Familienbande
Hatte ich den Vortag als beschissen eingestuft - nun, der nächste wurde noch schlimmer und er begann um kurz nach drei Uhr morgens. Da kam der Anruf von Danbi, dass man unseren Bruder gefunden hätte. Das wäre okay gewesen, aber das war erst der Anfang. Dem folgte, dass Kyung im Krankenhaus sei, dass er in der Nacht überfallen und schwer verletzt worden wäre. Ich hörte mir das alles an, doch ich konnte es nur schwer begreifen. Nichtsdestotrotz fand ich mich eine knappe Stunde später am angegebenen Krankenhaus wieder, fragte mich über den Empfang zur richtigen Station durch und jagte die Gänge entlang. Als ich den Flügel zur Neurologie passierte, streifte etwas Bekanntes meinen Verstand, eine Silhouette, eine Bewegung, ich wusste es nicht.
Ich drehte mich um und sah gerade noch, wie diese Gestalt auf die Türen zustrebte. Dunkle Kleidung, ein schwarzer Kurzmantel, seltsam unpassend dazu ein schwarzes Basecap, auffallend, in der sterilen, hellen Umgebung. Ich blieb überrascht stehen. Das konnte doch nicht sein, oder?
„Suga?!", rief ich ihm hinterher, doch wer immer es war, er reagierte nicht auf meinen Ruf. Er ging einfach weiter, noch nicht mal besonders hastig und erst als er durch die Tür trat, in jenem Moment, wo ich mich eben abwenden wollte, drehte er sich um und sah mich kurz an. Da waren helle Haare unter dem Basecap und außerdem trug der Mann eine Sonnenbrille. In diesem Augenblick war ich mir ganz sicher, dass er es war. Ich rief ihn erneut - womöglich hatte er mich ja nicht gehört - doch er neigte nur den Kopf etwas, wandte sich dann ab und verschwand durch die Tür. Vielleicht hatte ich mich doch geirrt? Und während ich dort stand und mit mir haderte, ging hinter mir die andere Tür auf.
„Taehyung!"
Ich wirbelte herum, Danbi warf sich in meine Arme und der unbekannte Besucher war vergessen.
„Hey, was ist passiert?"
„Es ist grauenhaft", flüsterte Danbi, ohne mich loszulassen. „Er ist... Jemand hat ihn gefunden. Er hatte Glück, wenn man ihn nicht gefunden hätte... Ich glaube sie wollten ihn umbringen."
Ich erstarrte. Sie? Vorsichtig befreite ich mich aus ihrem Klammergriff. „Danbi, was... meinst du? Wer wollte..?" Und vor allem, wer sollte ein Interesse an Kyung haben, er kannte doch kaum jemanden hier, hatte weder Geld noch Einfluss, er...
„Das weiß ich nicht. Er war wohl zur falschen Zeit am falschen Ort, oder er hat sich... mit den falschen Leuten angelegt."
Das war eine Erklärung, die ohne jeden Zweifel bestens auf Kyung passen würde. In der Verfassung, in welcher er meine Wohnung verlassen hatte... Ich schob meine Schwester noch ein Stück von mir und sah sie an. „Drogen, Medikamente?"
Danbi zuckte die Schultern, griff dann wortlos meine Hand und nahm mich mit sich, wir bogen nach links in einen Flur ein, erreichten ein Wartezimmer mit Gegensprechanlage und sie informierte den Arzt. Der wiederum forderte uns auf zu warten, da bereits zwei Personen bei ihm wären, erklärte uns aber zumindest die momentane Situation. Dass Kyung unbeschreibliches Glück gehabt hätte, dass er sehr viel Blut verloren und schwere Verletzung im Brust- und Halsbereich gehabt hätte, dass das Ärzteteam, welches in operiert hatte, alles getan hätte - der Rest läge nicht mehr in ihrer Hand.
„Die Polizei ist hier", informierte er uns außerdem. „Sie haben ein paar Fragen."
Ich nickte mechanisch, gerade war das alles etwas viel, dankte dem Arzt und setzte mich auf die kleine Bank im Warteraum. Danbi kauerte sich neben mich.
„Mom und Sehun sind bei ihm", sagte sie leise. „Sie..." mit einem Seufzen brach Danbi ab, ich erfuhr nie, was sie hatte sagen wollen, aber wahrscheinlich ging es ihr genau wie mir. Die Situation war so unwirklich, so surreal, dass sich die Zeit in meinem Kopf verlangsamt zu haben schien. Alles geschah irgendwie um mich herum, als wäre ich nur ein Zuschauer.
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Blood, sweat and tears [Taegi]
Fanfiction[BTS-AU] Schon als Kind waren Taehyung Dinge aufgefallen, für die niemand eine Erklärung hatte. Damit begann eine jahrelange Odyssee, die ihn selbst als jungen Erwachsenen noch brandmarkte, weil es keinen Menschen gab, der ihm glaubte. Und auch wenn...