Hacking a Heart

Kapitel 23: Reagan Sousa

Reagan

Erst war sie ein notwendiges Übel, Teil des Plans. Sie spielte ihre zugedachte Rolle perfekt. In jederlei Hinsicht eine Meisterleistung, die weder Walker noch ich in dieser Perfektion und in diesem Ausmaß erwarteten.

„Es ist ein Jammer. Mit dieser CIA-Agentin hast du dich selbst übertroffen und doch stehen wir nun ohne Ergebnisse da." Walker schnaufte verärgert. Es sollte das letzte Mal sein, dass ich mich mit ihm abgab. Zumindest wenn es nach mir ginge.

Vor fünf Jahren nahm ich im Rahmen eines Hackathons zum ersten Mal Kontakt mit ihm auf. Er wirkte unscheinbar mit seinen braunen Augen hinter der viel zu großen Brille und den dunkelblonden Haaren, die er sich über die Jahre hat, lang wachsen lassen. Doch hinter diesem einfachen Mann steckte ein Genie. Kaum älter als ich, aber mit einer klaren Vision vor Augen: Eine bessere Welt für die Generationen nach uns schaffen. Wer wenn nicht wir, die Götter des digitalen Zeitalters, sollten sich dieser ambitionierten Aufgabe annehmen. Wir lebten in einer Informationsgesellschaft und im Beschaffen eben dieser Informationen waren wir die Besten.

Walkers Vision führte schließlich zur Gründung Makros. Er weihte mich früh in das Projekt ein, sah mein Potential und machte mich zu so etwas wie seiner rechten Hand. Walker tüftelte die verrücktesten und genialsten Pläne aus, die ich umzusetzen versuchte. So wie ich es auch in China tat.

„Du weißt, wieso du kommen solltest." Mir war ungewohnt unwohl dabei ihn in meine Wohnung zu lassen, aber noch zwang mich die Fußfessel meinen Hausarrest abzusitzen. Bereits drei Wochen saß ich hier fest in dieser traurigen Bude, die man fast komplett leergeräumt hatte. Meine Möbel ließen sie mir noch, aber die gesamte Technik, mein wertvollster Besitz, wurde mir entrissen. Bald werde ich mir ein neues Arbeitszimmer aufbauen, aber momentan bevorzugte ich es noch ein paar Tage in Selbstmitleid zu versinken.

„Du hast vor uns zu verraten", stellte Walker in all seiner Nüchternheit fest. Dass er es war, der von Verrat sprach, brachte mich fast zum Lachen. Nicht ich verriet Makro, sondern er. Walker machte daraus diese morallose Terroristenvereinigung, die Makro nun war. Seine verdammte Ungeduld zerstörte jahrelange harte Arbeit.

„Du tötest Menschen", konfrontierte ich ihn mit dem schlimmsten seiner Vergehen.

„Der alte Weg funktioniert nun mal nicht. Was haben wir in den letzten fünf Jahre erreicht? So gut wie nichts, aber jetzt endlich hören uns die Menschen zu." Was für eine lächerliche Begründung.

„Sie hören zu, weil sie sich fürchten. Wir haben immer gesagt, dass keiner durch unser Handeln verletzt werden soll. Das war dein Leitsatz, dein Mantra und jetzt trittst du deine eigenen Prinzipien mit Füßen", beschuldigte ich ihn. Es machte mich wütend und traurig zugleich, dass er sich so fundamental zum Schlechten wandelte.

„Ich mache das nicht gerne, Rea. Wenn es einen anderen Weg gäbe, würde nichts hiervon geschehen, aber so ist die Welt nun mal. Wer radikale Veränderung möchte, muss radikale Wege finden diese zu erzwingen." Wegen Menschen wie ihm, war die Welt doch erst so verdorben.

Heute bereute ich es mein Leben für ihn und Makro aufs Spiel gesetzt zu haben. Und doch tat ich es damals, denn sein Plan klang simpel, aber außerordentlich gerissen.

‚Schaut zu, dass ihr die Aufmerksamkeit der CIA auf euch zieht, hängt euch an einen Agenten und stattet mit ihm zusammen dem chinesischen Geheimdienst einen Besuch ab, um Informationen abzugreifen. Auf diesem Wege werdet ihr eine Chance haben heil in die Staaten zurückzukehren.' Das waren seine Worte.

Es lief ab wie es immer ablief. Ich setzte seine Idee in die Tat um. Alles genaustens durchgetaktet, für jede Eventualität einen Plan B in der Hand und wenn alles nichts half, würde improvisiert werden. Und die Mission in China war zu 90 Prozent das. Reine Improvisation.