Treinta y siete

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Lonely - Machine Gun Kelly

Mein Herz donnerte in meiner Brust als der letzte Aufruf für Ivos Flug durch die Flughafenhalle ertönte. Der Check-In Schalter war bereits leer, weil alle weiteren Passagiere, das Flugzeug längst betreten hatten. 

,,Ich schätze, ich kann nicht länger warten, Osita. Sonst, verpasse ich meinen Flug", sagte er in einem scherzhaften Tonfall, um die angespannte Stimmung, die seit heute Morgen zwischen uns herrschte, ein wenig aufzulockern. Bei der Erwähnung meines Kosenamens wurde mein Herz gleich noch ein wenig schwerer und ich konnte die Tränen, die mich seit wir im Auto gesessen hatten, immer wieder zu überwältigen drohten, nicht länger zurückhalten. 

,,Hey, hey", murmelte er und zog mich sanft in seine Arme. ,,Ich werde dich so vermissen, Ivo", schluchzte ich, obwohl ich mich bemühte meine Stimme fest klingen zu lassen. ,,In ein paar Monaten wirst du dich gar nicht mehr an mich erinnern, Laurel", entgegnete er leise, doch konnte dabei die Niedergeschlagenheit nicht ganz aus seiner Stimme verbannen.

,,Das bezweifle ich", murmelte ich schniefend und er strich mir mit seiner Hand in kleinen Kreisen über den Rücken. Ich atmete seinen Geruch so tief ein, wie ich konnte, denn ich wollte ihn nicht vergessen. Um keinen Preis, wollte ich irgendwas von ihm vergessen, denn trotz seines Geständnisses verband ich mit ihm nichts als Sicherheit und Zuneigung. 

,,Ich hab dir meine Nummer in die Tasche gesteckt. Vielleicht können wir irgendwann mal telefonieren", gestand ich, ehe ich mich von ihm löste, da die Frau am Check-In Schalter ungeduldig auf ihre Uhr tippte. 

,,Danke! Sag auch deinen Eltern danke dafür, dass ich bei euch schlafen durfte", sagte er und sah lächelnd über meine Schulter, während er eine Hand zum Abschiedsgruß hob. Meine Eltern hatten darauf bestanden uns zum Flughafen zu begleiten und warteten ein wenig abseits auf mich. Ich wandte mich kurz zu ihnen um und sah gerade noch, wie sie Ivos Geste erwiderten.

,,Mache ich, aber wir haben zu danken. Ich habe zu danken, für alles, was du für mich getan hast, Ivo", entgegnete ich immer noch mit wackliger Stimme und wischte mit meinem Ärmel über meine Augen.

Ivo lächelte mich ein letztes Mal an, griff nach unserer Tasche und strich mir noch einmal über den Arm. ,,Pass auf dich auf", sagte er noch, doch ich konnte es nicht erwidern, denn ich wusste, dass ich dann abermals in Tränen ausgebrochen wäre. 

Und dann drehte er mir den Rücken zu, ging zum Schalter, wo sein Ticket gescannt wurde und er den Gang zum Flugzeug betrat. Er wandte sich noch einmal kurz um, winkte ein letztes Mal, was ich glücklicherweise schaffte zu erwidern und dann verschwand er aus meinem Sichtfeld. Es dauerte keine zwei Sekunden, da standen meine Eltern bei mir und legten mir die Arme um die Schultern. Ich hätte gern noch gewartete bis der Flieger abhob, doch der Mann, der uns begleitet hatte, damit wir überhaupt bis zum Check-In Schalter gehen durften, wollte wieder an seine richtige Arbeit zurück. 

Deshalb mussten wir die Flughafenhalle verlassen und ein noch beklemmeneres Gefühl legte sich über meinen Magen. Ich wusste, dass wir nicht direkt nach Hause fahren würden. Ich galt offiziell schließlich noch als vermisst und das mussten wir nun aufklären. Also würde unsere Fahrt beim Polizeirevier enden.

***

Ich saß in meinem Sitz und sah aus dem Fenster. Die Stadt wurde immer kleiner, je mehr das Flugzeug an Höhe gewann. Zeitgleich hatte ich das Gefühl, dass meine Brust mit jedem Meter, den wir uns von Hamburg entfernten, enger wurde. Es war ein Fehler zu gehen - sie war zwar zu Hause, doch ein Teil meiner Familie lebte in Deutschland. Was, wenn sie sie suchen würden? Vielleicht hätte ich bei ihr bleiben sollen. 

Doch ich konnte nicht. Ich hatte mein Studium bereits viel zu lange unterbrochen und musste trotz Unterbrechung weiter dafür zahlen. Außerdem war ich mir bewusst, dass das gestern Abend eine Ausnahmesituation war, denn Laurel hatte mir klar gemacht, wie sie zu der Tatsache, dass ich vom Familiengeschäft gewusst und nichts getan hatte, stand. Wäre ich heute nicht geflogen, wäre es niemals zu so einem Moment gekommen und es war letztendlich egal, ob ich geblieben wäre und sie den Kontakt abgebrochen hätte oder ob ich das Land einfach wieder verließ. So hatte ich immerhin noch etwas, zu dem ich zurückkehren konnte.

Beim Gedanken an die Nacht seufzte ich leise, denn ich vermisste sie bereits. Ihr Lächeln, was sie mir, je näher die Hoffnung nach Deutschland zurückzukehren rückte, immer häufiger geschenkt hatte. Ihre blauen Augen mit denen sie mich so verdammt intensiv angeschaut hatte, wie ich es bisher noch nie bei einem Menschen erlebt hatte. Ihre weiche, helle Haut, ihre Stimme und ihr Geruch. Einfach alles an ihr. 

Ich hatte mir mittlerweile eingestanden, dass ich in sie verliebt war. So verrückt das auch war, besonders wegen der Umständen unter welchen wir uns kennengelernt hatten. Doch ich konnte nicht leugnen, dass allein beim Gedanken an sie, mein Herz ein paar Takte schneller schlug. Ich hatte am Flughafen Mühe mich nicht von meinen Emotionen überwältigen zu lassen, besonders, da sie schluchzend in meinem Arm gelegen hatte. Doch ich wusste, dass das den Abschied nur noch schwerer gemacht hätte.

Außerdem hätten wir aus unterschiedlichen Gründen geweint, was die Situation noch beschissener gemacht hätte. Sie, weil sie mich als Freund vermissen würde, als Fels in der Brandung - denn, mir war bewusst, dass ich das für sie während der Wochen in Spanien gewesen war. Sie hatte mir selbst gesagt, dass sie keiner so verstehen würde, wie ich, weil ich von Anfang an dabei gewesen war. 

Und ich - ich hätte auch wegen all dieser Dinge geweint. Doch einige Tränen hätten ihr gegolten, als Frau für die ich viel mehr Gefühle hegte, als sie ahnte und dem Verlust von dem, was wir vielleicht irgendwann hätten haben können - was wir vielleicht irgendwann hätten sein können. 

Ich schluckte und griff nach einer der Zeitschriften, die im Sitz vor mir steckten. Was ich jetzt brauchte, war Ablenkung, denn das mit uns sollte nicht sein und je schneller ich das akzeptierte, desto schneller würde ich in mein altes Leben zurückfinden. 


A.N.:

Hello ihr Lieben,

ich hoffe, dass ihr schöne Feiertage hattet (wenn ihr Weihnachten oder etwas anderes feiert) und wünsche euch allen natürlich einen guten Rutsch ins neue Jahr :) 

Eure Catching011Alice

P.S.: Ich versuche jetzt wieder damit anzufangen, bei jedem Kapitel einen Song zu verlinken. Bei den vorangegangenen Kapiteln werde ich das hoffentlich irgendwann nachholen ;)

Lo Que Necesitas - Was du wirklich brauchstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt