Das Aufziehen eines Reißverschlusses weckte mich. Ivo warf ein Bettlaken und zwei Schlafsäcke neben mich. Es folgten wenig später zwei Kissen. Ich erhaschte einen Blick auf sein Gesicht. Er war klitschnass und das Wasser lief aus seinen Haaren, die ihm in die Stirn gerutscht waren.
,,Kann ich dir helfen?", fragte ich, auch wenn ich nach dem kleinen Nickerchen, welches ich gehalten hatte, das Gefühl hatte, dass das Fieber gestiegen war. ,,Nein, alles gut. Den Rest lass ich erstmal im Auto und hol ihn, sobald es aufgehört hat zu regnen!", sagte er und krabbelte mit diesen Worten ins Zelt.
Ich rutschte ein wenig zur Seite um ihm Platz zu machen und mit einem Seufzen ließ er sich auf die Luftmatratze fallen. Ich schmunzelte, als ich ihn da so liegen sah - alle Viere von sich gestreckt. ,,Tut mir leid, dass ich dir nicht wirklich Arbeit abnehmen konnte!", sagte ich und er öffnete die Augen, die er für einen Moment geschlossen hatte.
Er sah mich an und ich spürte wieder dieses Gefühl in meinem Bauch. Die Wärme. ,,Du solltest erstmal wieder gesund werden. Und wenn ich mich nicht täusche, hab ich die Luftmatratze nicht aufgepumpt, also hast du mehr als genug getan!" Er zwinkerte mir zu.
Er erhob sich, sodass er nun wieder auf der Matratze saß. ,,Ich denke ich werde jetzt mal das Bettlaken überziehen, damit du dich ausruhen kannst!" Und das tat er. Er kümmerte sich um mich, wie er es bereits die letzten Tage getan hatte. Am nächsten Tag rief die Ärztin ihn an und wir fuhren nochmal in die Praxis damit ich mir die versprochene Dosis Antibiotikum abholen konnte. Die Tage danach vergingen, obwohl ich nicht fiel machte, wie im Flug. Und dann ging es mir endlich wieder besser. Die Blutergebnisse zeigten nach ein paar Tagen, dass ich nicht mehr an Syphilis erkrankt war und ich spürte es in jeder Faser meines Körpers. Nicht nur, dass ich wieder eine normale Körpertemperatur hatte und so viel Energie wie schon lange nicht mehr, auch meine Stimmung hatte sich massiv gebessert.
Ende der Woche war ich gerade dabei an dem Kochfeld, welches es in der kleinen Küche gab, die der Camping Platz besaß, unser Mittagessen zu kochen, da öffnete sich die Tür hinter mir. Ein Mädchen, welches etwa in meinem Alter sein musste betrat den Raum. ,,Brauchst du beide Platten?", fragte sie lächelnd und deutet auf das Kochfeld neben mir.
,,Nein. Eine reicht mir. Ich bin sowieso gleich fertig", sagte ich und lächelte ebenfalls ein wenig. ,,Ach, kein Stress", meinte sie und stellte ihre Tasche neben sich ab. Dann begann sie allerlei Gemüse daraus hervorzuziehen und es zu waschen.
,,Ich bin übrigens Julia", sagte sie, während sie begann, eine Paprika zu würfeln. ,,Ich bin Laurel. Hi!" Ich spürte, dass sie mich kurz von der Seite musterte, während ich den Frischkäse in die tiefe Pfanne gab. ,,Du bist keine Spanierin oder?"
Ich schüttelte den Kopf. ,,Ich komme aus Deutschland", sagte ich und sah aus dem Augenwinkel, dass sie nickte. ,,Das heißt, du machst Urlaub hier?" Ich zögerte einen Moment, nickte dann aber. ,,Cool. Mit deiner Familie?" ,,Nein. Mit einem Freund", sagte ich.
,,Mit einem Freund?", hakte sie nochmal nach und grinste. Sie hatte etwas an sich, dass mich dazu brachte, dass meine Mundwinkel sich ebenfalls erneut hoben. ,,Ja. Ivo und ich sind nur Freunde", bestätigte ich. ,,Und du? Kommst du aus Madrid?"
,,Ne, ich mache hier mit ein paar Freunden Urlaub. Wir kommen aus Córdoba!", erklärte sie. ,,Oh, nice!", entgegnete ich nur und hatte das erste Mal seit langem wieder das Gefühl ein bisschen von der alten Laurel wiederzufinden.
,,Wenn du und dein Freund Lust habt, könnt ihr heute Abend gern zu uns kommen. Wir wollten ein kleines Feuer machen, mit Stockbrot und natürlich mit dem ein oder andere Bier!" Sie zwinkerte mir verschwörerisch zu. ,,Wo steht denn euer Zelt?", fragte ich neugierig. ,,Wir zelten nicht. Martis Eltern haben einen Campingwagen, den wir uns leihen durften und Leti hat sich vor einem Jahr auch einen gekauft! Wir stehen kurz vor der Zeltwiese auf der rechten Seite. Also von der Wiese aus gesehen."
,,Das klingt gut. Ich werde Ivo nachher davon erzählen. Vielleicht kommen wir rum", sagte ich lächelnd, während ich das Essen zu würzen begann und dann die Nudeln hinzugab, die ich vorhin gekocht hatte. Als ich alles verrührt hatte, verabschiedete ich mich von Julia und machte mich mit der Pfanne in der Hand auf den Weg zurück zu unserem Zelt.
Ivo hatte bereits den klapprigen, kleinen Campingtisch aufgestellt, den wir uns geliehen hatten und die Campingstühle aufgeklappt, die er, seiner Aussage nach, billig ergattert hatte.
Ich stellte die Pfanne auf ein Handtuch, was ich ein paar Mal faltete. ,,Danke, fürs Kochen", sagte Ivo, während er eine Dose Cola vor seinen und eine vor meinen Platz stellte. ,,Nichts zu danken", entgegnete ich. Wir setzten uns beide hin und taten uns Essen auf, während ich ihm von Julia erzählte.
,,Also von mir aus können wir dahin gehen, wenn das für dich okay ist?", sagte er schließlich und ich sah das sehnsüchtige Glitzern in seinen Augen. Ich konnte es ihm nicht verübeln. Anstatt sich auf Studentenparties zu betrinken und sich Gedanken darüber zu machen, ob er am nächsten Tag zur Vorlesung gehen würde oder nicht, hatte er mich an der Backe und musste sich vor seiner Familie verstecken. Nicht die beste Art seine twenties zu verbringen. ,,Klar. Ich denke, das wäre vielleicht keine schlechte Abwechslung", sagte ich lächelnd.
,,Nice, dann hol ich nachher noch ein bisschen Bier und Chips oder so", sagte er. ,,Ich komm mit", klinkte ich mich ein, da ich keinen weiteren Tag einfach nur allein im oder vorm Zelt rumsitzen wollte. Das Buch, was ich aus dem Trailerpark mitgenommen hatte, hatte ich mittlerweile durchgelesen, weshalb ich langsam nicht mehr wusste, was ich mit mir anfangen sollte. Und jedes Mal, wenn ich an diese Punkt kam, begann ich zu grübeln und das wollte ich vermeiden. Denn ich wusste, was da tief in meinem Unterbewusstsein auf mich wartete und womit ich mich früher oder später auseinander setzen würde müssen. Ich hatte mich für später entschieden.
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Lo Que Necesitas - Was du wirklich brauchst
Romance[Teil 2] VORSICHT: SPOILER ZU TEIL 1 Als Laurel dem Fremden die Tür öffnete, hätte sie nie damit gerechnet, dass er sie betäuben und entführen würde. Wieso auch? Sie hatte keine Feinde. Und doch war es passiert und sie fand sich in Spanien wieder. M...