34. Konfrontation

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Es war ein schreckliches Gefühl, dass Sel nicht kannte.

Normalerweise war zu Hause immer ihr Rückzugsort.
Der einzige Platz auf Erden, an dem sie immer zurückkommen konnte, wenn sie das Gefühl hatte die Welt würde sich gegen sie stellen.

Nie im Leben hatte sie gedacht, dass sie sich hier einmal wie eine Fremde fühlen würde.

Doch so war es jetzt.

Sie hatte Bauchschmerzen, als sie mit ihrer Mutter auf dem Sofa saß und den Ärmel ihres Pullovers knetete.

Es kostete sie viel Mühe, doch heute hatte Sel sich fest vorgenommen mit ihren Eltern über alles zu reden.
Auch wenn sich bei dem Gedanken alles zu drehen begann, musste sie es hinter sich bringen.

"Also", riss sie Scott Tompsons Stimme aus ihren Gedanken, "Du wolltest mit uns reden Liebes?"
Ihr Vater hatte das Wohnzimmer betreten und sich auf dem alten Ohrensessel niedergelassen.

Mit klopfendem Herzen nickte sie, schaffte es jedoch nicht ihren Vater direkt anzusehen. Viel zu groß war die Wut, die sie seinetwegen verspürte.

"Ich habe Andrew Tompson kennen gelernt", sagte Sel schlicht, als sie sich endlich beruhigen und ihrem Vater ins Gesicht sehen konnte.
Wut funkelte in ihren grünen Augen.

Sofort versteifte sich jeder Muskel in Scott Tompsons Körper und sie konnte sehen, wie er die Zähne aufeinader biss.
Selina kannte ihren Vater gut genug um zu wissem, dass die Wut auch in ihm hochkochte.

"Wer hat dir von ihm erzählt? Javier hatte mir versprochen, dass Maya ihren Mund halten würde!
Er hatte es geschworen!" Scotts Stimme war kaum mehr als ein dunkles Knurren.

So wütend hatte Sel ihren Vater noch nie erlebt.
In seinen Augen, die den ihren beinahe identisch waren, schimmerte nichts als Verachtung.

"Was meinst du damit?"

"Was ich meine?", brüllte ihr Vater, "Das ihr Vater mir versprechen musste, dass weder er noch seine Tochter jemals über meine Herkunft reden. Ich würde dafür kein Wort über seine Wurzeln verlieren."

Das hatte Noel also gemeint, als er über ein Abkommen geredet hatte. Und dann war das der Grund, warum sie nie ein Wort darüber verloren hatten.

Mayas Vater war einer der besten Anwälte ich ganz Westen River.
Würde herauskommen, dass er von der Fox Side stammt, dann könnte das seine Karriere ruinieren.

Deshalb mussten er auch den Namen seiner Frau angenommen haben und deshalb fand man keine Verbindung zwischen den Gonzalez und Maya.

Scott war aufgestanden und hatte sich vor seiner Tochter aufgebaut: "Ich will nicht das du ihn besuchst. Dieser Mann hat nichts gutes an sich und ich will ihn nicht in deinem Leben!"

"Es ist mein Leben!", fauchte Sel zurück, "Du hast mich 17 Jahre lang belogen und verheimlicht, dass du von hier stammst!
Ich hatte einen Großvater, zu dem ich hätte gehen können!
Stattdessen hast du alles gegeben, um mich von der Fox Side fernzuhalten. Hast mir erzählt, dass die Menschen dort gefährlich seien! Wie kannst du, der der mir beigebracht hat die Familie zu ehren, seine nur mit Füßen treten?"

"Du hast doch keine Ahnung von was du da sprichst! Du weist nicht was-"

"Mit Selina passiert ist?", unterbrach sie ihn, "Doch das weiß ich! Ich weiß mehr als du denkst! Andrew hat mir alles erzählt! Wie du ihn im Stich gelassen hast, als er dich am meisten gebraucht hat!"

Aus dem Augenwinkel konnte sie sehen wie ihre Mutter nach Luft schnappte und zusammen zuckte. Doch Roana Tompson schwieg weiterhin.
Sie mischte sich nichte ein.
Auch wenn Sel sich sicher war, dass ihre Mutter etwas dazu zu sagen hatte.

Drohend hob er den Finger: "Du weißt nicht über was du da sprichst! Hüte deine Zunge! Du gehst nie wieder dahin!"

"Das kannst du mir nicht verbieten!"

"Und wie ich das kann, denn du hast Hausarrest!", brüllte Scott zurück und verließ dann mit schnellen Schritten das Wohnzimmer.

Doch Selina war wie erstarrt.
Alles in ihr fühlte sich kalt und abgestumpft an.
Als würde Eiswasser durch ihre Adern fließen und langsam ihren Körper gefrieren.

Erst als sie hörte, wie der alte Pick Up die Einfahrt verließ konnte sie sich wieder regen.

Mit schimmernden Augen sah sie zu ihrer Mutter: "Hast du es gewusst? Wusstest du es die ganze Zeit?"

Roana Tompson nickte schwach: "Ich weiß es seit deiner Geburt. Als wir 2002 aus New York nach West River gezogen sind, da wusste ich nicht warum dein Vater diese Stadt ausgewählt hatte. Erst zwei Jahre später rückte er mit der Sprache heraus.
Als du in dem Krankenhaus geboren wurdest, in dem man den Tot seiner Schwester festgesllt hatte. Ich musste ihm versprechen kein Wort darüber zu verlieren."

"Aber warum?", fragte Sel mit gebrochener Stimme. Eine einzelne Träne bahnte sich ihren Weg.

Ihre Mutter war neben sie gerückt, um ihr einen Arm um die Schulter zu legen: "Weil ich den Schmerz in seinen Augen gesehen habe. Ich habe gesehen wie es ihn fertig gemacht hat und es verstanden. Alles hat er nur getan, weil er das Beste für uns wollte. Vor allem für dich Liebling."

"Aber vielleicht war es nicht das Beste", murmelte Sel, "Vielleicht hat er damit alles kaputt gemacht.

"Bitte sag sowas nicht. Ihr Beide wart immer so unzertrennlich." Sie konnte den Schmerz in den Augen ihrer Mutter sehen, doch änderte all dies nichts mehr.

"Ich glaube, dass das nie wieder sein wird. Ich habe alles gemacht um Dad zu gefallen und alles bewundert was er tat. Doch er hat mich nicht nur angelogen, sondern auch meine beste Freundin dazu gezwungen mir all dies zu verheimlichen. Nichts kann das ungeschehen machen."

Ohne ihrer Mutter Zeit zum Antworten zu lassen, erhob sich Sel und verließ das Wohnzimmer.

Sie wollte gerade die Treppe hoch und in ih Zimmer gehen, hielt jedoch inne.
Anstatt hoch zu gehen machte sie auf den Absatz kehrt, holte ihr Handy aus der Hosentasche und stürzte aus der Haustür hinaus.

Die Rufe ihrer Mutter ignorierte sie, als die Straße hinunter rannte.

Eisig peitschte ihr die Nachtluft ins Gesicht, doch die hitzige Wut kochte noch immer in ihr, während sie ihr Handy entsperrte und die Kontakte öffnete.

Es gab nur eine einzige Person, die sie jetzt sehen wollte.
Wie von selbst flogen ihre Hande über den Display und sie hielt sich das Telefon ans Ohr.

Ein müdes grummeln drang aus dem Hörer, als das Gespräch angenommen worde.

"K-kannst du m-mich abholen? I-ich kann nicht nach Hause z-zurück", Selinas Stimme bebte, ebenso wie die Finger, die sie um ihr Handy geschlungen hatte.

Mit einem mal war die Person am anderen Ende hellwach:"Ich bin sofort da!"

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