Noch immer zitterten Selinas Hände und so umschloss sie die heiße Teetasse fester.
Der Geruch von Vanille stieg ihr in die Nase und hüllte sie ein.Normalerweiße hatte dies etwas heimisches für sie gehabt, doch heute fühlte sie sich wie eine Fremde.
Oft hatte sie so auf dem Balkon der Harpers gesessen. In dicke Decken eingehüllt und die Sterne, am tiefblauen Nachthimmel beobachten.
Sowas hatte sie, Maya und Mark schon gemacht, da waren sie keine acht Jahre alt.
"Ich hätte nicht damit gerechnet, dass du mich so schnell wiedersehen willst. Ich meine ich hab dich all die Zeit angelogen...", flüsterte Maya kraftlos und sah in ihre Tasse.
Sie trug ihre Haare anders, als Sel es gewohnt war. Doch sie musste zugeben, dass es ihr ausgesprochen gut stand.
Selina nickte: "Das dachte ich auch. Aber ich habe mit meinem Dad geredet. Er hat zugegeben, dass du und dein Dad nichts sagen durftet."
Auch sie schaffte es nicht ihre beste Freundin anzusehen.So viel Hass hatte sie empfunden, als Noel ihr die Wahrheit gesagt hatte. Jetzt tat ihr alles nur noch leid.
Maya war nicht die Böse in dieser Geschichte.Es war ihr eigener Vater der sie angelogen hatte und ihre Mutter, die nur geschwiegen hat. Ob Amanda davon gewusst hatte, dass war Sel noch nicht klar und sie konnte sie auch nicht fragen.
Nachdem sie Maya angerufen hatte, hatte sie ihr Handy erst in den Flugmodus und dann komplett ausgeschaltet.
Sollten ihre Eltern sich doch fragen wo sie war. Wenn sie es sich nicht schon denken konnten.
"Ich hätte dich nie so hintergehen sollen. Es war nicht Noels Aufgabe dir die Wahrheit zu sagen, sondern meine. Aber mein Dad-"
Sie wollte weiterreden, doch Sel unterbrach sie: "Du musst dich nicht erklären. Ich weiß wie mein Vater sein kann, wenn er etwas will. Oder naja eben will, dass etwas nicht herauskommt."
Zum ersten Mal, seit sie auf dem Balkon saßen sah Selina ihre Freundin direkt an.
All die Wut, die sie in sich hatte, war mit einem mal verraucht.
Da war nurnoch Mitleid, denn sie wusste wie schwer es war ein Geheimnis zu hüten.
Immerhin hatte sie letztes Jahr eine Beziehung auf einer großen Lüge aufgebaut und schmerzhaft die Konsequenzen erfahren.
Alleine bei dem Gedanken zog sich alles in ihr zusammen, als sie an Xander und sich dachte.
An alles was sie gemacht hatten, um zu bekommen was sie wollen und die Gefühle, die dabei entstanden sind."Lügen sind etwas, was furchtbare Folgen hat", murmelte Maya und strich mit ihrer Hand über den Henke ihrer Tasse.
Kurz hatte Sel das gefühl, sie hatte ihre Gedanken gelesen.Wieder nickte Selina: "Wenn du wüsstest wie richtig du damit liegst..."
"Du sprichst hier aber nicht nur von deinem Dad oder? Es geht hier wieder um Xander oder?" Fragend zog sie die Braue hoch und musterte die Rothaarige eingehend.
Ihre Stimme war kein Vorwurf oder anklagend, sondern besorgt und neugierig."Egal wie sehr ich versuche ihn zu vergessen und mich damit abzufinden, ich kann es nicht. Ich dachte gerade ich könnte es, da kommt er an und eröffnet mir, dass er um mich kämpfen will!"
Maya hatte ihre Stirn noch immer in Falten gelegt: "Und das willst du nicht? Oder doch?"
Diese Frage hatte Sel sich selbst noch garnicht gestellt. Es war im Moment einfach viel zu viel los gewesen, als dass sie darüber nachdenken konnte.
Seit dem Gespräch in Lucy's Diner war ihr Verhältins wieder besser geworden. Das stand außer Frage, aber ob sie zum Anfang zurück gehen konnten wusste sie nicht.
Immer wieder konnte sie den Schmerz spüren.
Diesen Messerstich am Halloweenabend.Und auch wenn er die beste Erklärung dafür hatte, so hätten sie doch einfach miteinander reden können.
Doch das war nie ihre Stärke gewesen. Sie hatten nie wirklich geredet.Ander als es bei ihr und Noel war.
Sie kannten sich kaum und doch verstand er sie besser, als jeder anderer in den letzten Wochen."Oder gibt es vielleicht jemand anderen?" Die Frage ihrer besten Freundi riss sie aus ihren Gedanken und traf sie wie ein Faustschlag in die Magengrube.
Beinahe ertappt zuckte Sel zusammen und kippte sich etwas von dem, mittlerweile lauwarmen Tee über die Finger.
Mit weit aufgerissenen Auugen starrte sie Maya an: "W-was? Wie kommst du darauf? Wer sollte es denn bitte sein? Ich bin glücklich mit X gewesen! Ich habe ihn geliebt! Noel ist nur ein Freund!"
Mayas Mundwinkel zuckte: "Ich habe meinen Cousin mit keiner Silbe erwähnt. Wie kommst du darauf, dass ich ihn gemeint habe?"
Sel kannte Maya zwar länger als ihr halbes Leben und doch konnte sie den Gesichtsausdruck ihrer besten Freundin einfach nicht deuten.
Durch ihre intensiv braunen Augen sah sie ihre beste Freundin an."Du siehst aber nicht so aus, als wärst du überrascht", sagte Sel ehrlich und hielt ihrem eindringlichen Blick stand.
Und erneut zuckte ihre Mundwinkel: "Ich bin vieles: Impulsiv, launisch und mürrisch. Aber nicht blind.
Ich sehe doch wie ihr euch anseht und ich weiß wie mein Cousin zu dir steht. Bitte mach ihm keine Hoffnung, wo keine ist okay?"Diese Worte hatten ihre Wirkung nicht verfehlt, denn jeder Muskel in Sels Körper spannte sich an. Alles in ihr sträubte sich gegen diesen Gedanken und doch war er da.
Da war diese Spannung zwischen ihnen. Dieses Geheimnisvolle und zugleich vertraute Gefühl, welches sie bei ihm hatte.
Bei allem was in letzter Zeit passiert war, hatte sie keine Sekunde gehabt um sich darüber Gedanken zu machen.Aber in diesem Moment, in dem es nur sie, Maya und den Sternenhimmel gab, da prasselte alles auf sie ein.
"Maya ich bin ehrlich, ich weiß nicht was das zwischen uns ist. Da ist gerade zu viel in meinem Kopf, dass meine Aufmerksamkeit fordert. Die Schülerzeitung, das Schulduell und jetzt auch noch die Sache mit meinem Dad", gestand sie aufrichtig.
"Du hast die ganze Sache mit Xander vergessen. Ich weiß du tust so, als wäre die ganze Sache dir egal, aber ich kenne dich.
Du bist nicht über Xander hinweg und dir tut die Sache mit Lydia immer wieder weh, weshalb du das alles nicht vergessen kannst. Nebenbei hast du noch Mitleid mit dieser blonden Schnepfe, weil sie alles verloren hat."Und natürlich hatte sie recht.
Doch anstatt das zuzugeben, nahm Selina einen großen Schluck aus ihrer Tasse.Der Tee war mittlwerweile abgekühlt und so hatte auch der Dampf aufgehört in dem Nachthimmel zu steigen.
Sie brauchte aber auch nichts sagen, denn Maya kannte sie lange genug und wusste dass sie recht hatte.
"Sel, du weißt ich liebe dich, aber früher oder später musst du eine Entscheidung treffen. Egal in welcher Situation."
"ich weiß Maya, ich weiß."
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Save the Game
Teen FictionEine einzelne Träne bahnte sich ihren Weg über ihre pfirsichgleiche Haut. Und das, obwohl sie sich geschworen hatte nie vor ihm zu weinen. "Bitte zwing mich nicht." Ihre Stimme war so kraftlos. Beinahe nur noch ein Hauchen. Sie spürte wie ihr Körpe...