Dummes Gelaber und Bier

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Gestern war seit langem Mal wieder in meinem Kaff eine Feuerwehrübung und da ich mehr oder weniger direkt eingeladen wurde, konnte ich mich nicht wirklich davor drücken. Das wollte ich auch gar nicht.

Du, sehr verehrter Leser, musst wissen, dass eine typische Feuerwehrübung bei uns darin besteht, dass alle erstmal eine Viertelstunde nach vereinbartem Treffpunkt eintrudeln, wir dann im Endeffekt eine halbe Stunde mit dem Auto in der Gegend rumfahren und anschließend eine halbe, maximal eine dreiviertel Stunde produktiv sind, ganz gemächlich versteht sich.

Und zum Abschluss kommt dann der wichtigste Teil der ganzen Übung: Es geht zu ein oder drei Bierchen in die Feuerwehrstube und man erfährt den neuesten Klatsch und Tratsch. Was soll man auch anderes in einem Kaff mit weniger als 300 Einwohnern und exakt sechs Straßen erwarten?

Dorfleben halt.

Diesmal sollte es aber anders sein. Das Nachbarstädtchen hat nämlich ein nigelnagelneues Feuerwehrauto bekommen und da mussten wir (laut unserem Kommandanten) unbedingt vorbeischauen und uns erklären lassen, was das so alles kann. Wir machten also alle brav unseren Coronatest (der immer noch vorgeschrieben ist, genau wie die Maskenpflicht im Auto) und fuhren dahin.

Natürlich ist unser Auto nicht Mal in Ansätzen so interessant beziehungsweise groß, aber wenn man bedenkt, dass wir bis vor zwei Jahren nur einen Traktoranhänger hatten, ist das schon ein nennenswertes Upgrade.

Wie nicht anders zu erwarten, war ich (wie immer eigentlich) die einzige Frau weit und breit. Wenigstens waren einige andere in meinem Alter da, sogar teilweise jünger als ich und das hat es ein bisschen besser gemacht.

Aber dieses Kapitel soll sich nicht darum drehen, dass irgendjemand (ich) die Quote hochziehen muss.

Nein, ich habe schließlich von einem 420 000€ Mercedes zu berichten. Gut, dass der schon vor über zwei Jahren in Auftrag gegeben wurde, berücksichtigt man nämlich die Inflation, würde dasselbe Fahrzeug jetzt um die 600 000€ kosten.

Dafür ist es aber auch top ausgestattet. Angefangen damit, dass sich die Trittleiter per Knopfdruck automatisch ausklappt und wieder einfährt, wenn man die Tür von innen schließt. Ein bisschen erinnert mich das an Star Wars (passend dazu: May the fourth be with you!).

Und weil das Fahrzeug so neu ist, fehlt ein Teil der Ausrüstung, der Werkzeugkasten zum Beispiel beinhaltet momentan nur drei Zangen. Und der Rest ist zum Teil in Plasik verpackt oder hat zumindest einen Kleber mit der Auftragsnummer drauf.

Und weil ich von Männern, die sich für die größten Witzbolde halten, umgeben war, ist natürlich der ein oder andere Spruch gefallen.

Angefangen hat es damit, dass jemand meinte, dass man als Gimmick ja den Tank (ein paar Tausend Liter Fassungsvermögen) hätte reinigen und zur Übergabe mit Bier füllen können. Um bei derselben Thematik zu bleiben: Zur Ausstattung des Fahrzeugs gehört auch ein Trichter. Wofür der genau benutzt werden soll, kann ich dir nicht sagen. Die Erklärung ging im Zwischenruf "Trichtersaufen" unter.

Du merkst, dass sich bei der Feuerwehr so ziemlich alles um Bier dreht.

Der Kommandant aus dem Nachbarkaff hat sich dann aufgrund der gefallenen Kommentare genötigt gefühlt, mir zu sagen, dass man hier nicht immer an Bier denkt. Und das, obwohl wir beide wissen, dass das nicht stimmt, aber egal.

Wenn wir gerade schon dabei sind: Besagter Kommandant kam mir von irgendwo her bekannt vor, aber ich konnte ihn anfangs nicht zuordnen. Als es dann aber um das noch fehlende Formholz ging (nein, ich habe auch keinen Plan, was das ist und wofür das gut sein soll) und es hieß, dass der Schreiner schon dabei ist, ist bei mir der Groschen gefallen.

Ich habe nämlich in den Sommerferien 2020 (ja, das ist schon eine Weile her, aber ich kann mich daran erinnern, als wenn es gestern gewesen wäre) bei einer sehr bekannten Möbelfabrik gearbeitet. Eigentlich wollte ich darüber auch schon längst berichten haben (wow, Futur II), aber ich hatte die Zeit danach einiges um die Ohren und dann war es zu lange her, um dir, sehr verehrter Leser, davon zu erzählen.

Und der Kommandant aus dem Nachbarstädtchen war in der Abteilung, der ich damals zugeteilt wurde, sowas wie der Chef. Alle haben ihn immer Meister genannt, aber ich glaube nicht, dass das der offizielle Begriff zu seinem Posten ist.

Weil ein anderer Mitarbeiter dort, der mich und die anderen Ferienjobberin unter seine Fittiche genommen hatte, nach einer Woche ohne uns Bescheid zu sagen in Urlaub gegangen ist, mussten wir halt von da an immer zum Meister, wenn wir mit unseren Aufgaben fertig waren.

Er war davon minimal genervt (Achtung, Ironie).

Das ging soweit, dass er mich, weil ich immer viel schneller mit allem fertig war, als er gedacht hat, in eine andere Abteilung abgeschoben hat. Gut, das lag nicht ausschließlich an mir. Die Produktion hatte nämlich gepennt und deshalb war kaum Material da.

Dementsprechend wussten die in der anderen Abteilung auch nicht, was sie mit mir anfangen sollten. Ich wurde dann einem Waldemar zugeteilt, der aber Mal sowas von gar nicht nach einem Waldemar aussah.

Erstens war er definitiv jünger als vierzig, zweitens hatte er keinen Bart und drittens sprach er mit osteuropäischem Akzent.

Ich habe unter seiner Leitung Regale exakt zehn Zentimeter über eine Rollbahn gezogen (ja, die Regale hätten das auch ohne mein Zutun geschafft). Waldemar hat dann schnell bemerkt, dass das sinnlos ist und mich weitergereicht, sodass ich dann schlussendlich eine Stunde einer anderen Ferienjobberin beim Arbeiten zugesehen habe.

Spannend, ich weiß.

Naja, ich glaube nicht, dass der Meister so glücklich war, mich wiederzusehen, aber er kann sich wahrscheinlich sowieso nicht an mich erinnern.

Das heißt aber nicht, dass ich so schnell vergesse.

Du, sehr verehrter Leser, weißt ja noch nicht, dass er mir damals immer ungefragt den Wagen mit den Regalbauteilen an meinen Arbeitsplatz geschoben hat. Er dachte vielleicht, dass er mir damit einen Gefallen tut.

Falsch gedacht. Ich hätte zwar dafür länger gebraucht (was ja eigentlich auch in seinem Interesse gewesen wäre), aber nur weil ich unterdurchschnittlich klein bin und deshalb vielleicht schwach aussehe, heißt das nicht, dass ich in jeglichen Situationen hilflos bin!

Ich hasse es, wenn Leute hinter meinem Rücken entscheiden, was das beste für mich ist!

Okay, bevor ich mich jetzt weiter aufrege, kommen wir lieber wieder zum Feuerwehrauto und den dummen Sprüchen zurück.

Wir wurden spaßeshalber darauf angewiesen, nicht weiter rumzustehen (was hätten wir denn auch anderes machen sollen). Prompt kam zurück: "Rumpsteak? Wo gibt's Rumpsteak?"

Dann schauten wir uns die Kiste mit der akkubetriebenen Säge an und jemand konnte sich nicht verkneifen zu fragen, ob die für den Sonntagsbraten wäre. Nach einer gründlichen Betrachtung der Sägeblätter hat ihn ein anderer korrigiert. Pulled Pork würde aufgrund der Beschaffenheit der Blätter mehr Sinn machen.

Naja, wenigstens kein Witz über Bier.

Wir haben danach die LED-Beleutung genauer betrachtet. Kontext: Wenn die Trittleiter ausgefahren ist, leuchtet es in der Kabine grün, quasi als Hilfe, damit man weiß, dass man aussteigen kann, ohne fast zwei Meter zu fallen. Ist das nicht der Fall, ist die Kabine rot beleuchtet.

Logischerweise musste irgendjemand kommentieren, dass ihn das an einen Puff erinnert.

Und wenn du, sehr verehrter Leser, jetzt denkst, dass es nicht schlimmer geht, muss ich dich eines besseren belehren. Worum es dabei im Detail ging, kann und will ich dir nicht sagen, nur soviel: Es ging unter die Gürtellinie.

Insgesamt hat die Führung rund um das Fahrzeug länger gedauert als gedacht, weshalb wir nicht mehr für das eigentlich obligatorische Bierchen geblieben sind. Darüber war ich einerseits enttäuscht, weil ich ja was Klatsch und Tratsch betrifft den Stand von vor zwei Monaten habe. Andererseits war das aber auch gut, weil ich mir dann nicht anhören musste, wie ich es wagen könnte, kein Bier zu trinken.

Aber warum erzähle ich dir das überhaupt? Es interessiert dich ja sowieso nicht.

Memoiren, die keinen interessierenWhere stories live. Discover now