Liar | Oikawa x OC

Chatroom

Hatte er sie noch alle? Ich sollte ihn verfolgen? Wer kam denn bitte in der Stadt auf mich zu und wer hat mir auf dem Dach aufgelauert, obwohl er einfach hätte gehen können? Wer lief jetzt ungeniert durch die Straße, in der ich, leider Gottes, wohnte? 

Dieser Typ machte mich krank. Ich hatte seit dieser Begegnung hier und jetzt keine Angst mehr vor ihm, denn er wurde ja auch nie handgreiflich - ganz im Gegenteil. Seine Waffe waren seine Worte. 

Zu seiner Bemerkung sagte ich gar nichts und versuchte unbemerkt an ihm vorbeizukommen und zwar in der Hoffnung, dass er es einfach vergessen würde, doch da war ich schiefer gewickelt als seine Schnürsenkel. 

Er drehte sich ruckartig um und schaute mir tief in die Augen, die einen Meter von ihm entfernt waren. Seine braunen Haare spielten mit dem Wind, der die kahlen Äste erzittern lässt. 

"Antworte! Warum bist du plötzlich überall, wo ich auch bin?", fragte er deutlich und wirkte, wie üblich, verärgert. 

"Ich könnte dich einsperren lassen. Dann müsste ich wenigstens nie wieder die Angst haben, deinem hässlichen Gesicht zu begegnen. Hast du schonmal was von Make Up gehört?", fragte er mich, erneut mit einem sarkastischen Unterton. Ich ignorierte seine Worte, denn die waren mir gerade egal. 

"Ich sollte wohl eher fragen, was du hier machst? Ich habe dich noch nie in meinem Block gesehen.", sagte ich, konnte mir die Frage aber schnell selbst beantworten. 

"Hast du die Klamotten nicht schon gestern angehabt?", fragte ich ihn und konnte ein leises Kichern nicht unterdrücken. Ayumi hätte mich dafür bestimmt auf den Friedhof befördert.

Er versuchte sein gerötetes Gesicht zu verstecken, doch er konnte mir nichts vormachen. Welches Mädchen es wohl letzte Nacht gewesen war? Welches Opfer ist ihm jetzt wieder ins Netz gegangen? Mir war eine Antwort noch nie so unwichtig.

"Halt die Klappe.", sagte Oikawa nur, drehte sich mir endlich wieder den Rücken zu und machte sich auf den Weg zur Schule. 

Ich aber blieb wie angewurzelt stehen und wartete auf eine weitere Reaktion von ihm, doch da kam nichts mehr. Er verschwand hinter einer Abbiegung und nun war ich wieder alleine auf dem Gehweg.  

Warum ignorierte er mich nicht einfach, wenn er mich nicht leiden konnte? Sein Benehmen verwirrte mich. 

Egal, ich hatte keinen Nerv mehr über diesen Penner nachzudenken, denn die Schule rief meinen Namen. Ich konnte mich nur zwischen der Strafe meines Vaters oder dem Mobbing in der Schule entscheiden und die Entscheidung fiel mir leichter als gedacht. 

Als ich den Schulhof betrat, versuchte ich die Blicke der anderen zu ignorieren und auch das Gekreische von Oikawas Fangirls klingelte mir in den Ohren. 

Als ich heile im Klassenzimmer angekommen war und das Getuschel erfolgreich ausblenden konnte, seufzte ich leise und ließ mich auf meinem Platz nieder. Die gemeinen Sprüche, die meine Mitschüler innerhalb der letzten Wochen auf meinem Tisch hinterlassen haben, überflog ich ihm Augenwinkel und ließ meinen Blick dann aus dem Fenster schweifen. 

Brrr. 

Plötzlich klingelte mein Handy und ich holte es verwirrt aus meiner Hosentasche und schaute auf das Display - eine neue Nachricht auf Friendsarc. 

Ich schaute mich kurz unbemerkt im Klassenzimmer um und öffnete dann kurzerhand den Chat und entdeckte eine neue Nachricht von Akio - der Person, mit der ich nun wochenlang geschrieben habe, um mich von meinem jämmerlichen Leben abzulenken. Ich schluckte schwer.

Akio: Hey, ich hatte in der Vergangenheit total vergessen zu fragen, auf welche Schule du gehst, denn du hast die Info nicht in deinem Profil angegeben. Du musst es mir nicht sagen, wenn du nicht willst. Ich bin bloß neugierig.

Mein Kopf war leer. Was sollte ich ihm nur antworten? Hätte ich ihn ghosten sollen? 

Mein Magen drehte sich und mir wurde leicht übel. Was wäre gewesen, wenn wir auf die selbe Schule gegangen wären? Ich wollte ihm nicht begegnen. Ich hatte zu viel Angst vor ihm und ich wollte nicht sein Bild zerstören, das er wahrscheinlich von mir hatte. Ich habe nur in der letzten Zeit mehr mit ihm gesprochen, als mit einer Person sonst und dafür wollte ich ihm danken. Ich tippte den Namen meiner Schule ein und starrte gedankenversunken auf das Display.

Mika: Aoba Johsai. 

Ich hätte noch mehr schreiben sollen, oder? Ja, gute Idee.

Mika: Aoba Johsai. Wie heißt deine?

Ich drückte auf Senden und hoffte für eine Sekunde, dass genau jetzt die Schule von einem Meteoriten zerstört wurde, doch die Sache mit diesem sogenannten Glück hatte ich schon lange aufgegeben. Warum gab ich ihm diese Info? Ich musste verrückt geworden sein. Ich rollte mit den Augen und schon wurden meine Gedanken wieder von einer Vibration in die Realität zurückgeworfen.

Akio: Du machst Witze, oder?

Was hatte ich denn falsch gemacht? 

Mika: Ich scherze selten.

Mein Herz schlug mir bis zum Hals.

Akio: Mika, weißt du was das bedeutet? 

Was wollte er mir nur sagen? Warum war er so schwer zu durchschauen? Etwas Hilfe seinerseits hätte mich sehr glücklich gemacht.

Akio: Wir gehen auf die selbe Schule!

Er machte Witze, oder?