Ich war perplex und konnte nicht sofort reagieren oder meinen Mund aufmachen, doch als ich es geschafft hatte, die letzten zwei Minuten zu verarbeiten, erwachte ich aus meiner Starre und verstand plötzlich alles.
Wir haben gerade das Schulgelände verlassen und alles was ich hörte, waren die Regentropfen, die auf den Schirm prasselten, welchen Oikawa fest in seiner Hand hielt. Mir war kalt, jedoch war mir das egal. Noch war ich ruhig, weil ein Teil von mir sich wohl in seiner Nähe fühlte, doch plötzlich stieg eine unheimliche Wut in mir auf, als ich realisierte, was er gerade getan hatte.
Ich befreite mich aus seinem Griff und schubste ihn von mir weg – der Regen, der jetzt meine Haare, meine Kleidung, und meine Haut mit Wasser durchtränkte, war mir in diesem Moment egal.
"Was hast du getan, du Idiot?", brüllte ich an und das schien nicht die Reaktion zu sein, die er erwartet hatte. "Du hast alles kaputt gemacht!", sagte ich, weiterhin panisch.
Er sagte nichts, doch das brauchte er auch nicht – ich fand all meine Antworten in seinem Gesichtsausdruck. Er dachte, dass er das richtige getan hatte, indem er mich vor Ayumi beschützte, doch da lag er falsch – zumindest dachte ich das.
"Bist du jetzt verrückt geworden?", fragte er, wollte meinen Arm greifen und mich wieder unter den Schirm ziehen, doch das ließ ich nicht zu, denn ich riss einfach meinen Arm weg und rührte mich nicht vom Fleck. Oikawa konnte sich auch nicht bewegen, obwohl er einfach einen Schritt nach vorne hätte machen müssen, um mir wieder Sicherheit vor dem Regen zu geben, doch er wusste, dass ich das nie zugelassen hätte. Ich hätte mich weiter von ihm entfernt.
"Verdammt, Ran, du warst ihr nicht gewachsen und das weißt du.", behauptete er.
"Das wäre meine Chance gewesen! Ich bin so nah dran gewesen sie endlich von mir fern zu halten und du hast mir die Gelegenheit genommen!", behauptete ich in diesem Moment und glaubte an das, was ich dort sagte. Keine Ahnung, ob ich es wirklich geschafft hätte, aber Oikawa hat mir die Chance genommen, es überhaupt herauszufinden.
"Sei doch realistisch! Sie hätte dich fertig gemacht und du weißt es!", versuchte er mich verbal wachzurütteln aber ich ließ nicht mit mir reden und ihm glaube ich eh kein Wort.
"Aber was wenn nicht?", versuchte ich mich selber vom Gegenteil zu überzeugen aber noch während ich den Satz aussprach, wusste ich, dass wir beide wussten, dass ich verloren hätte.
"Vergiss es bitte einfach und komm wieder her. Du erkältest dich noch.", wollte er vom Thema ablenken, ging einen Schritt auf mich zu, doch ich schüttelte mit dem Kopf und fühlte die Verwirrung in mir hinaufsteigen, denn ich wusste gar nicht mit wem ich hier eigentlich gerade sprach.
Er mobbte mich, dann führt er mich an der Nase herum, verspricht, dass er sich ändern wird, küsst mich und tut jetzt so, als müsste ich deswegen dankbar sein und tun was er sagt? Ich glaube nicht.
"Was sollte der Kuss? Warum hast du das getan?", fragte ich ihn direkt und er musste nichts sagen, denn ich fand all meine Antworten in seinem Gesichtsausdruck. Ich war froh über den Regen, denn es bahnten sich Tränen durch meine Augen, die er aber nicht bemerkte, da mein Gesicht schon klitschnass war.
"Verdammt, ich wusste, ich hätte das nicht tun sollen.", murmelte er und dachte, ich hörte ihn nicht, doch das tat ich. Jedes. Einzelne. Wort.
Mehr musste ich nicht wissen.
Ich drehte mich um und entfernte mich ein paar Schritten von ihm, denn ich wollte nicht bei ihm sein und mir weiter Gedanken über ihn machen. Mein Hals schnürte sich zu, meine feuchten Hände zitterten und mir wurde schlecht. Ich wollte nicht nach Hause, der Regen war mir egal, aber ich musste weg von ihm – doch er ließ mich nicht gehen.
"Ran, hey! Bleib stehen! Bitte!", rief er mir hinterher und ich konnte seine schnellen Schritte hören, die auf mich zukamen und ich fühlte seine rechte Hand, die mich an meinem rechten Ärmel zog, aber ich schüttelte sie ab. Ich wollte nicht, dass er mich so sieht.
Das alles war mir so peinlich und unangenehm, weil ich mich ertappt fühlte – von mir selbst. Ich wollte nicht die Dinge fühlen, die ich fühlte. Ich wollte nicht die Gedanken denken, die ich dachte. Ich wollte nicht die Dinge sagen, die ich jetzt sagte. Ich wollte einfach nicht mehr.
"Ich will dich nie wieder sehen.", befahl ich ihm, noch immer mit dem Rücken zu ihm.
"Jetzt hör mir doch mal zu. Ich hab es nicht so gemeint!", versuchte er sich zu rechtfertigen aber was gab es da falsch zu verstehen? Hielt er mich etwa für so blöd?
Ich entschied mich dazu, mich doch ruckartig zu ihm umzudrehen und ihn ein für allemal mit der Wahrheit zu konfrontieren.
"Ach ja? Wie denn sonst? Ich halte das alles nicht mehr aus! Ich habe keine Kraft mehr! Dank dir! Vielleicht hätte ich den Willen, dir weiter zuzuhören und vielleicht hätte ich auch Lust darauf, deine Hilfe anzunehmen aber das hast du nicht verdient! Du hast mein Leben zerstört und jetzt erwartest du echt, dass ich deine billige Entschuldigung von damals annehme und alles vergesse? Nein, das kann ich nicht und das werde ich auch nicht.", ließ ich einfach alles raus, weil er auch er realistisch sein musste.
Egal, was das hier alles war, es hatte keine Zukunft.
"Aber du hast doch gesagt... damals... das Hotelzimmer... weißt du nicht mehr?", stammelte er, denn er wusste, dass ich gerade die Oberhand hatte. Er konnte meine Worte nicht leugnen, denn es wahren Tatsachen und das wurde ihm gerade klar.
Ich konnte in seinen Augen sehen, dass selbst er nicht wusste, was er getan hatte – sei es die letzten Monate oder die Nacht, in der mich in meinen Armen hielt und seine weichen Lippen an meine Stirn drückte – er realisierte, was er angerichtet hatte oder dies war, was ich mir eingeredet hatte.
"Doch. Leider erinnere ich mich sehr gut.", sagte ich und ließ meinen Blick nun auf eine Pfütze auf dem Boden fallen und beobachtete die Wassertropfen, die auf ihr aufkamen.
"Ich wusste, ich hätte das nicht tun sollen.", murmelte nun ich, schaute noch ein letztes Mal in seine braunen Augen, drehte mich um und ließ ihn einfach stehen.
Er hat mich verstanden, konnte aber nichts erwidern. Es war einfach zu viel passiert.
Nur wusste er nicht, dass ich diese Worte nicht sagte, um ihn zu verletzten, sondern um ihn von mir wegzustoßen.
Ich glaubte, dass ich mich in Oikawa verliebt hatte.
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Liar | Oikawa x OC
FanfictionRan scheint keine strahlende Zukunft zu haben, da sie tagtäglich gemobbt und ausgegrenzt wird - warum, das weiß sie selber nicht. Als sie eines Tages dem beliebtesten Jungen, und gleichzeitig ihrem schlimmsten Feind, begegnet, scheint dieser Interes...