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San pov.

"Komm komm.", grinste ich und zog ihn nach der kurzen Fahrt an der richtigen Haltestelle, die ich durch das genauere Betrachten seines Gesichts fast verpasst hätte, aus dem Bus raus.

Unsere Hände waren miteinander verschränkt, jedoch hatte ich wirklich nichts dagegen und er schien nicht abgeneigt - nein eher angetan - von der Geste.

Doch bald ließ ich von ihm ab um mich etwas zu Strecken. Auch ein Gähnen entfloh meinen Lippen, mein Schlaf am gestrigen Tag war wirklich nicht ausreichend gewesen.

Der Jüngere klammerte sich plötzlich von hinten an mich als ich noch völlig in Gedanken war und hob mich grinsend etwas an, doch da war ich ihm anscheinend zu schwer.

"Muskelmasse.", log ich und rollte amüsiert mit meinen Augen.

Seine Hände an meinem Bauch hielt ich unbewusst dort.

"Ist das so?", fragte Woo neugierig, ganz pur und packte mir an die Arme.

Meine Augenbrauen zog ich in einer hinterfragenden Geste hoch und beobachte wie er mit seinen Händen meinen Bizeps umfasste.

"Woah", staunte er und hängte sich an meinen Arm.

"Starker Mann.", schmunzelte er und musste lachen.

"Das was von mir erwartet wird. Noch etwas was ich meinen Eltern nicht erfüllen kann. Schon wieder kann ich sie nicht zufrieden stellen." - "Ey sag das nicht."

Aufdringlich blickte ich ihm in die Augen, lehnte mich ordentlich vor und auch einige Zentimeter runter. Es interessierte mich nicht, dass wir draußen waren. Ohne über etwas anderes nachzudenken packte ich seine Wangen mit meiner Hand und müsste bei seinem zerknirschten Gesicht breit grinsen. Eigentlich wollte ich ihm mitteilen, dass er stark genug war besonders, wenn es um psychischen Schmerz ging, doch bei dem nahen Kontakt verlor ich das Gefühl über das hier und jetzt.

"Du ärgerst mich immer so.", schmunzelte auch der Halbblonde mir entgegen und griff an mein Handgelenk, welches er vorsichtig weg zog.

"Langsam verliebe ich mich in dich.", scherzte ich und ließ ihn seine Augen weiten.

"Du scherzt nicht wahr? So schnell geht das nicht. Besonders bei mir... So lieblich wie du bin ich nicht.", erwiderte er etwas leiser als sonst und schlug mir gegen die Schulter.

Bei seinem betrübten Ausdruck schmerzte mein Herz.

"Du bist kurz davor Wooyoung. Ich weiß du magst es nicht über deine Gefühle zu reden, aber du bist wie ein offenes Buch."

Beschützerisch legte ich meinen Arm um ihn obwohl mir bewusst war, dass mein Kommentar den von außen so selbstbewusst aussehenden Jung Wooyoung hart getroffen hatte.

"Wieso bist du nur so? Ist das gefälscht?" War diese äußere Fassade nur eine Täuschung?

"Was? Wovon redest du?", sprach er gereizt hätte er keinen Schimmer was ich erwähnte.

Langsam gingen wir in die Richtung von meinem Haus. Er versuchte meiner Frage auszuweichen, wollte kein Statement abgeben und trat einen Schritt von mir weg.

"Schmollst du?" 

Keine Antwort.

"Wooyoung. Ich spreche mit dir."

Erneut kam nichts aus seinen weichen Lippen. Ich hatte sie ja durch unser überhebliches Verhalten schon auf meinen spüren dürfen. Zu dem Zeitpunkt war es nicht besonders. Ich bereute es nicht gewartet zu haben, nicht gewartet zu einem Moment wie diesen. 

"Ich zungenküsse dich gleich.", neckte ich ihn.

"Bitte nicht.", kam gespielt empört aus seinen Lippen.

"Wooyieeee wie kannst du nur?"

"Wie bitte wie hast du mich genannt?!", lachte er laut.

"Nicht lustig machen! Du judgy b*tch."
Ich drehte meinen Kopf beleidigt weg und spürte seine Hand auf meiner Schulter.

Sie fand dort Platz, war eine Geste des Trostes. Das war es oder? Etwas inkompetent war er bei solchen Dingen manchmal klopfte wie ein unmusikalischer Mensch zu einem Rhythmus auf sie.

"Bin ich eine Trommel?"

Das Kichern konnten wir uns nicht verkneifen.

"Warte nur ab. Ich french-kisse dich wenn wir in deinem Zimmer sind."

"Wenn ich es zulasse dann ja."

"Du warst der, der es vorgeschlagen hatte. Scheiße ich bin ... gayer als erwartet.", bemerkte Wooyoung plötzlich und schien negative Gefühle hochkommen zu spüren.

"Du heute hast es heute mit deinem Denglisch. Aber keine Sorge es ist ein Prozess es zu akzeptieren und zu verarbeiten.
Dein ganzes Leben lang wirst du vielleicht immer wieder versuchen dich selbst zu finden. Es kann sich in Jahren verändern, deine Präferenz sich verschieben.
Also habe Geduld mit dir selber und label' dich vielleicht anfangs noch nicht. Auch ich habe keinen blassen Schimmer was ich bin. Besonders, da ich nicht viel erlebt habe. Ich meine ich bin 16 und mache das, was sich gut anfühlt."

Nachdenklich ging der Jung seinen Weg und dachte über meine Worte nach.

Irgendwie traf mich eine Welle der Enttäuschung, da mein inneres Outing und das gegenüber meines Vaters durch Yeosang stattfand und dieser mich schlichtweg mit einem seiner engsten Freunde ersetzt hatte. Zudem war es auch keine Vermutung mehr sondern Realität. Da ich noch den Social Media Accounts meiner damaligen Mitschüler folgte hatte ich dort nachgefragt. Schließlich war es mein Recht es zu wissen und mein Gedanke hatte sich als wahrhaftig entpuppt.

Auch mir meinem Ex hatten wir ein langes Gespräch darüber geführt und ich wusste nicht ob ich unsere Beziehung im Nachhinein bereute. Der Kang war kein schlechter Mensch. Sonst hätte ich keine Gefühle für ihn gehegt, doch das Ende war äußerst schmerzvoll.

Naja mindestens hatte ich nun meinen Woo. Obwohl, der Ausdruck mindestens spielte das was ich für ihn empfand runter. Er war wirklich ein toller Mensch, deshalb hatte ich auch diesen Zwiespalt in mir.

Es ging in Richtung einer Beziehung, doch war ich bereit dazu? Vielmehr war es es?

Natürlich hatte auch ich ein Kribbeln im Bauch bei ihm, doch war das ein ausschlagendes Anzeichen oder war es nur die sexuelle Spannung aufgrund der Gesten, die wir teilten?

"Die Tür ist offen.", sagte ich als ich die aufschloss.

"Hindurch Prinzessin."

Ich verfluchte mich selber. Wie sollte ich ihn Sicherheit geben wenn meine Gefühle für ihn nicht klar waren?

Leicht streichelte ich über seinen Rücken als e ran mir vorbei huschte.

"Möchtest du etwas Essen?", fragte ich als ich die Tür hinter mir schloss.

Doch genau in diesem Moment sah ich meinen Vater hinter uns auftauchen, weshalb ich sie verwundert wieder öffnete.

"Vater? Wieso bist du nicht bei der Arbeit?"

"So begrüßt man doch seinen Alten.", schmunzelte er.

"Herr Jung war so freundlich für mich einzuspringen. Wir tauschen Schichten. Nachts ist es immer wenig los also danke ich ihm vielmals.", grinste mein Dad.

"Woo's Vater?"

"Nein nein das ist Herr Kim wie oft noch! Er ist doch Bankkaufmann oder nicht?" Der Arzt runzelte seine Stirn.

"Ah okay." Ich ließ es los. "Habe nebenbei Besuch."

"Sannie wo bleibst du?", rief eine bekannte Stimme von drinnen.

Mein Herz schlug höher.
"Bin auf dem Weg!"

𝐅𝐄𝐕𝐄𝐑 ❦︎ ᵂᵒᵒˢᵃⁿ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt