Im Blau der Unendlichkeit

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Clair

Ein Tag war vergangen, seit Ari sie im Wald aufgelesen und mit in sein Dorf genommen hatte.
Ein Tag, der schöner nicht hätte sein können. Noch nie in ihrem Leben hatte Clair sich so frei gefühlt, wie in dieser Zeit.

Fia, die Schwester des Mannes, den sie mittlerweile zu ihren Freunden zählte, hatte ihr unmittelbar nach ihrer Ankunft ein Bad eingelassen und auch wenn das Wasser kalt gewesen war, hatte es unglaublich gut getan. Anschließend hatte sie ihr eines ihrer schlichten Kleider geschenkt und ihr etwas zu essen zubereitet. Zum Dank hatte Clair ihr an diesem Abend vorgesungen, hatte dabei ihr strahlendes, sorglos wirkendes Lächeln betrachtet und die roten Haare, die wie Wellen aus Feuer über ihre Schultern gefallen waren.

Fia war schön und das nicht nur äußerlich. Unweigerlich hatte sich Clairs Herz bei dem Gedanken daran verkrampft, dass diese unschuldige Seele womöglich schon in sechs weiteren Tagen ihrer Leichtigkeit beraubt werden würde.

Trotz dessen, dass Aris Bett aus Stroh und schlecht verarbeitetem Stoff nicht gerade bequem gewesen war, hatte Clair wie ein Stein geschlafen. Vermutlich war es das Gefühl der Sicherheit gewesen, das sie so tief hatte schlummern lassen.
Als sie aufstand schickte die Sonne bereits ihre kräftigen Strahlen durch die dreckigen Fenster und beleuchtete das wenige Mobiliar, welches das Zimmer des jungen Mannes ausschmückte.
Es bestand lediglich aus dem Schlafplatz, einem halb auseinanderfallenden Schrank, und einem Arbeitstisch mit Stuhl, der aber über und über mit Stoffen in Braun, Weiß und Schwarz bedeckt war und nicht mit Papieren, Federn und Tintenfässern.

Sich vor Müdigkeit die Augen reibend setzte Clair sich auf. Ihre nackten Füße berührten dabei das weiche Schafsfell, das vor dem Bett lag.
Sie strich sich einzelne braune Strähnen aus dem Gesicht, bevor sie aufstand.

Als sie den kleinen Raum verließ, blickte ihr sogleich eine freudestrahlende Fia entgegen, die gerade dabei war den Dielenboden zu fegen. „Guten Morgen."

„Den wünsche ich dir ebenfalls", entgegnete Clair, sogleich von der guten Laune angesteckt. „Ist dein Bruder gar nicht da?"

Wie aufs Stichwort öffnete sich just in dieser Sekunde die Tür der Hütte und Ari trat ein. Sein rostbraunes Haar klebte ihm an der schweißnassen Stirn und in seiner Hand baumelte, befestigt an einem Strick, ein toter Auerhahn.
„Na sieh mal einer an, die Prinzessin ist aus ihrem Schlaf erwacht."

Sofort begann Clairs Herz zu rasen. Wieso nannte er sie so? Konnte es sein, dass er die Wahrheit herausgefunden hatte? Wusste er, wer sie wirklich war?

Sie war so verdutzt und erschrocken, dass sie ihm keine Antwort schenkte, weshalb er etwas verunsichert klingend nachsetzte: „Magst du es nicht, wenn man dich so nennt? Falls das so ist, dann verzeih mir bitte. Ich habe meine Zunge von Zeit zu Zeit einfach nicht unter Kontrolle. Dann ist sie schneller, als mein Verstand."

Als sie begriff, dass er sie nicht aus purem Ernst als Prinzessin betitelt hatte, atmete Clair erleichtert aus. „Nein, mir tut es leid", entschuldigte sie sich daher unverzüglich. „Ich war mit den Gedanken an einem anderen Ort."

Ari legte den toten Vogel auf dem Tisch ab, an dem sie am Abend zuvor gemeinsam gegessen hatten. Daneben platzierte er seinen Bogen, den Köcher stellte er auf einen der drei Stühle.
„Wo warst du denn mit deinen Gedanken?"

„Etwa bei deinen Liedern?" Fia seufzte völlig verzückt und verräumte den Besen, um sich anschließend an die Zubereitung ihrer heutigen Mahlzeit zu machen.
Sie befreite den Auerhahn vom Strick und begutachtete ihn. „Ein schönes Tier. Fett und wohlgenährt. Das wird uns auf jeden Fall sättigen", meinte sie an ihren Bruder gerichtet. „Dazu etwas frisch gebackenes Brot und die Mahlzeit könnte besser nicht mehr werden. Hast du schon mal einen Vogel gerupft?" Neugierig blinzelte sie Clair an. Die Frage von zuvor schien bereits vergessen.

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