen beschmissen, das sie gerade noch in der Hand hielt. 

"Oh nein, das tut mir jetzt aber leid.", sagte sie und lachte dabei spöttisch. Ich war den Tränen nah, als ich sah, dass Oikawa und seine Sportkumpels sich vor Lachen nicht halten konnten. Scheiß auf die nächste Stunde, war meine einzige Reaktion und erneut wollte ich davonlaufen. 

Warum bin ich noch hier? Das ist so demütigend. Wo kriege ich jetzt ein neues Shirt her? Ich darf niemanden verärgern. Ich darf nicht auffallen. 

Ehe ich mich versah, war ich wieder in meiner toxischen Denkweise gefangen. Ich konnte mich nicht kontrollieren und wusste, dass ich eine weitere Prügelsession, am besten direkt hier in der Halle vor den Spinden, damit provozierte, aber in mir explodierte etwas wie ein Vulkan. Ich weinte nicht. Ich lachte nicht. Mein Gesichtsausdruck war ernst. Ich wollte ihr nicht wehtun aber ich hatte keine andere Wahl. Ich starrte sie an und versuchte die richtigen Worte zu finden, doch sie kam mir zuvor. Wie üblich. 

"Was glotzt du denn so?", fragte sie mich abwertend. 

Ich holte tief Luft und ging einige Schritte auf sie zu und es ist bestimmt unnötig zu erwähnen, dass meine Beine schlotterten und mein Herz fast explodierte. 

Ich glaube, ich muss mich gleich übergeben. Warum tue ich das? 

"Warum tust du das?", fragte ich sie mit wackliger Stimme. "Ich denke, dass du dich an meine Mail gut erinnern kannst, oder etwa nicht?", sagte sie und fing an mir zu drohen. Natürlich konnte ich mich an den Tag erinnern. Die blauen Flecke konnte ich nicht übersehen - andere um mich herum aber schon. Ich blieb stumm. Plötzlich lief mir der Angstschweiß den Nacken runter. Was war nur in mich gefahren? 

"Ich mach dich fertig. Etwas anderes hast du nicht verdient.", sagte sie und spuckte mir vor die Füße. Hier und jetzt. In der Schule. Sie hatte keine Scham und es tat ihr nicht leid, was sie hier tat. 

"Wow, jetzt beruhigt euch mal.", mischte sich wieder der coole Oikawa ein, doch wir beide ignorierten ihn für eine Sekunde. 

"Hast du keinen Funken Mitgefühl in dir?", fragte ich sie direkt und hoffte darauf, dass ich mit dieser Frage den Streit schlichten konnte. 

"Nicht für Dreck wie dich.", sagte sie und innerhalb einer Millisekunde spürte ich ihre Hand an meiner Wange. Was hat sie gerade getan? Hatte sie mich etwa geschlagen? Ich berührte meine rote, pochende Wange und nun konnte ich meine Tränen nicht zurückhalten.

"Woah, jetzt ist aber gut. Verschwinden wir lieber, bevor ein Lehrer kommt! Beeil dich, Ayumi! Verflucht, was hast du getan?", fragte Oikawa sie verärgert, als er ihre Hand nahm und sie quasi durch die Gänge schliff und mich alleine zurückließ.

"Oh mein Gott, habt ihr das gesehen?", "Ayumi hat sich bestimmt nur gewehrt.", "Ran hatte es verdient.", waren einige der Sprüche, die ich um mich herum wahrnehmen konnte. 

Ich war hier fertig. Ich hatte in dieser Schule nichts mehr verloren. Mein Kopf war leer und doch konnte ich noch nie so klar denken. Ich gehörte nicht hier hin. 

Ich drehte mich um und versuchte niemandem in die Augen zu blicken, als ich meinen Klassenraum betrat, meine Tasche packte und einfach das Schulgelände verließ. Ich werde nie wieder an diesen Ort zurückkehren. 

Kollege Schnürschuh hat zwar wieder vor dem Tor versucht mich aufzuhalten, jedoch schüttelte ich ihn wortlos von mir, würdigte ihm keines Blickes und ging schnurstracks nach Hause, wo ich mich in mein Bett verkroch und mich dazu entschied, auf meinen Tod zu warten.

Liar | Oikawa x OCWo Geschichten leben. Entdecke jetzt