Askan und Luis traten aus dem Stadttor. Sie hatten nun schon seit Stunden keine Ishdur und Blutwölfe mehr gesehen und sich aus ihrem sicheren Versteck, einer kleinen Seitenstraße, hinausgewagt.
Luis blickte zu dem Nachthimmel auf.
Es fühlte sich seltsam an.
Alles war ruhig.
Die Grillen zirpten, die Sterne leuchteten hell und klar und tauchten den Himmel in ein wunderschönes Licht aus funkelnden kleinen Diamanten. Luis spürte den leichten Wind, der an ihm vorbei und durch die Blätter der Bäume wehte.
Alles war still.
Es war seltsam für ihn, dass die Nacht nun so friedlich war, wo doch vor einigen Stunden genau an diesem Ort die Menschen noch verzweifelt um ihre Leben gekämpft hatten.
„Seltsam", sagte Askan nun und legte die Stirn in sorgenvolle Falten.
Luis blickte zu ihm auf.
„Was ist seltsam?", fragte er.
„Ich habe nun seit Stunden nichts mehr von Eskil gehört!".
„Vielleicht mussten sie sich verstecken", gab Luis zu bedenken.
Askan schüttelte langsam den Kopf.
„Nein", antwortete er nach einer Weile. „Er hätte mir eine Nachricht über den Wind geschickt. Irgendwas muss geschehen sein!".
Luis bekam ein flaues Gefühl in der Magengegend. Seine Gedanken begannen zu kreisen und er dachte an Ben.
„Meinst du, dass es ihnen gut geht?", fragte Luis, dem es nicht gelang den panischen Unterton aus seiner Stimme zu verbannen.
Askan ging schneller und Luis hatte nun Schwierigkeiten mit ihm mitzuhalten. „Sie sind wahrscheinlich in das kleine Waldstück geflüchtet", teilte Askan seine Vermutung mit, während er scharf abbog und geradewegs auf das kleine Waldstück, in welchem sie sich am Mittag noch versteckt hatten, zusteuerte.
Als sie das Waldstück erreicht hatten, schlug Askan die Äste und Blätter, die ihnen im Weg waren mit hektischen Bewegungen zur Seite. Luis nahm einen merkwürdigen Geruch wahr.
Süß und metallisch.
Er drehte sich um.
„Askan!", flüsterte er eindringlich. „Guck dir das mal an!".
Askan trat zu ihm. Das Dickicht knackte unter seinen Schritten. Luis zeigte auf einen Baum, der völlig verbrannt war. Er war in der Dunkelheit nur schwer zu erkennen, doch er roch stark nach verbranntem Holz und nach noch etwas anderem. Doch Luis gelang es nicht, den Geruch zuzuordnen. Askan streckte die Hand aus und strich über das verbrannte Holz.
„Sie haben hier gekämpft", stellte er fest. „Das muss Caio gewesen sein!".
„Was hat das zu bedeuten?", fragte Luis.
Askan sah aus, als wollte er zu einer Antwort ansetzen, als sie plötzlich ein leises Stöhnen vernahmen. Sie drehten sich erschrocken um und versuchten die Richtung auszumachen, aus der das Stöhnen gekommen war. Luis kniff die Augen zusammen, in der Hoffnung besser durch die Dunkelheit blicken zu können. Der süße metallische Geruch stieg ihm wieder in die Nase und er senkte den Blick auf den Boden.
„Da!", rief Luis aus und streckte die Hand aus. Er zeigte auf eine zusammengekrümmte Gestalt, die ein paar Meter vor ihnen auf dem Boden lag.
„Erik!", sagte Askan entsetzt und stürzte auf die Gestalt zu. Luis stürzte hinterher. Erik war in seiner menschlichen Gestalt. Er lag auf der Seite und atmete flach. „Hilf mir mal!", wies Askan Luis an. „Nimm du seinen linken Arm. Wir ziehen ihn zu dem Baum da drüben!". Er zeigte auf einen Baum mit dickem Stamm, etwa einen Meter weiter von ihnen. Luis packte Erik, dessen Gesicht sich bei seiner Berührung sofort schmerzlich verzerrte. Askan nahm seinen rechten Arm und sah Luis kurz an.
DU LIEST GERADE
Chroniken der Hexer I
FantasíaLuis Freymann ist eigentlich ein ganz normaler Junge, der mit seiner Mutter Diane und seinem Großvater Theo in dem ruhigen Ort Falkenstein lebt. An seinem dreizehnten Geburtstag begibt er sich gemeinsam mit seinem besten Freund Ben in das alte und v...