Kapitel 8: Teil der Familie

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Ella


Fiona hatte sich wirklich ins Zeug gelegt. Innerhalb eines Tages zauberte sie eine perfekt organisierte Hochzeit aus dem Ärmel. Da ich aus eigener Erfahrung wusste wie schwer eine Veranstaltung dieser Größe zu planen war, beeindruckte mich Fionas Leistung umso mehr. Am liebsten würde ich sie für Joel und mich engagieren.

In der Kirche, die das Herzstück Heras bildete, saßen bereits mehrere Dutzend Bewohner in der frohen Erwartung gleich einer Eheschließung beizuwohnen. Die meisten Gäste waren mir gänzlich fremd, aber wen ich sofort unter den Anwesenden erkannte, war Esther. Schon komisch vor einem Haufen Unbekannter vermählt zu werden mit einer Person, die mir mehr oder weniger genauso unbekannt war.

Ich musste zugeben das Ambiente, die wunderschöne Dekoration und das atemberaubende, weiße Kleid, das ich trug, brachten mich tatsächlich in eine feierliche Stimmung. All das ließ mich auf wundersame Weise wie eine echte Braut fühlen, die heute den glücklichsten Tag ihres Lebens haben wird. Eine Meisterleistung der Manipulation, die Hera mit dieser Feier bot.

Der Brauch sah es vor, dass Reagan und ich Hand in Hand an den Gästen vorbei zum Altar schritten, aber noch saßen wir voneinander getrennt auf den zwei hintersten Bänken und lauschte Elijah, der uns später trauen würde, bei seiner Predigt.

Ich wagte einen Blick in die Sitzreihe links von mir. Dort auf der alten, maroden Holzbank saß nur eine Person, nämlich Reagan, die ein ähnliches Kleid wie ich trug. Es stand ihr hervorragend. Ihr gesamter Look passte ausgesprochen gut zu ihr. Das Weiß des Stoffs hob sich von ihrem gebräunten Teint ab und schaffte ein Kontrast zu ihren schwarzen Haaren und den dunkelbraunen Augen, der mir sehr gefiel. In ihren sonst immer so dunkel gehaltenen Klamotten kam das bisher kaum zur Geltung.

Freudig winkte mir Reagan zu als sie mein Starren bemerkte. Da war es wieder. Das Kind in ihr, das sie wohl nie losgelassen hatte. Manchmal wünschte ich die Welt aus ihren Augen betrachten zu können. Sie sah das Schöne, wenn es schön sein musste, doch genauso sah sie die nüchterne Realität, wenn es nötig war.

Soweit ich das mitbekam, sprach Elijah über Familie, Zusammenhalt und Loyalität. Irgendwelchen Quatsch, der sich toll anhörte, aber mehr Schein als Sein war.

Schließlich wurden Reagan und ich vor gebeten. Ich fasste nach ihrer Hand, so wie es mir Fiona eingetrichtert hatte und wir schritten zum Sektenführer. Er zitierte irgendetwas aus der Bibel, während wir das Trauungsritual durchführten.

Das beinhaltete einen Schnitt in die Hand, damit wir unser Blut in einer kleinen Schale, die vor uns stand, vereinen konnten. Wer auch immer sich das ausdachte, schien keinen Gedanken daran zu verschwenden, wie unpraktisch die Kombination einer blutenden Hand und eines weißen Hochzeitskleids war. Wir bekamen zwar Tücher, um die Wunde damit zu bedecken, aber die Gefahr das Kleid zu ruinieren bestand allgegenwärtig.

„Verbunden durch euer Blut sollt ihr für ewig ein gemeinsames Leben führen", rief Elijah mit todernster Stimme. Scheidung war hier bestimmt keine Option. Schade eigentlich. „Hera freut sich auf eure Dienste, auf eure Kinder und auf euer unerschütterliches Engagement für die Gemeinde. Ich bitte euch mit einem Kuss diese erfolgsversprechende Ehe einzuläuten und damit Teil unserer Familie zu werden."

Gespannte Augen sahen uns aus allen Richtungen an, alle in froher Erwartung auf das große Finale. Der Kuss vor dem Altar. Die wohl Größte Geste der Liebe.

Fast schon entschuldigend neigte Reagan ihren Kopf zur Seite. Es tat ihr leid, was sie gleich tun müsste, dabei war es nicht ihre Schuld. Wir hatten keine Wahl.

Langsam näherte sie sich mir. Bis zum Schluss beobachtete ich ihren Mund, dann schloss ich meine Augen und spürte nichts mehr. Nichts bis auf weiche Lippen. Ich hatte fast schon vergessen, wie sanft Frauen küssten.

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