Kapitel 13: Urlaub im Gericht

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Ella


Wangs frisch renoviertes Büro wirkte modern und hochwertig. Die dunkle Wandfarbe gab dem Raum endlich die Seriosität, die mein Chef ebenso ausstrahlte. Im Stillen saß ich auf dem Stuhl vor seinem Schreibtisch und wartete auf Anweisungen. Wang suchte noch einige Dokumente zusammen, dann wandte er sich mir zu.

„Wie geht es Ihnen Agent Wright?", wollte er wissen.

„Ich bin müde, aber das wird sich in einigen Tagen sicher legen", gab ich ihm eine ehrliche Antwort. Körperlich fühlte ich mich einigermaßen fit, doch psychisch hinterließen die letzten zwei Wochen ihre Narben.

Die letzte Nacht hatte ich Albträume von der Folter. Manchmal war ich selbst es, die dort lag und drohte zu ertrinken, meistens sah ich aber Reagan dabei zu. Sie schrie nach Hilfe, doch ich konnte mich nicht bewegen. Ich konnte nur warten, bis mich ihre Schreie aus dem Schlaf rissen.

„Verständlich. Sie sind gestern erst nach Hause gekommen. Ich erwarte nicht, dass sie sofort wieder einsatzbereit sind. Daher schlage ich vor, sie schreiben noch den Bericht zur Mission und nehmen sich bis zum Ende der Woche frei." Das Angebot nahm ich nur zu gerne an. Drei Tage Urlaub waren genau das, was ich brauchte.

„Danke, Sir." Er nickte mir freundlich zu und gab mir das Zeichen an die Arbeit zu gehen. Ich hatte schon die Türklinke in der Hand, da drehte ich mich noch einmal um.

„Wissen Sie etwas von Sousa?" Ich konnte es einfach nicht sein lassen. Ich musste wissen, was mit ihr passieren wird.

„Sie hat dem Deal der Staatsanwaltschaft zugestimmt. Sousa liefert uns Insider Informationen und bekommt im Gegenzug volle Straffreiheit zugesichert. Morgen wird die Anhörung sein", teilte er mir mit.

Ich begrüßte Reagans Entscheidung oder treffender ausgedrückt, ich jubelte innerlich, so erfreut war ich darüber, dass sie sich für die Freiheit und gegen Makro entschied.


So oder so ähnlich musste es sich anfühlen seinem Partner fremdzugehen. Mit schlechtem Gewissen dachte ich an meine Worte von heute Morgen zurück. Joel machte mir Kaffee, während ich ihm schamlos ins Gesicht log. Er wusste nichts von meinem Urlaub, er glaubte mich auf der Arbeit. Schließlich hatte ich ihm genau das vermittelt. Und wieso? Aus zwei guten Gründen. Zum einen wollte ich Joel, sowie den Hochzeitsvorbereitungen aus dem Weg gehen und ich befürchtete, wenn er von meinem Urlaub wüsste, würde das keine Option mehr sein. Aber der noch viel wichtigere Grund war sie. Reagan Sousa.

Ihretwegen stattete ich dem Gericht an meinen freien Tag einen Besuch ab. Das vor Joel zu rechtfertigen wäre ein Ding der Unmöglichkeit. Also log ich einen Mann an, mit dem ich seit drei Jahren zusammen war, um eine Frau zu sehen, die ich seit zwei Wochen kannte. Absolut nachvollziehbares Verhalten oder nicht?

Heute Morgen rief ich Richterin Barret an, die mit Reagans Fall beauftragt wurde. Ich kannte sie bereits aus ein paar anderen Fällen. Sie gab mir netterweise die Erlaubnis dem Treffen beizuwohnen. Es war keine Seltenheit, dass Agenten Aussagen vor Gericht tätigten, schließlich waren wir oft wichtige Zeugen.

Da Reagan dem Staat sensible Informationen über Makro zugesichert hatte, würde die Anhörung im Büro der Richterin hinter verschlossenen Türen stattfinden. Dem Anlass angemessen, kleidete ich mich mit meinem typischen Gerichtsoutfit bestehend aus einer grauen Seidenbluse und einem dunklen Blazer. Die Haare trug ich wie gehabt in einem straffen Zopf.

Vor Richterin Barrets Büro warteten zwei Polizisten, die mich vorbeiließen, nachdem ich mich auswies. Reagan und ein älterer Mann, der wohl ihr Anwalt war, saßen mit dem Rücken zur Tür in dem kleinen Raum. Die Frau in der Robe belehrte sie gerade über ihre Rechte und ließ sich auch von meinem Eintreten nicht daran hindern.

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