3. Feuer

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Stumm saß Sel am Frühstückstisch und sah in ihre Kaffeetasse.
Ihre Nacht war kurz gewesen, doch das störte sie nicht. Sie konnte einfach nicht einschlafen, ohne alles wieder vor sich zu haben.

Mark hatte sie in seine Arme genommen und immer wieder beruhigt, doch es hatte nichts genützt. Um fünf hatte Neal den Anruf beenden müssen, weil er seiner Tante helfen sollte. Und um sieben Uhr hatte Mayas Handy ihre Nacht beendet.

Die Spanierin hatte nichts gesagt, nachdem sie den Anruf angenommen hatte. Nur, dass sie sofort zu nach Hause müsse. Ohne ein weiteres Wort hatte sie sich ihre Jacke übergezogen und war bereits verschwunden. Nicht einmal ihren Weihnachtsschlafanzug hatte sie ausgezogen.

Jetzt saßen Mark und sie in dem Esszimmer der Familie Tompson. Eisiges Schweigen hatte sich über die Familie gelegt. Sogar die beiden Kleinsten schwiegen und aßen ihr Müsli.

Den ganzen Morgen schon wich Selina den anklagenden Blicken ihres Vaters aus. Auch ihre Mutter sah sie immer wieder enttäuscht an. Als habe Selina etwas schreckliches verbrochen.

Auch Mark fühlte sich unwohl. Unruhig rutschte er auf seinem Stuhl hin und her und starrte auf seinen Teller.
Selten war ihr bester Freund so still. Wenn Sel recht darüber nachte eigentlich nie.

"Wusstet ihr, dass gestern Nacht die Fox High gebrannt hat?", brach Scott die Stille. Sein Blick ruhte auf seiner Frau, doch die Worte waren an alle gerichtet.

Überrascht sah Sel auf: "Die Fox High? Weiß man was passiert ist?"

Die Fox High war die Schule auf der anderen Seite des West Rivers.
Die wenigen Häuser, die dort standen gehörten zwar noch zur Stadt, doch waren sie eher wie ein eignes kleines Dörfchen. Sie hatten ihre eigenen Läden und ihre eigene Highschool.

Sel war noch nie dort gewesen.
Es war keine sonderlich ungefährliche Gegend. Die Menschen dort tickten etwas anders. Alkohol schien dort aus den Wasserhähnen zu kommen und Drogen standen an der Tagesordnung. Zumindest wenn sie den Worten ihres Vaters Glauben schenken sollte.

Die Schüler der Fox High fuhren zu gerne mit ihren Motorrädern durch die Straßen, als gehören sie ihnen.
Die Verkehrsregeln schienen für sie nicht zu gelten.

Scott Tompson zuckte mit den Schultern: "Keine Ahnung. Jedenfalls war Sheriff Clairs dort, bevor er zum Conner Manon gerufen wurde. Deshalb war er so spät."

"Was eine schreckliche Nacht. Und wie schlimm war das Feuer?" fragte Roana. Sels Mutter sah geschockt aus.

"Das kannst du laut sagen. Alles bis auf die Grundmauern heruntergebrannt. Die Feuerwehr kämpft wohl immer noch gegen die Glutnester. Zumindest meinte das Marcos Vater zu mir, als er eben mit seinem Hund bei uns vorbei gegangen ist. Seine Frau ist ja Brandschutzmeisterin."

"Was passiert den jetzt mit den Schülern?", fragte Mark neugierig. Er hatte seinen Blick von seinem Teller gelöst und sah Scott Tompson neugierig an.

Als Sportlehrer der West River High hatte er sicher schon einen Verdacht. Sicher gab es für solche Vorfälle irgendwelche Notfallpläne.

Doch dieser zuckte mit den Schultern: "Ich gehe nicht davon aus, dass sie die Schule bis zum Ende der Ferien wieder aufbauen. Das ist unmöglich. Und bei diesen Temperaturen können sie die Schüler schlecht in Containern unterrichten. Ich werde vermutlich die Tage mal mit Principal McCartney sprechen. Er wird es wohl wissen."

Mark nickte verstehend: "Und könnte es passieren, dass sie an die West River High kommen. Unsere Klassen sind ja nicht ausgelastet. Und laut meinen Eltern waren die Schüler von der anderen Flussseite ja früher auch auf der West River oder?"

"Ja das hab ich auch gehört", Die Stimme von Selinas Vater klang eigenartig belegt. "Ich muss auch noch einiges erledigen. Sel kannst du zusammen mit Mark deiner Mutter beim aufräumen helfen? Wir sprechen später über letzte Nacht." Ohne auf eine Antwort zu warten verließ er die Küche.

Selina nickte ihrer Mutter zu: "Natürlich helfe ich dir Mom. Mark du kannst gerne wieder hoch gehen." Doch Mark schüttelte energisch den Kopf: "Kommt nicht infrage, dass ich hier esse und dann nicht mit aufräume." Er griff nach seinem Teller und brachte ihn, zusammen mit dem Brötchenkorb, in die Küche.

.

"Sel! Alexa und Xander sind da!", hallte Roana Tompsons Stimme durch das Haus.
Überrascht sah Selina von ihren Lernzetteln auf zu Mark, der sich auf ihrem Bett breit gemacht hatte.
Dieser klappte wortlos seinen Laptop zu und stand auf.

"Weißt du was die King Geschwister hier wollen?"
"Ich habe keinen blassen Schimmer..."

Seitdem Xander ihr gesagt hatte, dass sie sich von ihm fernhalten solle, hatte sie nichts mehr von ihm gehört. Er hatte sie nicht angeschrieben oder angerufen. Und auf Selinas Nachrichten hatte er nicht reagiert.

Doch jetzt stand der SUV vor ihrem Haus und Alexa King lehnte lässig gegen die Beifahrertür.
Sie sah müde aus.
Dunkle Augenringe klafften, wie Schluchten, unter ihren braunen Augen und ihre Haare waren zu einem unordentlichen Dutt hochgebunden.

Sel brauchte keinen Spiegel um zu wissen, dass sie mindestens genauso beschissen aussah. Sie hatte sich nur ihre Winterjacke übergeworfen, als sie hinter Mark das Haus verlassen hatte. Ihre langen, dürren Beine steckten noch immer in ihrer rosafarbenen, verwaschenen Jogginghose.

"Wir fahren ins Krankenhaus. Wollt ihr mit?" die jüngere der King Geschwister bemühte sich um ein Lächeln, was ihr jedoch nicht so gelingen wollte.

Mark nickte: "Natürlich. Uns fällt hier noch die Decke auf den Kopf, wenn wir nichts neues wissen!"
Zielstrebig ging er auf das Auto zu und setzte sich auf die Rückbank. Sel folgte ihm.

"Wo ist Maya?" Das war das erste was Xander sagte. Er war nicht aufgestanden, sondern einfach auf dem Fahrersitz sitzen geblieben. Noch immer hatte er seinen Blick nicht von dem Lenkrad gelöst.

Der Junge sah fürchterlich aus.
Seine Haut war fahl und seine lockigen Haare hingen matt in seinem Gesicht. Er wich Selinas Blicken zwar aus, doch sie konnte seine geröteten Augen sehen.

Ein stechen breitete sich in ihrer Brust aus. Sie konnte nicht leugnen, dass sie die Kälte verletzte. Das er es nicht einmal schaffte sie anzusehen.
Als wäre sie an alldem schuld.
Als hätte sie nicht einmal versucht Lydia zu retten.

Doch ging es hier überhaupt um Lydia Conner?
War sie der Grund?
Oder war der wahre Grund, dass sie nicht um sie gekämpft hatte?

Ihr fiel die Silvesterfeier wieder ein. Bevor sie die Turnhalle verlassen wollte.
Und Xanders Worte, bevor das ganze Drama begann. Er wollte sie nicht wieder gehen lassen.

Das brummen des Motors ertönte und holte Sel aus ihren Gedanken, zurück in die reale Welt.
Mark hatte seinen Kopf an die Fensterscheibe gelehnt und antwortete: "Die ist heute Morgen fluchtartig aufgebrochen. Ich gehe mal davon aus, dass ihre Eltern sie nach Hause bestellt haben."

"Das kann ich verstehen. Alle Eltern drehen im Moment etwas durch. Die Nachricht hat sich wie ein Lauffeuer verbreitet und dann noch der Brant. Unserer Mutter hat Angst, dass das erst der Anfang war. Das es hier einen Attentäter gibt, der es auf uns Jugendlichen abgesehen hat", erklärte Alexa vom Beifahrersitz aus, während sie nach einem Radiosender suchte.

Mark schob seine Brille zurecht und sah skeptisch drein: "Rein statistisch gesehen, würde ich eher von dummen Zufällen ausgehen. Es besteht nur eine 1,09 % Wahrscheinlichkeit, dass die beiden Sachen zusammenhängen."

Alex nickte anerkennend: "Ich glaube dir das sofort Bishop. Nur leider ist unsere Mutter da anderer Meinung. Wir sollen nur noch zusammen das Haus verlassen, bis der Mörder gestellt wurde."

Nur mit einem halben Ohr folgte Selina dem Gespräch. Ihr Blick ruhte weiterhin auf dem Fahrer, dessen Augen an die Straße gefesselt waren.

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Ich wünsche allen eine schöne Woche

Lg Lexi ^^

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