Triggerwarnung für dieses Kapitel
,,Ich kann dich gerade nur immer wieder anschauen. Jetzt, wo du es sagst, kann ich mir dich nicht mehr ohne diese Cap vorstellen!", sagte ich und musterte Ivo fasziniert. Er hatte mir eben beim Einkaufen gestanden, dass er, bevor er sein Studium für mich pausiert hatte, einer dieser Cap Träger war, der fast nie ohne aus dem Haus ging. Und ich musste gestehen, dass das einfach passte.
Wenn ich ehrlich war, war das nie etwas gewesen, was ich bei Männer sonderlich attraktiv fand. Die meisten Typen, die ich kannte oder besser gesagt gesehen hatte, die ihre Caps umgedreht auf dem Kopf trugen, hatte ich irgendwie für albern gehalten. Doch bei Ivo hatte das etwas.
Er lachte: ,,Danke. Ich fühl mich geschmeichelt." Mein Herz machte einen Satz und ich erschrak so sehr von meiner Reaktion, dass ich beinahe stehen geblieben wäre. Schnell setzte ich ein Lächeln auf, um das Ganze zu überspielen. ,,Dann gehst du heute Abend wenigstens als ganz du selbst zu diesem Lagerfeuer", meinte ich.
,,Apropos - was genau, hast du Julia erzählt, was wir sind? Soll ich wieder den Freund spielen?", fragte er und mir fiel das erste Mal auf, dass er, wenn er auf diese bestimmte Weise grinste, kleine Grübchen hatte.
,,Nein, dieses Mal habe ich dich als einen Freund vorgestellt, mit dem ich hier zusammen Urlaub mache", updatete ich ihn. ,,Good to know!"
Wir schwiegen einen Moment während wie nebeneinander hergingen. Das Auto hatten wir am Campingplatz stehen lassen, da das Wetter heute Nachmittag echt gut war. Die Herbstsonne schien schwach auf uns nieder und überall um uns herum fielen bunte Blätter von den Bäumen. Es war meine Definition eines perfekten Herbsttages.
,,Ich warne dich schonmal vor - ich denk ich werde heute Abend ein bisschen was trinken. Aber nur, dass du dir keine Sorgen machst, weil - naja, wir uns ja noch nicht wirklich lang kennen - ich weiß auch nach ein paar Bier noch, was richtig und was falsch ist", sagte er plötzlich so schnell, dass ich Mühe hatte, ihn zu verstehen. Er war sich ganz offensichtlich nicht sicher, ob er das hätte ansprechen sollen oder nicht. Ich war ehrlich gesagt froh, dass er es getan hatte.
Ich versuchte die Stimmung nicht zu ernst werden zu lassen und sagte daher grinsend: ,,Beruhigend - schließlich schlafen wir im selben Zelt!"
Ich war jedoch ehrlich beruhigt. Seit Julia uns eingeladen hatte, hatte ich mich gefragt, was für ein Alkohol Typ Ivo war. Ich hatte bereits mehrmals die Erfahrung gemacht, dass Männer mit denen ich mich am Tag ziemlich gut verstanden hatte und auf die ich meine beiden Hände verwettet hätte, dass sie keiner Fliege etwas zu Leide tun konnten, ausgetickt waren, nachdem sie getrunken hatten. Entweder wurden sie aggressiv oder sie wurden aufdringlich. Natürlich nicht alle, aber zu viele, um mir keine Gedanken darüber zu machen.
Ich hoffte einfach, dass Ivo eine recht reflektierte Selbstwahrnehmung hatte und das was er sagte, stimmte. Wenig später waren wir wieder bei unserem Zelt angekommen und vertrieben uns noch ein wenig die Zeit mit zahlreichen Runden Uno, welches wir uns auch im Supermarkt gekauft hatten. Gegen Abend schnappte ich mir ein paar Klamotten mit denen ich mich auf den Weg zum Waschhaus machte. Ich zog mir schließlich eine frisch gewaschene Jeans an und eines der Oberteile, welches ich ebenfalls gewaschen hatte, denn glücklicherweise stellte der Campingplatz nicht nur eine Küche zur Verfügung, sondern auch eine Waschmaschine und einen Trockner.
Als ich den Knopf der Hose schloss, strich ich über den Schnitt auf meinem Bauch. Der Schorf war mittlerweile komplett abgefallen und es war nur noch eine rosa Narbe zurückgeblieben. Bald würde sie hoffentlich so sehr verblassen, wie die Narbe darüber. Vergessen würde ich jedoch nie, wie ich zu ihr gekommen war.
Vor meinem inneren Auge sah ich wieder das Zimmer mit den glänzenden, cremefarbenen Mamorfliesen. Ich erinnerte mich an die Tür mit dem goldenen Griff an den ich mich geklammert hatte, um nicht zu fallen. An den ich mich geklammert hatte, um zu fliehen. Und an diesen einen Tag, an dem ich es tatsächlich geschafft hatte.
Ich hatte das Gefühl diesen Moment wieder zu erleben. Ich spürte förmlich den kalten Boden unter meinen nackten Füßen als die Tür hinter mir ließ und über den Flur in Richtung Haustür stolperte. Wie ich an dem Griff rüttelte, doch die Haustür sich nicht öffnen ließ.
Ich hörte seine Schritte im Flur hallen, als er gemächlich auf mich zu schlenderte. Ich drehte mich nicht um, schluchzte und rüttelte weiter am Griff, auch wenn ich wusste, dass es zwecklos war. ,,Tali, Tali. Mein kleines, dummes Mädchen! Denkst du wirklich, es wäre so einfach?" Lennox lachte.
Dann spürte ich seine Hände auf mir. Wimmerte, als er mich zu sich umdrehte. ,,Ich muss sagen, dass ich ein wenig enttäuscht bin. Ich dachte, wir hätten langsam eine Verbindung. Und kaum drehe ich mich einmal um, versuchst du abzuhauen. Du weißt, dass ich das nicht leiden kann. Und du weißt, was passiert, wenn ich etwas nicht leiden kann!"
Seine Finger schlossen sich um meinen Hals. Ich rührte mich nicht, denn ich hatte gelernt, dass es dann nur schlimmer wurde. Dass sein Griff stärker werden würde. Mit der anderen Hand griff der Mann zwischen uns und ich spürte, wie er mein Top anhob. Und dann Kälte. Schmerz. Ich zuckte zusammen. Hatte kein Messer gesehen, doch ich war mir sicher, dass er eins in der Hand hielt. Er lächelte, während seine Hand ein wenig fester zupackte und seine andere Hand, das Messer über meine Haut zog.
Dann fiel es mit einem Klappern zu Boden und ich sah aus dem Augenwinkel, wie er es mit dem Fuß bei Seite schob, ehe er sich vorbeugte. Sein Geruch umschloss mich. Eine Mischung aus Tabak, Wein und Lennox. Er drückte mir einen Kuss auf die Stirn. Ich wollte sterben.
Mit einer Hand umklammerte ich den Waschbeckenrand im Waschhaus des Campingplatzes, die Nägel der anderen Hand bohrten sich in meinen Arm als ich versuchte mich auf das hier uns jetzt zu konzentrieren.
Ich sah mich im Spiegel an. Sah die Tränen, die mir über die Wangen liefen. Spürte sie aber nicht. Ich spürte Leere. Versuchte Leere zu spüren. Ich wollte alles fühlen, außer Lennox. Ich versuchte meinen Atem zu beruhigen, der unwillkürlich schneller geworden war. Ich löste meine Nägel aus meiner Haut und hielt den Arm unters Wasser, um das Blut, welches schwach daraus hervorsickerte abzuwaschen. Dann drückte ich eines der Tücher auf meinen Arm und wartete, bis es aufhörte, ehe ich das Waschhaus verließ.
,,Ist alles okay?", fragte Ivo als ich zurück kam. Ich setzte ein Lächeln auf. ,,Ja, wieso?" Er zuckte die Schultern und musterte mich eine Sekunde. ,,Ich weiß nicht, du bist plötzlich so blass."
,,Nein, alles gut. Können wir?"
A.N.:
Hello ihr Lieben, ich wollte euch nur mitteilen, dass ich ab jetzt nicht vor jeder ggf. triggernden Szene eine Triggerwarnung setzen werde, da es immer wieder zu kurzen Flashbacks oder Erzählungen kommen wird, in denen Themen wie sexuelle Gewalt, PTBS und Panikattacken eine Rolle spielen werden. Ich hoffe, das ist okay für euch und ihr seid hiermit informiert. Danke an diese Stelle nochmal für jeden Read und jeden Like🖤 Bis zum nächsten Kapitel :)
Eure Catching011Alice
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Lo Que Necesitas - Was du wirklich brauchst
Romantik[Teil 2] VORSICHT: SPOILER ZU TEIL 1 Als Laurel dem Fremden die Tür öffnete, hätte sie nie damit gerechnet, dass er sie betäuben und entführen würde. Wieso auch? Sie hatte keine Feinde. Und doch war es passiert und sie fand sich in Spanien wieder. M...