Kapitel 11: Folter

460 37 11
                                    

Ella


Luft. Ich brauchte Luft. Alles was ich wollte war atmen. Etwas so banales, doch hier und jetzt verwehrte man es mir auf die wohl grausamste Art und Weise. Mein Körper rang nach Sauerstoff, kämpfte verzweifelt gegen die Ketten an, doch das alles würde nichts bringen. Erst als ich dachte den Schmerzen ein für alle Mal zu erlegen, nahmen die Soldaten das in Wasser getränkte Tuch von meinem Gesicht.

Ich schnappte panisch nach Luft. Mein Herz raste wie verrückt. Einer meiner drei Peiniger schaute auf mich hinab. Ich glaube es war der einzige Chinese, der unsere Sprache beherrschte, denn seit den zwei Tagen, die ich hier war, hatte ich ausschließlich mit ihm geredet.

„Möchtest du jetzt reden?" Selbst, wenn ich gewollt hätte, könnte ich ihnen nichts sagen. Sie fragten mich immer wieder nach Makro. Man brachte uns zum chinesischen Geheimdienst, so viel konnte ich inzwischen herausfinden, aber wieso sie so überzeugt davon waren, dass ich zu Makro gehörte, war mir ein Rätsel. Genauso die Tatsache, wieso ausgerechnet sie Hera stürmten. Ob die Chinesen unsere Funknachricht an die CIA abfingen? War das technisch überhaupt möglich?

„Ich kann mich nur wiederholen. Mein Name ist Ella Wright und ich arbeite für die CIA. Prüft das endlich." So schwer war das nicht. Ein kleiner Anruf und man würde bestätigen wer ich war. Und noch wichtiger: Die Agency wüsste endlich, wo ich mich aufhielt.

„Wo ist deine Marke?"

„Die trage ich auf Mission nicht, um meine Identität zu wahren." Wenn man im Einsatz gefangen genommen wird, wollte man im Normallfall vermeiden, dass der Widersacher wusste für welche Organisation man arbeitete. Diesmal wurde mir das allerdings zum Verhängnis.

„Und das soll ich dir glauben? Du und deine Freundin taucht ganz zufällig wenige Tage nachdem Makro eine unserer alten Militärbasen eingenommen hat in einem nahegelegenen Dorf auf? Da darf man doch mal stutzig werden", zweifelte er. Da er wusste wann Reagan und ich in Hera ankamen, vermutete ich, dass er auch die anderen Bewohner der Sekte befragte. Und ich konnte mir schon vorstellen, dass vor allem Fiona kein nettes Wort über uns verlor.

„Wie oft denn noch. Meine Partnerin und ich wurden von der CIA geschickt, um Makro aufzuhalten. Wir sind auf eurer Seite", legte ich ihm meine Version der Geschichte dar, die auch nur zur Hälfte stimmte, aber Reagan als meine Partnerin auszugeben, war die einzige Möglichkeit sie zu schützen.

Anscheinend war der Mann es leid sich mein wenig nützliches Gerede anzuhören und hatte Erbarmen mit mir. Man brachte mich wieder zurück in die Zelle, die ich mir mit Reagan teilte. Der in Stein gekleidete Raum befand sich viele Meter unter der Erde. Es war kalt und nass. Bis auf zwei Holzpritschen und dünnen Stoffdecken hatten wir nichts.

Morgens und abends war es uns gestattet die Toilette zu benutzen. Den Tag über folgte dann unser Folterprogramm und nachts durften wir zusehen, dass wir bei diesen menschenunwürdigen Bedingungen wenigstens ein paar Stunden Schlaf bekamen. Wer hätte gedacht, dass ich eines Tages der Zeit in Hera hinterhertrauern werde.


Reagan kauerte schon auf ihrem Bett, als ich zu ihr stieß. Sie war nur noch ein Häufchen Elend, aus dem man jede Lebensfreude gewaltvoll herausquetschte. Wenn die Chinesen eine von uns brachen, dann vermutlich sie. Ich könnte verstehen, wenn sie einknickte. Anders als ich war sie für so etwas nicht ausgebildet. Sie war keine Kämpferin.

„Wie geht's dir?", fragte ich möglichst einfühlsam.

„Ich glaube noch mal schaffe ich das nicht. Vielleicht sollte ich einfach die Wahrheit sagen." Ihre Stimme war schwach, ihr sonst so blühendes Lächeln verwelkt. Meinetwegen würde ich den doppelten Schmerz ertragen, wenn sie dafür Reagan in Frieden lassen.

Hacking a HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt