„Wie weit ist es noch?", fragte Luis quengelnd.
„Nicht mehr weit", antwortete Askan lachend.
Luis kletterte, direkt hinter Askan, der gut gelaunt ein Lied summte, eine riesige Anhöhe hinauf. Jeder Schritt fiel ihm schwerer und er merkte, dass die Luft dünner wurde. Er keuchte laut, während er nach den Baumwurzeln und Ästen griff, um sich heraufzuziehen.
„Wie weit sind wir jetzt von Wagenheim entfernt?", fragte Luis keuchend.
„Nicht weit", antwortete Askan knapp.
„Ich verstehe immer noch nicht, warum du mich hierherschleppst!", bemerkte Luis genervt, während ihm ein Ast, den er übersehen hatte, mitten auf die Nase klatschte.
Er blieb stehen, stützte die Hände auf seine Knie und versuchte zu Atem zu kommen. Auch Askan war stehen geblieben. Er lächelte breit und sah kein bisschen angestrengt oder durchgeschwitzt aus.
Luis war sowieso kein besonders guter Sportler.
Askan atmete die Luft tief ein und schloss die Augen.
„Es ist wunderschön hier!", bemerkte er.
Luis wusste nicht, ob er mit ihm oder zu sich selbst gesprochen hatte.
„Ich schaffe es nicht, Askan", stöhnte Luis. Er streckte sich und versuchte damit seine überdehnten Muskeln zu entspannen.
„So ein Quatsch!", antwortete Askan gut gelaunt. „Es ist wirklich nicht mehr weit. Wir sind gleich da".
Luis verdrehte die Augen. „Das hast du auch schon vor zwei Stunden gesagt!". Askan lachte auf. „Hör auf zu nörgeln und komm mit".
Luis gab auf.
Er marschierte wieder los und schlug sich weiter durch das Dickicht. Askan hatte nicht gelogen. Etwa zwei Minuten später traten sie auf eine Lichtung, am höchsten Punkt der Anhöhe.
Luis hielt die Luft an.
Der Ort war wunderschön. Eine leichte Brise, die nach der frischesten Luft roch, die Luis jemals eingeatmet hatte, wehte durch sein Haar. Das hellgrüne Gras ging ihm bis zu den Knien und schmiegte sich zusammen mit dem Wind an seine Beine. Zwischen dem Gras lugten Blumen hervor, die in den verschiedensten Farben leuchteten. Irgendwo in der Nähe hörte Luis das Plätschern eines Bachs. Bunte Vögel flogen fröhlich zwitschernd an ihm vorbei.
Luis spürte ein Stechen in seiner Brust. Er hatte Heimweh. In diesem Moment dachte er an zu Hause. An seine Mutter und seinen Großvater und daran, wie gerne er ihnen diesen Ort gezeigt hätte.
Er spürte einen Kloß in seinem Hals und im nächsten Moment eine große Hand, die auf seiner Schulter lag. Er sah hinauf und blickte in die dunklen Augen von Askan, dessen schwarzes Haar ganz verstrubbelt war von dem Wind.
„Wir nennen diesen Ort: Elo haq. Ishem".
„Welche Sprache ist das?", fragte Luis.
„Das ist die alte Sprache der Nohorar. Nahar. Es bedeutet so viel wie: Das Schönste, was ich jemals sah".
Luis schwieg.
Elo haq. Ishem, dachte er voller Ehrfurcht.
Askan und Luis schwiegen eine Weile und genossen die Schönheit des Ortes, bis Askan Luis plötzlich an beiden Schulten packte und ihn vorsichtig nach rechtsherum drehte. Er zeigte mit dem Finger geradeaus.
„Von diesem Punkt aus kann man gleichzeitig vier verschiedene Orte von Baldrien sehen. Das da ist Kriegerheim!".
Luis kniff die Augen ein wenig zusammen, um etwas zu erkennen.
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Chroniken der Hexer I
FantasíaLuis Freymann ist eigentlich ein ganz normaler Junge, der mit seiner Mutter Diane und seinem Großvater Theo in dem ruhigen Ort Falkenstein lebt. An seinem dreizehnten Geburtstag begibt er sich gemeinsam mit seinem besten Freund Ben in das alte und v...