Kapitel 4: Mit dem Feind auf der Flucht

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Ella


Reflexartig duckte ich mich. Meine Schnelligkeit war einmal mehr der Grund dafür, warum ich noch lebte, denn diese Typen da draußen hatten keine Skrupel direkt durch das Fenster zu schießen. Schnell krabbelte ich zur Abstellkammer. Jetzt zählte jede Sekunde.

Reagan sah mich mit einer Mischung aus Verwirrung und Müdigkeit an. Die Schüsse mussten sie nur Sekunden zuvor geweckt haben.

„Wir müssen weg! Zieh meine Ausrüstung an und dann verschwinde durch den Hinterausgang!", befahl ich ihr. Ich selbst schnappte mir meine Handfeuerwaffe und rannte den Chinesen wieder entgegen. Reagan würde nur fliehen können, wenn ich die zwei Männer in Schach hielt.

Sie kamen wie erwartet durch die vordere Tür. Wild und ohne Plan schossen sie durch die Hütte. Denen hatte offensichtlich niemand den korrekten Umgang mit Waffen beigebracht. Ich suchte Deckung hinter einer Kommode. Nun galt es strategisch vorzugehen. Munition nachladen ging nicht, also musste ich mit acht Schüssen auskommen.

Reagan kam aus unserer kleinen Schlafkammer herausgestürzt, blieb aber an der Türschwelle stehen, da sie andernfalls geradewegs ins Sichtfeld der Angreifer gelaufen wäre. Hilfesuchend sah sie mich an.

„Auf drei rennst du los. Ich gebe dir Rückendeckung", schilderte ich ihr den Plan. Sie nickte nur. Kein lockerer Spruch, kein unangemessener Witz kam mehr über ihre Lippen. „Eins ... zwei ... drei!"

Reagan rannte, ich schoss. Vier Kugeln verließen mein Magazin. Eine davon traf den kleineren der beiden Männer, der leblos zu Boden ging. Der andere jedoch erwiderte unermüdlich das Feuer.

In geduckter Haltung folgte ich Reagan nach draußen. Sie hatte einige Meter Vorsprung, aber ich holte sie schon bald ein. Meine Ausrüstung wog ein paar Kilo und sie war das Zusatzgewicht nicht gewohnt, entsprechend schwer fiel ihr das Rennen.

Noch hatten wir einen Verfolger hinter uns, den wir abhängen mussten, doch wir waren einfach zu langsam. Tja, wie sagt man so schön: Angriff ist die beste Verteidigung.

„Wir schaffen es nicht", erkannte auch Reagan.

„Ich weiß. Wir schießen zurück." Reagan griff nach meiner zweiten Pistole, die in meiner Einsatzweste verstaut war. Sie zielte auf den näherkommenden Angreifer und drückte ab, jedoch ohne die Waffe vorher entsichert zu haben.

„Ist die kaputt!?" Sie drückte noch mehrmals panisch den Abzug. „Das scheiß Teil ist hinüber!" Einmal mit Profis arbeiten ...

„Du hast noch nie im Leben eine Waffe in der Hand gehabt, habe ich recht?" Noch bevor Reagan reagieren konnte, wurde sie niedergeschossen. Fuck! Da war ich für eine Sekunde unaufmerksam.

Augenblicklich zückte ich meine Waffe und schoss zurück. Mein erster Schuss ging daneben, der zweite ebenso. Dann streifte mich eine Kugel des Chinesen am rechten Arm. Der Schmerz ließ mich kurz zusammenzucken. Ohne nachzudenken, nahm ich die Pistole in meine schwächere linke Hand. Zwei Schüsse. Ich hatte noch zwei Schüsse, die über Leben und Tod entscheiden würden. Kurz hintereinander feuerte ich sie ab. Treffer. Beide in den Kopf. Fuck, war das knapp!

„Reagan!" Ich beugte mich zu ihr herunter. Sie stöhnte auf und hielt sich den Bauch. Von einem Projektil getroffen zu werden tat selbst mit einer schusssicheren Weste höllisch weh, aber mehr als einen blauen Fleck wird sie nicht zu befürchten haben.

„Dein Job ist echt beschissen", merkte sie an.

„Wenn es Leute wie dich nicht gäbe, bräuchte es diesen beschissenen Job gar nicht erst."

„Hey, ich schieße nicht wie ein Wilder um mich und töte Menschen. Ich setze mich für den Frieden ein", verteidigte sie sich vehement. Ich konnte es nicht leiden, wenn sich Aktivisten für die Gutmenschen schlechthin hielten. Mochte sein, dass ihre Ziele ehrenwert waren, aber die eingesetzten Methoden waren es nicht.

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