Ein guter Tag um glücklich zu sein

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Dottie

„Frische Brötchen!"
„Eier, gelegt am heutigen Morgen! Nur von den grandiosesten Zuchthennen!"
„Der beste Fisch, den ihr je gekostet habt!"

Musik in ihren Ohren - das bedeutete das Geschrei der Händler für Dottie. Fröhlich gestimmt, wie an jedem Tag, spazierte die junge Zofe über den großen Marktplatz, der zur Hauptstadt Bardos gehörte. Der eigens geflochtene Korb schwang in ihrer Hand dabei von vorne nach hinten und wieder zurück.

Sie schenkte jedem Verkäufer, der ihrem Blick begegnete, ein warmes, aufrichtiges Lächeln und besah sich die verschiedenen Waren.

Eigentlich zählte die Besorgung von frischen Lebensmitteln für die Küchenarbeiter nicht zu den Aufgaben, die einer Frau ihres Ranges üblicherweise  zuteil wurden, doch sie hatte Glück, dass sich Königin Marianna anders entschieden hatte. Dottie entstammte einer Bäckersfamilie und hatte mehr als nur einmal unter Beweis gestellt, dass sie ein Auge für köstlich schmeckende Gebäckstücke besaß und auf diese Gabe wollte die Majestät nun nicht mehr verzichten.

Somit hatte sie den Auftrag erhalten, sich an jedem Morgen um das Frühstück zu kümmern und eben jene Sache kostete die Rothaarige in vollen Zügen aus.

Sie war auf diesen Straßen aufgewachsen, kannte die Händler und wusste genau, an welchem Stand sie die herzhafteste Wurst für den König, das frischeste Brötchen für die Königin und den süßesten Honig für den Thronfolger bekam.

Doch der heutige Tag unterschied sich von anderen, denn sie hatte für einen gefüllten Magen mehr Sorge zu tragen. Von Flora, einer weiteren Zofe der Majestät, hatte sie die Aufgabe überreicht bekommen, sich auch um ein passendes Frühstück für die Prinzessin aus Terosa zu kümmern.

Hin und wieder hatte die Zofe von Terosa gehört - dem Land der Blumen und des Lichts, doch über das Essen dort hatte sie nie etwas erfahren.

Da auch kein anderer die Vorlieben des adligen Gastes zu kennen schien, hatte sich Dottie kurzerhand dazu entschieden, ihr einfach mehrere Delikatessen aus Bardo zu besorgen. So war ihr Korb rasch gefüllt mit allerhand Lebensmitteln, die sie sonst nicht erwarb, von denen sie aber wusste, dass sie so manch einen Gaumen verzücken konnten.

Der Weg bis zum Schloss war nicht sonderlich weit, weshalb sie wie an jedem Tag, an dem es nicht in Strömen regnete, darauf verzichtet hatte, die Kutsche zu nehmen. Lieber genoss sie die Luft der Stadt, auch wenn diese nicht gerade die wohlriechendste war und vertrat sich etwas die Füße.

Als sie die Küche erreichte, stellte sie den bis zum Rand befüllten Korb auf der Arbeitsfläche ab und lief zu dem Küchenjungen hinüber, der um zwei Jahre jünger war als sie. „Bin zurück", verkündete sie mit einem Grinsen im Gesicht, das von ihrer immerwährenden Fröhlichkeit zeugte.

„Gibt es denn einen Grund, aus dem du auch heute wieder so glücklich bist?", wollte Jaron wissen, der ihre anhaltende gute Laune zwar gewohnt war, sie allerdings nicht verstehen konnte.

„Ist denn nicht jeder Tag ein guter Tag, um glücklich zu sein?", stellte sie ihm eine Gegenfrage und beobachtete ihn dabei, wie er frische Kamille in einen Topf voller siedend heißem Wasser gab. Seine Stirn glänzte aufgrund des Schweißes, doch ehe auch ein Tropfen von der körpereigenen Flüssigkeit hinunter tropfen konnte, wischte er das schwitzende Gesicht mit einem Lappen aus braunem Stoff ab.

„Ich war in der Stadt und habe einige Köstlichkeiten besorgen können. Würdest du sie mir anrichten?" Ein sanftes Lächeln umspielte Dotties volle Lippen und sie pustete sich eine der roten Strähnen aus dem Gesicht, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatten.

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