Wishful Thinking - Gracie Abrams
,,Halt mal", sagte ich und drückte Jared meine Jacke in die Hand. Er begutachtete meinen Pulli. ,,Ich wusste gar nicht, dass du wieder in deine K-Pop Phase zurückgefallen bist." ,,Bin ich nicht. Ich brauchte einen auffälligen Pulli, damit sie uns findet!"
,,Woran erkennen wir sie denn?", fragte Jared und sah sich um. ,,Sie trägt ein gelbes Haarband und pinke Boots!" ,,Was für eine Kombi", meinte er und grinste. Ich stieß ihm in die Seite, auch wenn ich ein bisschen froh war, dass er immerhin wieder lächelte. ,,Sei kein Arsch!"
Ich spürte, dass mein Herz ein wenig schneller schlug als die ersten Passagiere des Flugzeugs, mit dem auch Nuria geflogen sein musste, den Ausgang ansteuerten. Und dann blitzte etwas gelbes in der Menge auf. Ein Mädchen mit einem gelben Stirnband. Ich versuchte ihre Schuhe zu erkennen, doch die Menge war zu dicht.
,,Kannst du die Schuhe erkennen?", fragte ich und deutete in ihre Richtung. Sie sah sich suchend um. ,,Pink", meinte Jared. Im selben Moment fiel ihr Blick auf uns. Er blieb an meinem Pullover hängen. Ich hob die Hand und machte einen Schritt auf sie zu. Sie zog ihren Koffer hinter sich her und steuerte unsere Richtung an.
Schon von der Ferne erkannte ich eine gewisse Familienähnlichkeit. Sie hatte genau wie Ivo dunkle Haare und in ihren Gesichtszügen konnte ich ihn ebenfalls erkennen. Sie war recht zierlich gebaut und dann stand sie plötzlich direkt vor uns.
,,Nuria?", fragte ich sicherheitshalber nochmal nach. ,,Hey, Laurel", sagte sie und lächelte ein wenig. Dann wandte sie ihren Blick in Richtung Jared und zog ihr Stirnband aus den Haaren.
,,Nice Outfit", sagte er auf englisch und sie errötete. Ich stieß ihm bemüht unauffällig in die Seite. ,,Nuria, das ist einer meiner besten Freunden - Jared."
,,Hi", sagte sie knapp, wandte dann aber ihren Blick wieder mir zu. ,,Du kannst mir deinen Koffer geben", sagte ich lächelnd auf Spanisch und streckte meine Hand aus. ,,Danke, aber das geht schon", meinte sie. Die Stimmung war angespannt, aber das hatte ich erwartet.
,,Okay, dann lass uns gehen", sagte ich und sah in Jareds Richtung. Er musterte Nuria mit einem für meinen Geschmack etwas zu düsteren Blick. Vielleicht hätte ich ihm nicht erzählen sollen, dass sie aus einer Mafiafamilie kam.
,,Reiß dich zusammen, Jared", zischte ich, während wir zu dritt den Ausgang ansteuerten. ,,Was mache ich denn?" ,,Guck ein bisschen freundlicher. Sie hat sich ihre Familie nicht ausgesucht", ermahnte ich ihn so leise wie möglich, obwohl Nuria uns ja nicht verstehen konnte. Ich warf ihr einen Blick zu.
Sie sah sich um, ihr Blick fuhr über die zahlreichen deutschen Schriftzüge an den Wänden, weiter zu den Menschen, um sie herum. Es war offensichtlich, dass sie sich fremd fühlte.
,,Warst du schonmal in Deutschland?", fragte ich wieder an sie gewandt. ,,Nein, ich bin das erste Mal hier", sie versuchte sich an einem Lächeln. Jetzt, wo sie direkt neben mir ging, fiel mir auf wie blass sie war. Ihre Augen waren außerdem noch ein wenig gerötet, sie schien geweint zu haben.
,,Ich weiß noch, als ich damals das erste Mal in Spanien war, fühlte sich alles fremd an. Aber das hat sich super schnell gelegt. Dir wird es bestimmt auch so gehen", versuchte ich sie irgendwie aufzumuntern. Sie nickte, sah aber wenig überzeugt aus. Wer konnte es ihr verdenken? Unsere Situationen waren von Grund auf verschieden. Ich war damals freiwillig weggeflogen, um eine gute Zeit an der Uni zu haben - sie war hier, um sich zu verstecken.
,,Sprichst du englisch?", fragte ich sie. Sie nickte. ,,Vielleicht können wir die Sprache wechseln, dann versteht Jared auch was", schlug ich lächelnd vor. Sie warf ihm einen flüchtigen Blick von der Seite zu. ,,Er spricht kein Spanisch?"
Ich schüttelte den Kopf. ,,Kein Wort." ,,Du hättest mich vorwarnen sollen, dann hätte ich mir den peinlichen Moment mit dem Stirnband ersparen können", sagte sie immer noch auf Spanisch und das erste Mal hatte ich das Gefühl, dass ihr Lächeln echt war.
,,Ach, er meinte das nicht ernst. Er hat nur Spaß gemacht", winkte ich ab. Jared hätte sich den Kommentar wirklich verkneifen können. ,,Lästert ihr gerade über mich?", schaltete er sich in dem Moment auf englisch dazu und sah uns an.
,,Na klar, über wen sonst", entgegnete ich grinsend und auch Nurias Lächeln verbreiterte sich. ,,Hab ich mir gedacht. Ganz schön frech, dass direkt vor meinen Augen zu machen", beschwerte er sich. ,,Du hast angefangen", sagte Nuria und ihre Blicke kreuzten sich.
,,Achso, und das rechtfertigt, dass ihr mir nachmacht? Wenn ich von einer Brücke springe, macht ihr das auch?", fragte er spöttisch grinsend. Ich verdrehte die Augen. ,,Ich finde, das ist Rechtfertigung genug. Aber so dumm, dir von einer Brücke hinterherzuspringen, wäre ich nicht!", entgegnete sie schlagfertig. ,,Da gebe ich ihr recht!", stimmte ich zu und begann mich ein wenig zu entspannen. Jared rollte mit den Augen.
Wir kauften Nuria ein Ticket und stiegen dann in die Bahn ein. ,,Aus welcher Stadt kommst du eigentlich?", fragte Jared an Nuria gewandt. ,,Ich komme aus Madrid", antwortete sie. Jared pfiff leicht durch die Zähne und fragte dann an mich gewandt: ,,Da hast du damals doch dein Auslandssemester gemacht oder?" Ich nickte.
,,An der UCM?", fragte Nuria. Ich nickte erneut. ,,Kannten du und mein Bruder sich von dort schon?" ,,Nein", meinte ich kopfschüttelnd und erinnerte mich an Ivos und mein Gespräch zurück. Wir wollten unsere Fotos checken um zu schauen, ob der andere auf einem Schnappschuss irgendwo im Hintergrund mit drauf war. Das hatte ich vollkommen vergessen.
,,Studierst du auch an der UCM?", fragte Jared. Sie schüttelte den Kopf und wurde ein bisschen rot, als sie sagte: ,,Ich gehe noch zur Schule!" Jared zog überrascht die Augenbrauen hoch. ,,Wie alt bist du denn?"
,,Was würdest du schätzen?", fragte sie und ich meinte sowas wie Herausforderung in ihrem Blick zu erkennen. Jared zuckte mit den Schultern: ,,Zwölf?" Er grinste und sie warf ihm einen Killerblick zu. ,,Dann wärst du wohl nicht davon ausgegangen, dass ich studiere!"
Ich versuchte mir ein Grinsen zu verkneifen. Die beiden schienen sich auf eine etwas seltsame Weise ganz gut zu verstehen. ,,Keine Ahnung, siebzehn?"
,,Ich bin im Januar sechzehn geworden", stellte sie richtig. ,,Oh wow, das ist jung", meinte Jared. ,,So jung nun auch wieder nicht!" Da hatte sie eigentlich recht. Gerade Jared sollte keine so großen Töne spucken, denn er war zu seinem Leidwesen der Jüngste in unserer Gruppe. Er hatte direkt nach der Schule angefangen zu studieren, während ich meine Zeit zunächst mit einem Aufenthalt in Panama verbracht hatte, nur um danach ein Semester in Deutschland zu studieren und dann ein Auslandssemester zu beantragen.
,,Wie alt bist du denn?", fragte Nuria nun an ihn gewandt. ,,Älter. Viel älter", sagte er und ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. ,,Du bist ein Spinner! So viel älter bist du nicht!", korrigierte ich ihn und er sah mich ein wenig beleidigt an.
,,Naja, aber ich bin im Gegensatz zu ihr kein Kind mehr." Ich sah aus dem Augenwinkel, dass Nuria sich auf die Unterlippe biss. Ich überlegte kurz ihm meinen Ellenbogen erneut in die Seite zu stoßen, da er sich gerade wirklich nicht von seiner sensibelsten Seite zeigte. Wenn Mädchen mit fünfzehn eins nicht hören wollen, dann ist das, von einem etwas älteren Typen als Kind abgestempelt zu werden.
,,Naja, wie auch immer. Wir müssen umsteigen!", versuchte ich das Gespräch wieder auf etwas sichereres Terrain zu bewegen.
A.N.:
Hey ihr Lieben,
na was haltet ihr bis jetzt von Nuria? Denkt ihr sie wird sich einleben?
Über Feedback und Votes freue ich mich wie immer sehr. ☀️Eure Catching011Alice
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Lo Que Necesitas - Was du wirklich brauchst
Romance[Teil 2] VORSICHT: SPOILER ZU TEIL 1 Als Laurel dem Fremden die Tür öffnete, hätte sie nie damit gerechnet, dass er sie betäuben und entführen würde. Wieso auch? Sie hatte keine Feinde. Und doch war es passiert und sie fand sich in Spanien wieder. M...