Kapitel 40: Mission Liebe

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Reagan


Das Jahr neigte sich dem Ende zu. Draußen schneite es und allmählich schmückten immer mehr Nachbarn ihre Fenster und Balkone mit verträumter Weihnachtsdekoration. Der Anblick war schön, aber ich ahnte bereits, dass wir an den Feiertagen selbst kein weiß mehr sehen werden, sondern ein tristes grau. So war es doch immer.

Wer hätte Anfang des Jahres gedacht, dass ich nun hier sein würde. Hier in Washington in einer schicken Wohnung, die ich mir mit einer CIA-Agentin teilte. Eine toughe Spezialagentin, die sicherlich nicht nur einmal daran dachte mich umzulegen. Nun war diese Agentin meine Freundin, die Frau, mit der ich mir zum jetzigen Stand erhoffte etwas Großes aufzubauen.

Ich liebte Ella. Ich war verrückt nach ihr. Am liebsten würde ich jeden Tag mit ihr verbringen wollen, aber die Realität sah anders aus. So langsam beneidete ich Joel um seine Unwissenheit. Ich hatte es einfach unterschätzt. Das wochenlange, einsame Warten auf die Frau, der dein Herz gehörte, wissend jeden Moment könnte ein schicksalhafter Anruf kommen, bei dem man mir mitteilen würde, dass sie nie wieder heimkehrte.

Das Einzige, was gegen die ständigen Sorgen und Ängste half, war mich in Arbeit zu vertiefen. Da ich nun seit einigen Monaten als Freelancerin mein Glück versuchte, konnte ich mir die Zeit flexibel einteilen. Wenn Ella zu Hause war, nahm ich mir frei, damit wir die Tage zu zweit in vollen Zügen auskosten konnten. Und wenn sie im Ausland war, arbeitete ich dafür doppelt so viel.

So schwankte unser Alltag zwischen zwei Extremen. Die Wochen der Liebe und die der Arbeit. Ersteres bevorzugte ich, aber wir mussten uns auch eingestehen, dass wir beide die Arbeit brauchten. Seit ich frei entscheiden konnte an welchen Projekten ich mitwirkte, hatte ich viel mehr Spaß am Geld verdienen. Unsere Jobs waren unsere Passion und wir würden nicht ohne glücklich werden. Vor allem Ella nicht.

Bedauerlicherweise hatte ich gestern meinen letzten Auftrag abgeschlossen, doch meine Freundin war nicht bei mir. Seit zehn Tagen trieb sie sich irgendwo im Nahen Osten herum. Keine Nachricht, kein Anruf. Ich wusste nicht, wann sie wiederkommen würde. Ob sie wiederkommen würde ...

Ihre Kollegen konnte ich auch nicht kontaktieren, da keiner bei der CIA von ihrer Beziehung zu mir erfahren durfte. Nach dem Schaden, den ich ihrem Arbeitgeber zufügte, wäre es untragbar, dass eine Agentin mit mir liiert war. Man würde Ella jeden weiteren Kontakt zu mir verbieten und sie, im Falle der Missachtung dieser Vorgabe, feuern.

Traurig beobachtete ich die Nachbarschaft aus dem Fenster. Kinder spielten im Schnee, Postboten trugen Briefe aus. Nichts Außergewöhnliches passierte. Schade, ein wenig Ablenkung würde meinem Gemüt guttun.

Zehn Tage. So lange war Ella noch nie weg. Sie meinte es würde nicht mehr als eine Woche dauern, doch ich wartete noch immer. Bitte komm wieder, Ella. Bitte!


Meine Gebete stießen wohl auf offene Ohren, denn noch während ich um ihre Rückkehr flehte, hörte ich das schönste Geräusch auf Erden. Die sich öffnende Apartmenttür.

So quälend die Zeit ohne Ella war, so befreiend fühlte sich ihre Heimkehr an. Ich sprintete zur Tür und fiel meiner Freundin überglücklich in die Arme.

„Endlich. Ich habe dich so vermisst." Es waren immer die gleichen Worte, mit denen ich sie in Empfang nahm. Ich küsste sie mehrmals kurz auf den Mund und inspizierte dann ihr Gesicht. Kein Kratzer, Ella ging es gut. Zumindest körperlich. Letztes Mal kam sie mit einem verstauchten Arm wieder.

„Ich bin so froh wieder bei dir zu sein." Es waren auch immer die gleichen Worte, die Ella erleichtert ausstieß. Hier war ihr zu Hause, ihr sicherer Hafen und der Ort, an dem sie ihren Schmerz abladen konnte. Ich wusste, dass ihr das in ihrer letzten Beziehung verwehrt wurde, umso schöner musste es sich anfühlen auch mal schwach sein zu können. „Ich liebe dich."

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