Eine Frau wie sie

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Clair

Das Gefühl der Sorge brannte gleich einem alles vernichtenden Feuer in ihrer Brust.
Es fraß sich ganz tief in ihr Herz und wollte es in Stücke reißen, aber noch gab sie sich nicht geschlagen und ließ sich nicht von den Fluten der Angst hinfort tragen.

Es wird alles gut gehen. Ganz bestimmt.
Immer weiter schritt sie auf und ab, konnte gar nicht mehr stillstehen, denn sobald ihre Füße Ruhe fanden, brach das Chaos in ihr aus.

Fragen zwängten sich ihrem Geiste auf, die sie sich nicht stellen wollte. Was, wenn Theon und Hunter bereits tot sind? Was, wenn die königliche Garde meinen Schilderungen gar nicht folgen konnten?

„MyLady, das Bad ist fertig", dröhnte die Stimme der Zofe an ihr Ohr, doch Clair schien sie gar nicht wirklich zu hören, so gefangen war sie in ihrer eigenen Welt der Sorge.
Erst als sich die Hand der Bediensteten behutsam an ihren Arm legte, realisierte die Prinzessin ihre Anwesenheit.

„Ein Bad?!", murrte sie und entriss sich anschließend der gut gemeinten Berührung. „Wie kann der König nur glauben, dass es ein Bad ist, das ich nun brauche?!"
Die Hitze der Wut schoss ihr in die Wangen und färbte sie rot. Es war das eine gewesen sie sofort nach ihrem Eintreffen am Hofe von Bardo wieder nach Terosa schicken lassen zu wollen, doch zu glauben, sie könnte sich einfach in einem Kübel heißen Wassers niederlassen, während ihr Versprochener in diesem Moment um sein Leben bangen musste, war eine ganz andere.

Die Zofe senkte betreten den Blick, sagte aus Furcht Clairs Zorn nur noch weiter anzustacheln kein Wort mehr.

„Ich will ihn sprechen! Jetzt!", herrschte diese sie dennoch an. Der Tonfall ließ keinen Widerspruch zu.
Zögerlich setzte sich das junge Ding, das noch nicht lange für den Adel arbeiten konnte, so krumm wie die Haltung ihres Rückens war, in Bewegung.

Während Clair darauf wartete eine Antwort zu erhalten, lief sie auf das große Fenster zu, das auf das offene Meer zeigte.
Sie betrachtete das wild rauschende Gewässer und erinnerte sich an den vergangenen Abend, als die Männer des Königs unerwarteter Weise im Hause ihrer Gastgeber aufgetaucht waren.

Ein Bewohner des Dorfes hatte Clair erkannt und die Botschaft an den Palast weitergereicht. Der König hatte nicht lange mit sich gehadert, sofort nach ihr schicken und sie zurückbringen lassen.

Selbstverständlich hatte sie ihm dann von all dem erzählt, was geschehen war und ihm auch bestmöglich den Weg vom Dorf, in dem Ari und Fia lebten, bis hin zur Siedlung geschildert.
Zwar hatte sie auf ihrer Flucht irgendwann die Orientierung verloren, doch grobe Eckpunkte waren ihr dennoch im Gedächtnis geblieben. Es war nur fraglich, ob diese am Ende auch wirklich ausreichen würden, um die Rebellengruppe zu finden.
Sie hoffte es inständig, denn wenn dem nicht so war, dann würden Theon und Hunter den Tod finden und dies noch am heutigen Tag.

Immerhin hatte Clair bereits eine gute Sache bezwecken können. Sie hatte um Gnade für Fia gebeten, mit der Begründung, dass sie und ihr Bruder ihr das Leben gerettet hatten.
Der König hatte sein gesprochenes Urteil daraufhin ohne zu zögern fallen lassen.

Schritte ertönten draußen auf dem Gang und nur einen Moment später flog die Tür zu ihrem Gemach auf.
Sie wandte dem König den Blick zu, faltete die Hände vor ihrem Körper und bemühte sich um eine aufrechte Haltung. „Gibt es Neuigkeiten?", wollte sie wissen, wahrte dabei ihre gefasste Fassade.
Nun war sie wieder am Hofe und dort gab es eine gewisse Etikette zu befolgen. Sie konnte es sich nicht leisten schwach und unbeholfen zu wirken.

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