13. Waldgeflüster

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„Du siehst ausgeschlafener aus!" Bemerkt Vivien lächelnd, als ich zu ihr in die Wohnung trete. "Konntest du heute Nacht besser schlafen?"

„Ja, etwas! Aber vor allem heute Morgen. Der Wald tut einfach so gut!"

"Na dann. Sollen wir gleich los?"

Als wir abseits der Wege, über den Waldboden laufen, zieht Vivien auch ihre Schuhe aus und grinst mich an.

„Boa, das ist wirklich total angenehm", sagt sie, während wir beide beinahe bis zu den Knöcheln im weiche Moos versinken. Der Geruch von diesem, der Erde, sowie den ätherischen Düften der Bäume liegt in der Luft.

Der Wald besteht hier Großteils aus Buchen, aber auch Birken und einigen Nadelbäumen. Eine wunderschöne Mischung.

„Ach so, vergiss nicht deine Zahnbürste!", sage ich, als wir an einem Haselbaum vorbeikommen und lache.

„Hä..? Ach ja stimmt!" Sie grinst breit, als ihr die Sache von vorgestern wieder einfällt.

„Also, eine Birke brauchen wir, richtig? Sind das die mit dem weißen Stamm?" Ihr Blick gleitet suchend durch den Wald.

„Ja genau, aber Hasel geht auch! An sich kannst du eigentlich jedes Holz verwenden, welches essbar ist!" Ich laufe zu dem großen Haselbusch.

„Echt? Und woher weiß ich, welches essbar ist?"

„Na ja, du kannst eigentlich meistens das Holz essen, wo du auch die Blätter essen kannst!"

Sie grinst. „Tzja, dafür müsste man aber auch erst einmal wissen, welche Blätter man essen kann!"

Ich muss lachen. "Probier's doch einfach aus."

"Wie bitte? Ich bin doch nicht lebensmüde!"

"Also vom Hasel, kannst du es jedenfalls essen, auch wenn er sehr viele Gerbstoffe besitzt, von denen man nicht allzu viele nehmen sollte, weil diese sehr adstringierend wirken".

Vivien sieht mich stirnrunzelnd an. „Adstring..-was?" „Zusammenziehend", lache ich.

„Ah... o-kay".

„Die Rinde ist sehr gut für die Zähne, da sie sehr antibakteriell wirkt!", füge ich noch hinzu. „Aber nur zur Warnung, wenn du es nicht gewohnt bist, schmeckt es vielleicht am Anfang etwas bitter, aber das legt sich!"

Vivien sieht mich mit so einem Blick an, welcher besagt - Ganz egal, ich will es jetzt einfach ausprobieren! Sie bricht einen kleinen Zweig ab und steckt sich diesen in den Mund, um darauf herumzukauen.

Ihre Augen werden groß und sie sieht mich voller Entsetzen an, während sie sich den Zweig schnell wieder aus dem Mund nimmt. Verwundert erwidere ich ihren Blick.

„Päh, was ist das? Das ist ja... der schmeckt ja extreeem bitter... Puuh. Wie kannst du dir nur, mit sowas die Zähneputzen?" Sie starrt mich entgeistert an.

„Warte, wenn du eine Weile darauf herumkaust, wandelt dein Körper diese Bitterstoffe um. Irgendwann schmeckt es dann süß!"

Meiner Erfahrung nach dauert es gar nicht lange, ehe sich in meinem Mund schon das Bittere in Zucker umwandelt. Es ist als würde die Pflanze und ich eine Symbiose eingehen und daraus diesen eigenen Zucker produzieren.

Allerdings wirkt dieser keinesfalls schädlich auf die Zähne. Ich nehme mir auch einen kleinen Zweig, allerdings ohne ihn abzubrechen und kaue darauf herum.

Vivien verzieht angeekelt das Gesicht. „Wie kannst du das Zeug nur so...?" Plötzlich lacht sie aus heiterem Himmel los.

„Was ist so lustig?" Frage ich verwirrt.

Tanz der Dämmerung - Zwischen den Welten ~Band 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt