Experimente
„Also", hielt ich fest, marschierte dabei auf und ab wie mein ehemaliger Physiklehrer und fasste die Fakten zusammen. „Wenn ich mich selbst verletze, ist die Menge zu gering, wenn ich mich stärker verletzen würde, ist das Risiko zu groß und wenn du mich beißt..."
„Tae!"
Ich warf ihm einen kurzen Blick zu. „Ich fasse doch nur zusammen..."
„Und ich habe dich nur gewarnt!"
„Ja schon gut – dann sind deinen Bedenken zu groß, dass es... ja keine Ahnung, dass wir beide zu Junkies werden?" Ich grinste ein wenig, auch wenn Suga meine lapidare Erklärung wohl weniger witzig fand. Er verschlang verdrossen einen Schokoriegel und kaute darauf herum als wäre es ein Stück Flechte. So wirklich nach Genuss sah das nicht aus. Er knüllte das Papier mit angewidertem Gesicht zusammen und warf es auf den Tisch.
„Hast du schon mal Drogen genommen?"
Mit einem Schulterzucken erwiderte ich seinen Blick und lächelte schwach. „Ein oder zwei Mal?"
Suga nickte und kippte den Wein in sich hinein, wie andere Leute Abwasser in den Rinnstein, vielleicht um den Geschmack der Schokolade loszuwerden, ich wusste es nicht.
„Und wie groß war die Versuchung, es wieder zu tun?" Er stellte die Frage ganz ruhig, als wäre sie gar nicht wichtig. Dabei füllte er sein Glas erneut und nahm auch gleich noch einmal einen kräftigen Schluck. Das angewiderte Gesicht blieb aus, der Wein war wohl besser als die Schokolade.
„Willst du wissen, ob ich suchtgefährdet bin? Ich bin psychisch vorbelastet, natürlich bin ich suchtgefährdet." Das war etwas, wovor mein Arzt mich eindringlich gewarnt und ich trotzdem nicht auf ihn gehört hatte. Das war nicht besonders schlau gewesen, aber auch das hatte ich zu dem Zeitpunkt in Kauf genommen. „Und die Versuchung war... mittelschwer, würde ich sagen. Ich habe ihr aber nicht nachgegeben."
Wieder nickte Suga. „Das Gift, das Vampire verteilen, hat ein anderes Potenzial", erklärte er nun, immer noch sehr gelassen. „Es soll ein Opfer nicht zwingend ruhigstellen, sondern willig machen."
Willig. Ich kniff die Augen zusammen, musterte ihn, sagte aber nichts dazu. Das Wort schwirrte trotzdem durch meine Gedanken und ließ unanständige Bilder in meinem Kopf aufblitzen. Willig – noch so ein Problem, das wir doch eindeutig hatten. Egal wie willig ich war, er hatte wohl nicht vor, das auszunutzen, dabei sehnte ich mich danach und ich war mir ziemlich sicher, dass sich auch seine Gedanken nicht ausschließlich um Nahrungsbeschaffung drehten, wenn er mich ansah.
„Was tun wir also?"
„Ich lass mir was einfallen", murmelte Suga und klang dabei nicht halb so überzeugend, wie er vielleicht glaubte.
Nun, für den Moment beließ ich es dabei. Er wirkte nicht unmittelbar gefährlich und womöglich fanden wir ja doch noch eine Lösung, die uns beide zufriedenstellte. Wie die aussehen sollte, war mir schleierhaft, aber noch war ich pragmatisch genug, die Dinge positiv zu bewerten. Wir hatten uns ein bisschen Zeit erkauft. Mein Blut hatte das.
*
Dieser Aspekt war es am Ende auch, der mich immer wieder an denselben Punkt zurückbrachte. Obwohl ich mir sicher war, dass ich Suga keine Ration geboten hatte, die auch nur ansatzweise sättigend hätte sein können, war er die nächsten Tage ausgeglichener und irgendwie auch zufriedener.
Umgänglich nannte man das wohl und diesen Umstand nutzte ich aus. Ich wollte mehr über das ganze Procedere erfahren. Zum Beispiel wenn er schon Unterschiede zwischen Tier- und Menschenblut machte – ob er dann auch Unterschiede zwischen seinen menschlichen Opfern machte. Schmeckten manche besser? Die Frage klang ausgesprochen irgendwie seltsam, aber durchaus logisch für mich.
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Blood, sweat and tears [Taegi]
Fanfiction[BTS-AU] Schon als Kind waren Taehyung Dinge aufgefallen, für die niemand eine Erklärung hatte. Damit begann eine jahrelange Odyssee, die ihn selbst als jungen Erwachsenen noch brandmarkte, weil es keinen Menschen gab, der ihm glaubte. Und auch wenn...