Kapitel 19 - Oldschool

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Oldschool

Es war Samstag, es war zehn vor Acht und seit geschlagenen 20 Minuten rannte ich - fertig gestylt und hypernervös - in meiner Wohnung auf und ab. Ich wollte mich nicht hinsetzen, um mein Hemd nicht zu zerknittern. Warf bei jedem Auf- und Ablaufen einen kritischen Blick in den Spiegel, was mich keineswegs beruhigte. Im Gegenteil, mit jeder Kontrolle meines Spiegelbildes wurde ich noch unruhiger, fragte mich zum was-weiß-ich wievielten Mal, ob ich mich nicht doch nochmal umziehen sollte und ließ es dann jedoch bleiben. Die strikte Regel, an die ich mich hielt lautete: Das macht es nur schlimmer.

Ich trug eine schwarze Jeans, weil Suga offensichtlich auf schwarz stand... NEIN! Weil ich...! Herrgott wie konnte man nur so nervös sein. Ich trug eine schwarze Jeans, weil ich wusste, dass ich darin gut aussah. Sie betonte meine langen Beine. Und ich kombinierte dazu ein dunkelgraues Hemd, weil ich damit in jeden Club aber auch in jedes Restaurant kommen würde. Damit war mein Gesamterscheinungsbild recht düster geraten, oder sexy, kam immer darauf an, wie man es sehen wollte. Es sah jedenfalls gut aus zu den hellen Haaren. Unruhig bewegte ich die Schultern, neigte den Kopf bis meine Wirbel leise knackten und stieß den angehaltenen Atem aus. Da erst wurde mir bewusst, dass ich vor lauter Anspannung die Luft anhielt. Warum nur war ich so schrecklich nervös? Er war doch nicht der erste Kerl mit dem ich ausging. Und ganz sicher nicht der Erste, der- Ich würgte den Gedanken mit Gewalt ab, das würde mich definitiv nur noch nervöser machen.

Noch ein Blick auf die Uhr. Zwei Minuten vor Acht. Ich griff nach meinen Schlüsseln, nach einer Geldklammer, die ich so in die Hosentasche steckte. In der anderen Hosentasche steckte das silberne Armband, das ich jetzt umklammerte, während ich erneut in den Spiegel blickte. Ich hatte es eingeschoben, als ich es auf meinem Nachttisch hatte liegen sehen, aber ich wollte es heute nicht tragen, warum auch immer. Vielleicht war das verrückt, oder ich war verrückt. Ich schloss die Augen, atmete aus, da klingelte es und ich sah wieder auf die Uhr. Acht. Ein letztes Mal atmete ich tief durch, dann drückte ich auf den Summer und öffnete die Tür.

Unter normalen Umständen wäre ich auch die Treppe hinuntergelaufen, wir wären uns auf halbem Weg begegnet, hätten uns vielleicht umarmt, ein Kuss auf die Wange, was auch immer. Die üblichen Begrüßungsrituale eben, bevor man loszieht. Heute wagte ich keinen Schritt über die Schwelle und ich konnte nicht mal so genau sagen, warum. Womöglich hatte es auch damit zu tun, wie es überhaupt zu dieser Verabredung gekommen war, oder damit, wie er die Frage gestellt hatte, aber ich wartete, weil ich mir ziemlich sicher war, dass Suga das zu schätzen wusste, oder es seiner Vorstellung entsprach.

Wenig später tauchte er auf meinem Treppenabsatz auf und ich konnte mir ein Grinsen nicht mehr verkneifen. Genau wie bei unserem ersten Treffen trug er ausnahmslos schwarz, wenn auch das Hemd einem dünnen Rollkragenpulli gewichen war. Dazu trug er außerdem eine Lederjacke, die ihm einen rebellischen Anstrich gab, die Schuhe jedoch waren klassisch und milderten diesen Eindruck wieder. Seine Haare glänzten - sehr zu meiner Überraschung - erneut silberblond.

Ich konnte sehen, wie sich seine Augen für einen Moment vor Überraschung weiteten, als er aufsah, dann jedoch wich das einem leichten Schmunzeln, während sein Blick über meine Aufmachung glitt, bevor er bei meinen Augen Halt machte.

„Hallo Taehyung."

Oh Mann, ich wünschte er würde das nicht immer so sagen. Seine Stimme hatte dabei einen Unterton, der mich völlig kirre machte. Es klang nicht wie Hallo Tae, es klang mehr wie: Zieh dich aus, Tae. Ich blinzelte, verscheuchte den Gedanken und grinste schief. „Hi", war alles, was ich herausbrachte.

„Bist du fertig, können wir los?"

„Hm." Ich nickte stumm, zog die Tür hinter mir zu und machte einen Schritt in seine Richtung, da griff er plötzlich nach meiner Hand und ich hob irritiert den Kopf. Warum auch immer. Ich hatte nicht damit gerechnet und ich spürte, wie sich eine leichte Röte auf meinem Gesicht ausbreitete, als er mich grinsend an seine Seite zog. Still lief ich neben ihm her, war mir dabei seiner Nähe überdeutlich bewusst und war so damit beschäftigt, nicht über meine eigenen Füße zu stolpern, dass ich mich selbst einen Narren schalt. Das war doch auch lächerlich, warum benahm ich mich wie ein kleines aufgeregtes Kind, das zum ersten Mal in eine Achterbahn stieg?

Blood, sweat and tears [Taegi]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt