8. Auf der Veranda

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Als wir größtenteils unversehrt nach mehreren Schlaufen und Achterbahnen mit dem Fahrrad vor dem Geschäft ''Hochzeitsträume'' ankommen, springe ich vom Gepäckträger und muss erneut an diesem Tag erst einmal taumelnd nach Gleichgewicht ringen, woraufhin Vivien zu lachen beginnt.

„So, was meinst du, wollen wir reingehen?" Ich weiß, dass sie damit meint, dass ich somit das Jobangebot annehme. Sie zieht mich an der Hand einfach zu dem Eingang der Agentur, ohne auf meine Antwort zu warten.

„Vivien, glaubst du, ich bin dafür überhaupt die richtige? Ich weiß nicht, ob ich für diese Aufgabe überhaupt so..." Ich stocke. Wieso habe ich denn plötzlich solche Angst davor? Ich bekomme tatsächlich das Gefühl, dass das alles nicht so wirklich meine Welt ist.

Zwischen so feinen Leuten, welche so viel Augenmerk auf das Verhalten der Menschen legen, fühle ich mich immer unwohl.

„Ach was!" Winkt Vivien ab. „Natürlich bist du das. Wir müssen ja auch nicht viel tun, nur einige der Getränke und Speisen durch die Menschen tragen, freundlich lächeln und die Tabletts halt immer wieder auffüllen! Glaube mir, für die sind wir eh unsichtbar".

Jetzt taucht wieder dieses aufgeregte Funkeln in ihre Augen.

„Außerdem können wir dabei die feinen Leute beobachten. Miterleben, wie es bei denen so abgeht!" Vivien ist ein von Natur aus neugieriger Mensch und liebt es Dinge herauszufinden, hinter die Kulissen zu spicken und hat einen ausgesprochen scharfsinnigen Blick für die Details.

Darum möchte sie auch später Journalismus studieren. Diese Hochzeit ist bestimmt das reinste Paradies für sie. Ich nicke langsam, als sie mich auffordernd ansieht.

„Na komm!" Sie zieht mich wieder hinter sich her. Der Raum, in welchem wir uns nun befinden, entspricht schon eher einem kleinen Saal. Die Decke besteht aus gewölbten, von Säulen gestütztem Mauerwerk, welches weiß gestrichen wurde.

Alles in allem hat es eher einen alt-französischen Touch. Der Boden ist aus dezenten Steinplatten gelegt und im Schaufenster reihen sich Figuren, mit den unterschiedlichsten Brautkleidern. Von Schlicht, bis Pompös. Doch hauptsächlich sind hier die Farben weiß und schwarz zu erkennen.

An dem Tresen gegenüber des Eingangs steht Vanessa. Sie kümmert sich hauptsächlich um das Geschäft, während Viviens Mutter vorwiegend die Bürokratie und auswärtigen Bereiche übernimmt. Heute ist sie jedoch da.

„Hi Vanessa". Ruft Vivien vertraulich. Schließlich sehen sie sich fast jeden Tag, wenn sie ihrer Mutter, oder auch im Laden mal wieder aushilft, oder auch einfach nur vorbeischaut, so wie heute. „Hi", sage auch ich, als sie uns freundlich entgegenblickt.

Sie ist gerade damit beschäftigt irgendetwas aufzuschreiben, weshalb sie uns nur kurz ein „Hi ihr" entgegenbringt und lächelnd zunickt. Vanessa, hat glatte braune schulterlange Haare, welche sie sich immer zu einem eleganten Pferdeschwanz gebunden hat.

Ihr Auftreten, ist sehr vertrauenswürdig, seriös, und verantwortungsbewusst. Ihre Kleidung ist immer perfekt aufeinander abgestimmt. Passend zu ihrem Make-up und ihren Schuhen. Also das pure Gegenteil von mir.

Und wieder einmal merke ich, dass das hier eine Ebene ist, in die ich ganz und gar nicht hineinpasse. Ich laufe immer, wenn es geht barfuß, schlafe im Wald und habe dementsprechend Blätter und Zweige in den Haaren. Schminke mich nicht und frisiere auch so gut wie nie aufwendig meine Haare.

„Ist Mum hinten?", fragt Vivien, als diese nicht zu sehen ist. „Ja, sie ist im Büro", antwortet Vanessa und deutet mit ihrer Hand in die Richtung. Man merkt, dass sie viel Kontakt mit Kunden hat, sodass es ihr wahrscheinlich schwerfällt ihre vornehme Art bei uns abzulegen.

Tanz der Dämmerung - Zwischen den Welten ~Band 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt