Kapitel 25: Bester Service

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Reagan


An diesem Abend kam Ella mit zu mir. Nicht weil wir Sex haben wollten, nicht einmal, um zu reden. Nein, sie kam einfach mit, um bei mir zu sein. Das Hotel war in ihren Augen öde und so freute sie sich darauf mein bescheidenes Heim kennenzulernen. Und das war es in der Tat. Bescheiden. Denn alles was ich ihr gerne mit Stolz präsentiert hätte, war noch immer im Besitzt der Chinesen, die meinen Kram vermutlich schon längst vernichtet hatten.

Wir schliefen also gemeinsam in meinem Bett ohne große Annährungsversuche. Noch blieben wir beide vorsichtig, aber allein der Fakt, dass Ella neben mir lag, nachdem wir wochenlang keinen Kontakt hatten, bewies mir wie stark unsere Gefühle waren. Mit einem Fundament wie diesem konnte eigentlich gar nichts mehr schief gehen. Was jetzt folgte musste unweigerlich in Liebe münden. Und wo Liebe war, war Schmerz bekanntlich nicht weit.


Am nächsten Morgen, noch bevor Ellas Kurs losging, schleppte ich sie zu meiner Mutter zum gemeinsamen Frühstücken.

„Du willst mich jetzt schon deiner Mom vorstellen? Wird das nicht komisch?", äußerte Ella ihre Bedenken.

„Quatsch, meine Mom ist total umgänglich. Und ich werde dich ja nicht als meine Freundin vorstellen. Was soll da schon schief gehen?", beruhigte ich sie. Für mich war es gang und gebe Freunde mit zu meiner Mutter zu nehmen. Wäre doch eine Verschwendung, wenn nur ich in den Genuss ihrer Kochkünste käme.

Das Frühstück fand, wie ich es voraussagte, unter angenehmer Atmosphäre statt. Meine Mom unterhielt sich nett mit Ella und löcherte sie mit Fragen. Nichts davon war in irgendeiner Weise unangenehm, aber als Ella von ihrem Job berichten sollte, nahm ich zum ersten Mal wahr, wie oft sie in ihrem Leben lügen musste.

Sie erzählte ausführlich von ihrer Arbeit als Sekretärin inklusive irgendwelcher witzigen Anekdoten, die ihr sicher niemals so widerfuhren. Vermutlich tischte sie diese Storys auch Familie und Freunden auf. Irgendwelche belanglosen Geschichten aus dem Büroalltag gab sie munter zum Besten, während sie im Stillen mit dem kämpfte, was man als Agentin durchstehen musste. Ich mochte mir gar nicht vorstellen wie es sich anfühlte von einer Mission zurückzukehren, auf der man jemanden töten musste oder schwer verwundet wurde. Sie kam zurück und hatte keinen, dem sie sich außerhalb der Arbeit anvertrauen konnte. Irgendwie traurig.

Nach etwa einer halben Stunde musste Ella uns leider verlassen. Zum Abschied umarmte sie mich noch und bat um ein weiteres Treffen heute Abend, dem ich nur zu gerne zustimmte.


„Kann es sein, dass da jemand sehr verknallt ist in diese Ella?" Mit einem schelmischen Grinsen blickte meine Mutter zu mir. Wir hatten nicht vor das Frühstück zu beenden, nur weil Ella uns nicht länger mit ihrer Anwesenheit begnügte.

„Wie kommst du darauf?", stellte ich mich dumm. Meines Wissens sagte ich nichts, dass sie zu solchen Vermutungen verleiten könnte.

„Schwer zu übersehen. Du hast sie ununterbrochen angestarrt. Du hast sie also ziemlich gern, nicht wahr?", ertappte sie mich. Leugnen würde sowieso nichts bringen. Meine Mom wusste Bescheid und von mir aus durfte sie das auch.

„Ja, ich habe sie gern. Sie ist echt cool." Nickend stimmte mir meine Mutter zu.

Sie schien Ella auch zu mögen, aber das wunderte mich nicht. Was ich immer schon an meiner Mom schätzte, war ihre unermessliche Liebe und Gutmütigkeit, die sie in sich trug. Sie sah in jedem Menschen das Gute und es bedurfte eine Menge negative Energie, um ihr unsympathisch zu sein. Und auch wenn Ella auf den ersten Blick nicht unbedingt den herzlichsten Eindruck machte, so erkannte meine Mutter direkt ihre guten Eigenschaften.

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