5. Wie Brüder

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Trostlos lag die weiße, sterile Eingangshalle vor ihm. Das einzige, was noch an die vergangenen Festtage erinnerte, war der einsame Weihnachtbaum, der bis unter die hohe Decke reichte.

Xander fühlte sich eigenartig leer, als er an der Information vorbei, in das Krankenhausinnere trat.
Es war das fünfte mal infolge.
Der fünfte Tag, den er diesen schrecklichen Ort besuchte und noch immer war Lydias Zustand nicht verändert.

Morgens ging er sobald die Besuchszeiten begannen und er verließ das Krankenhaus erst, wenn ihn die Schwestern rausschmissen.

Zuhause fühlte er sich eigenartig beengt.
Ziellos tigerte er durch das Haus und machte seine Schwester und Mutter nervös.

Alles in ihm fühlte sich so leer an.
Als wäre in ihm nichts mehr außer gähnender Leere. Wie tot und innerlich abgestorben. Abgestumpft.

In sich gekehrt ging er durch die weißen langen Flure.
Schwer hallten seine traurigen Schritte von den hohen Wänden wider.

Das grelle Licht, der weißen Neonlampen, erhellte den Gang und wurde von den weißen Wänden reflektiert.

Die Intensivstation lag am hintersten Ende des Gebäudes und grenzte an den Dark Forrest. Es hatte etwas magisches, wenn man in den dichten Tannenwald blickte.

Doch bis jetzt hatte Xander den Anblick nicht genießen können.
Seine komplette Aufmerksamkeit hatte er immer dem Mädchen gewidmet. Und den piependen Maschinen, an denen ihr Leben hing.

Er betrat die Intensivstation und wollte gerade den Weg zur ihrem Zimmer gehen, als ihm eine hochgewachsene, hagere Frau den Weg versperrte.

Ihre knochigen Arme hatte sie vor der Brust verschränkt und ihr drahtiger Körper steckte in einem teuren Hosenanzug.
Ihre weißblonden Haare waren zu einem strengen Dutt hochgebunden und ihre Lippen waren zusammengepresst.
Roter Lippenstift schmückte ihre fein geschwungenen Lippen.

"Wollen wie Sie mir sagen, was sie hier wollen?" Ihre Stimme erinnerte an das Kratzen auf einer Schiefertafel.

Xander musste nicht lange nachdenken um zu wissen, wen er vor sich hatte. Constanze Conner. Der Teufel persönlich.

Nie hatte sie sich wirklich für ihre Tochter interessiert. Doch jetzt stand sie vor ihm.
In ihrem teuren Anzug.
Perfekt gestylt, als wäre sie der Vogue entstiegen.

"Ich wollte zu Lydia", sagte er trocken. Ohne eine Miene zu verziehen hielt er ihrem kühlen Blick stand.

Er hatte keine Angst vor der Frau und in keiner weise Respekt.
Nicht vor dieser Frau.
Nicht vor diesem Drachen.

Constanze zog skeptisch ihre perfekt sitzende Augenbraue hoch: "Und wer sind Sie bitte? Mich würde wirklich interessieren wer die Genesung meiner Tochter verhindert."

"Ich bin ein Freund. Xander King." Und sofort bereute Xander das gesagt zu haben.
Ihre blauen Augen verengten sich zu engen Schlitzen und sie stieß zischend Luft aus.

"Soso, du bist also Xavier."

"Xander", korrigierte X die Frau, "Und ich würde nie die Genesung Ihrer Tochter gefährden. Ich wollte lediglich sehen, wie es ihr geht."

Die junge Frau nickte mechanisch: "Das ist sehr freundlich, aber Lydia braucht ihre Ruhe. Ich möchte keinen Besuch mehr bei meiner Tochter sehen."

Xander entglitten jegliche Gesichtszüge. Er glaubte sich verhört zu haben, doch das Gesicht der Frau war ernst. Noch immer hatte sie die Arme verschränkt und sah finster aus. Fehlte nur noch der Qualm der aus ihrer Nase gepustet wurde und die Teufelshörner auf der Stirn.

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