22. Pokerface

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❝𝐑𝐈𝐋𝐄𝐘

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❝𝐑𝐈𝐋𝐄𝐘

June sieht total zermürbt aus, ihre Augen sind ein wenig rot unterlaufen. Entweder durch Schlafmangel oder weil sie geweint hat, was ich nicht hoffe.

»Es sieht nicht wirklich so aus, als wäre alles in Ordnung, aber wenn du nicht mit mir sprichst, kann ich dir nicht helfen«, erkläre ich besorgt. Ihr entweicht ein verächtliches Schnaufen.

»Natürlich ist nicht alles in Ordnung. Ich frage mich aber, wie ausgerechnet du mir helfen willst, wo du doch der Grund für all das Chaos bist.« Dem kann ich eigentlich nichts entgegenbringen. Es ist die pure Wahrheit.

Trotzdem versuche ich, am Ball zu bleiben: »June, bitte sag mir, was passiert ist.« Mir ist egal, dass meine Stimme allmählich verzweifelt zu klingen beginnt.

Doch June nuschelt nur: »Na du bist passiert.« Unruhig läuft sie ein paar Mal in der Küche hin und her.

Da sie sich damit jedoch schnell selbst zu nerven scheint, setzt sie sich schließlich auf einen Küchenstuhl und beginnt die Hände zu kneten. Ich bin mir nicht sicher, wie ich sie zum reden bringen kann und entscheide, June einen Moment für sich zu geben. Früher hat das so herum immer ganz gut funktioniert.

»Ich bin eine rauchen«, teile ich ihr mit und trete nach draußen auf den Balkon. Es dauert keine fünf Züge an der Zigarette, da kommt June mir auch schon hinterher.

»Lässt du mich jetzt mit diesem Chaos allein?«, fragt sie zögerlich und vorwurfsvoll zugleich. Perplex schaue ich sie an.

»June, das würde ich nicht wagen. Aber du wirst mir doch zustimmen, dass ich dich nicht zwingen kann, mit mir zu reden.«

Sie schaut eine Weile nach unten auf die Straße, wo bunte Autolichter durch die Dunkelheit huschen, bevor sie tonlos erklärt: »Wir hatten eine Auseinandersetzung.« Ich werde hellhörig, schaue sie mitleidig an und warte darauf, dass noch mehr kommt, doch stattdessen breitet sich nur Schweigen aus.

Gerade, als ich versuchen möchte, mehr zu erfahren, beginnt June unkontrolliert zu schluchzen. Mein Herz fängt an, hilflos den Takt zu beschleunigen. Ich ertrage es nicht, wenn es ihr schlecht geht. Schuldgefühle überrollen mich, wie eine Lawine, die mit Highspeed von den Berggipfeln in ein Tal hinunterstürzt.

»Das Ganze ist allein meine Schuld«, werfe ich mir stumm vor.

»June, es tut mir so leid. Ich wollte das alles nicht«, stammle ich mit heißerer Stimme und breite, ohne weiter darüber nachzudenken, die Arme nach ihr aus. Noch bevor ich begreife, was ich selbst tue, fällt June mir um den Hals. Ich spüre das Zittern ihres zierlichen Körpers und es geht mir durch Mark und Bein.

»Wir sind noch nie aneinander geraten, Brady und ich«, bringt sie abgehakt hervor. »Er war heute morgen schon von meinem Verhalten irritiert. Ich habe es ihm angesehen. Und dann ging er mir später mit diesem Pokerabend auf die Nerven, als ich noch nicht einmal richtig zur Tür rein war. Ich habe so viele Akten nicht geschafft, in den letzten Wochen, weil ich gedanklich überhaupt nicht mehr hinterher komme. Die Überstunden machen mich fertig. Und dann nervt er mich mit diesem dämlichen Poker, dass er unbedingt hin möchte. Ich habe ihm gesagt, er könne doch auch ohne mich gehen und dass es für mich in Ordnung wäre.«

Date me again, please | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt