33. Andere Welten

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Noel hasste Montage.
Er konnte sie einfach nicht leiden und er wusste nicht einmal warum.

Es störte ihn nicht, dass da die Schule wieder begann, oder das es der erste Tag der Woche war.
Nein das war ihm alles eigentlich recht egal.

Er hasste sie, weil immer wenn in seinem Leben etwas dummes passierte, dann war es ein Montag gewesen.

Und an ausgerechnet einem solchen Tag sollte er Selina wiedersehen. Das konnte ja nur fürchterlich schief gehen.

Maya hatte das ganze Wochenende kein Wort mit ihm geredet und von Selina hatte er nichts gehört.
Was ihn allerdings, nach dieser Bombe die er platzen lassen, nicht wundern sollte.

So stellte er, mit einem mulmigen Gefühl, sein Motorrad neben seinen Freunden ab und zog den schwarzen Helm vom Kopf.

"Er sieht ja immer noch aus wie sieben Tage Regenwetter", flüsterte Vio Natalia zu, ohne ihren Blick von ihm zu lösen.
Ihr rosa farbenes Haar hatte sie zu zwei dicken Zöpfen geflochten, in denen dicke Holzperlen hineingeflochten waren.

Die schwarzhaarige Mexikanerin nickte knapp und verschrenkte die Arme vor der Brust: "Immerhin hält er mal die Klappe am frühen Morgen. Seine gute Laune ist ja sonst nicht auszuhalten."

An jedem anderen Tag hätter er seine Freunde mit einem finsteren Blick bedacht und sie mit dieser einfachen Geste zum Schweigen gebracht. Doch sogar dafür fehlte ihm heute die Energie.

"Was hast du dir denn gedacht, wie sie reagiert?", fragte SJ, der neben seinem besten Freund zum Schulgebäude lief, "Das sie sich freut und es ihr egal ist, dass sie ihr Leben lang von alle angelogen worde? War doch klar oder?"

Noel zuckte mit den Schultern: "Ich hatte die Hoffnung, dass sie es verstehen würde. Sie ist eine von uns und es ist ihr recht das zu wissen."

Aus dem Augenwinkel konnte er sehen, wie Samuel die Augen verdrehte. "Die Blutsbrüderschaft der Gonzales und Tompsons ja in allen Ehren, aber meinst du nicht dass Scott Tompson diese beendet hat? Ich meine er hat seine Familie den Rücken gekehrt. Er hat die Fox Side verraten und seine Tochter zu einer dieser verzogenen West River Mädchen heranwachsen lassen."

"Pass auf was du da sagst Johnson!", knurrte eine bekannte Stimme hinter ihnen.
Maya Harper war neben Vio und Natalia getreten.

Sie sah anders aus, als sonst wenn er sie in der Schule sah.

Keine weite blaue Jeans und bunte Shirts, die ihr viel zu groß waren.

Nein, sie sah aus wie er sie kannte.
Eine enge schwarze Jeans, kombiniert mit einem dunkelroten Top und einer Lederjacke.

Ihre Haare waren an der Kopfhaut geflochten, bis sie in einem hohen Pferdeschwanz endeten.
Auch in ihr dunkles Haar waren kleine Perlen und silberne Ringe geflochten und ihre dunklen Augen waren schwarz umrandet.

"Seit wann redest du wieder mit mir?" Noel hatte die Arme vor der Brust verschrenkt und die Braue hochgezogen.

"Es bringt doch nichts dich wütend auzustarren. Meine Freunde sind gerade ziemlich angepisst, da sollte ich vorsichtig sein und es mir nicht mit allen verspaßen."

Ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen, als er seine Cousine so ansah. Sie war schon immer sachlich wie ein Lexikon.

"Schön das du die ganze Sache rational betrachtest", brummte SJ, bevor er sich umdrehte, um weiter zu gehen, "Wenigstens eine Peson mit einem kleinem Funken Verstand in dieser Truppe!"

Es war selten, dass Maya und SJ einer Meinung waren.
Eigentlich nie.
Und doch schienen sie hier der gleichen Ansicht zu sein.

Er sollte sich Selina aus dem Kopf schlagen.

Leichter gesagt als getan, denn die junge Tompson schwirrte ihm die ganze Zeit durch den Kopf.
Noel hatte gewusst, dass sie ein intelligentes Mädchen war und das sie zielstrebig sein konnte.

Doch niemand hatte ihm erzählt, dass Selina ein so herzlicher und zugleich eiskalter Mensch sein konnte.

Er hatte erlebt wie sie mit ihren Freunden umging, hatte aber auch nicht vergessen wie sie SJ am ersten Schultag zur Schnecke gemacht hatte.

Selina Tompson war so vieles: Eines der klügste Mädchen der Schule, eine gute Freundin, Schreiberin und schön.
Nicht auffälig schön, dass sie die Augen aller auf sich zog.

Eher unscheinbar, beinahe so als würde sie es selbst nicht sehen.

.

Der Unterricht hatte sich gezogen und so hatte Noel noch keine Zeit sich mit Sel zu unterhalten.

Die kleine Rothaarige hatte nur wenige Reihen vor ihm gesessen. Neben Bishop und schweigend auf den Boden gestarrt.

Nicht eine einzige Frage der Lehrer hatte sie heute beantwortet und nicht einmal die Augen verdreht, wenn einer ihrer Mitschüler eine falsche Antwort gab.
Anders als sonst war sie heute eine der Ersten, die den Klassenraum verließ.

Doch in der Mensa saß sie, wie immer, mit ihren Freunden am Tisch, der direkt vorm Fenster stand.

Die beiden großen Sportler, die er als Neal und Xander kannte, unterhielten sich angeregt.
Die junge Cheerleaderin Alexa saß neben Sel und musterte sie mit nachdenklichen Blicken.

"Wenn du weiter so starrst, dann wird es auffällig", flüsterte Vio, ohne von ihrem Sandwich aufzusehen.

Ertappt zuckte Noel zusammen und wandte seinen Blick ab: "Meint ihr, ihr geht es gut?"

SJ zuckte mit den Schultern.
"Wie sollte es ihr schon gehen, wenn man ihr gesamtes Leben auf den Kopf stellt? Ich meine hast du erwartet, dass sie sich freuen würd die Wahrheit zu erfahren?"

Natürlich hatte er das nicht erwartet. Er wusste überhaupt nicht was er überhaupt erwartet hatte.

Wieder wanderte sein Blick durch die Mensa, an den Tisch der 'Beliebten'.

Der Platz neben ihr war leer.
Maya hatte es nicht für nötig gehalten sich hier blicken zu lassen und Noel wusste genau wo sie gerade war.

"Ey, du Dieb!"
Violetta hatt sich halb über den Tisch gebeugt, um Samuel etwas aus der Hand zu klauen.

Dieser hatte sich auf seiner Bank nach hinten gelehnt. Mit einem breiten Grinsen auf den Lippen, in der Hand einen Apfel.
"Wie ärgerlich wenn man klein ist, oder?"

Mittlerweile stand das Mädchen halb auf dem Tisch, doch ihre Arme waren noch immer zu kurz und das Grinsen von SJ wurde immer breiter.

"Ihr seid einfach nur kindisch!", brummte Nati und verdrehte die Augen, doch das störte die Zwei nicht.
Vio versuchte weiter an ihren Apfel zu kommen und SJ schien es köstlich zu amüsieren.

"Ihr seid doch unverbesserlich", ertönte Mayas Stimme hinter ihnen.

Noel brauchte sich nicht umzudrehen, da hatte sich seine Cousine bereits neben ihn gesetzt.

"Ist das nicht gegen deine Tarnung?", fragte SJ sarkastisch und gab Vio ihren Apfel zurück. Allerdings ließ er es sich nicht nehmen vorher abzubeißen.

Maya zuckte gleichgültig mit den Schultern: "Dafür ist es mittlerweile zu spät. Dank meinem geliebten Cousin ist mein 'Geheimnis' schon lange keines mehr!"

Mit einem finsteren Seitenblick stellte sie ihr Tablett ab und begann zu essen.

Auch wenn sie es nicht sagte, so konnte er den Schmerz in ihren Augen erkennen.
Hier in der Schule hatte sie immer einen Platz, doch jetzt nicht mehr.

Sie war alleine, an einem anderen Tisch.
Und zwischen ihr und ihrer besten Freundin lagen Welten.

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