❝𝐑𝐈𝐋𝐄𝐘
Mit einem vor Glück geschwollenen Herzen wache ich am nächsten Morgen auf und finde, als ich den Kopf zur Seite drehe, eine friedliche schlummernde June neben mir im Bett. Unweigerlich muss ich schon wieder grinsen. Wie sie da so liegt, sieht sie aus, wie eine wunderschöne Göttin.
Durch die halb zugezogenen Vorhänge scheinen ein paar matte Sonnenstrahlen in den Raum, die sich schmeichelhaft auf Junes Beinen abzeichen, welche eine der Bettdecken mittig umschlungen halten. Der Anblick ihres nackten Hintern sorgt dafür, dass sich meine Körpermitte schon wieder gefährlich zu erhitzen droht.
Beim Gedanken an die letzte Nacht wird mir heiß und kalt zugleich. Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, wäre ich nie auf den Gedanken gekommen, dass es Junes erstes Mal mit einer Frau war. Also, jedenfalls das erste Mal, dass sie es einer Frau besorgt hat. Sie hat in genau den richtigen Momenten exakt die richtigen Dinge getan und mich mehr als selbstsicher einem phänomenalem Höhepunkt entgegen getrieben. Vielleicht ist sie auch einfach ein Naturtalent. So oder so, ich freue mich auf mehr davon.
Noch ein wenig schlaftrunken schwinge ich die Hand rüber zum Nachttisch, wo mein iPhone liegt. Ein routinierter Griff und ich bekomme das gute Teil auch schon zu greifen, entsperre das Display und checke meine Mails. Morgendliches Pflichtprogramm, auch wenn ich mehr oder weniger Frei habe.
»Gibt's doch nicht«, entweicht es mir lauter als beabsichtigt, als ich nach ein paar Mails die News öffne und ein Foto von June und mir ganz oben auf der Seite vorfinde. Zähneknirschend lese ich stumm die Headline:
Contour Diversion Frontfrau mit neuem Groupie gesehen
Unweigerlich entweicht mir ein tiefer Seufzer, und frustriert raufe ich mir die Haare. Neben mir gibt die Matratze ein wenig nach, da mein kleiner Gefühlsausbruch June offensichtlich geweckt hat. Verschlafen reibt sie sich die Augen und fragt neugierig: »Was gibt es nicht?«
Bei ihrem schönen Anblick vergesse ich für einen Moment meine Verärgerung. Ich könnte schwören, mir flirren Herzchen in den Augen, doch als sie den Kopf leicht schief legt und ein verwirrtes »Was ist los?« von sich gibt, komme ich wieder zur Besinnung.
»Ach, nichts«, will ich mich schon rausreden, weil ich ihr dieses ganze Medientheater wirklich gern ersparen möchte, doch im Grunde ist es dafür ja bereits zu spät. Früher oder später würde sie das Foto ohnehin im Netz kursieren sehen. Missmutig drehe ich das Display des iPhones so, dass June einen Blick darauf werfen kann.
»Es tut mir so leid. Ich hätte das nicht tun sollen«, starte ich einen erbärmlichen Versuch die Sache damit irgendwie besser zu machen, lasse aber schnell nur entmutigt die Schultern nach vorn sacken, weil es sinnlos ist.
Mein Herz fühlt sich mit jeder Sekunde, die sie wortlos auf das Bild starrt, mehr so an, als läge es in einer eisernen Hand, die es unbarmherzig langsam zerdrückt.
Sie ist kein Groupie. Denn anders als solche, hat sie es überhaupt nicht darauf angelegt, wegen mir in der Presse gezeigt zu werden. Sie ist einfach nur diese wunderschöne, unschuldige Frau, die mir vor zehn Jahren sagte, dass sie in mich verliebt ist, bevor ich das Gleiche auch nur ansatzweise zustande brachte.
Hundertprozentig ist sie überhaupt nicht begeistert darüber, so schnell wegen mir in der Klatschpresse gelandet zu sein. Nur die Wenigsten kommen damit zurecht, wenn sich mehr als nur die eigene Familie und der Freundeskreis für sie interessieren. Vor allem, wenn es sich um wilde Spekulationen oder teils schlicht um Unwahrheiten handelt.
Plötzlich drängt sich mir ein Gedanke auf, den ich bisher noch gar nicht zugelassen habe. Nicht, weil ich es nicht wollte, sondern schlichtweg, weil es mir nicht in den Sinn kam. Doch nun trifft es mich, wie ein Blitz, der mit Karacho in einen Baum einschlägt und ihn mindestens halbiert.
Was, wenn unsere Beziehung meinen Job nicht aushält? Was, wenn Junes Gefühle nicht stark genug sind, um die Freundin der Sängerin einer leider wirklich bis ins letzte Fitzelchen der Welt bekannten Band zu sein?
»Warum zur Hölle kommt mir das denn überhaupt erst jetzt in den Sinn?«, denke ich übellaunig bei mir selbst und atme geräuschvoll aus. Doch June starrt nur ohne jegliche Regung auf mein iPhone.
»June?«, frage ich vorsichtig und greife nach ihrer Hand, um sie sanft zu drücken. »Ist alles in Ordnung?« Dass sie nicht antwortet, macht mich komplett fertig. Mein Herz rutscht mir in die nicht vorhandene Hose.
»Jou, gib bitte nichts auf das, was diese Schandmäuler da schreiben. Die wissen es nicht besser und nach den letzten Jahren, liegt es für sie auf der Hand, dass du eine von vielen bist. Aber ich schwöre dir, das stimmt nicht. Du bist mir das Wichtigste auf der Welt und es tut mir furchtbar leid, dass die Medien Unwahrheiten verbreiten. Ich hätte besser aufpassen, mich umsehen müssen, bevor ich in der Öffentlichkeit mit dir rumknutsche.«
Ein Gefühl von Hilflosigkeit kriecht mir in die Kehle und lässt mich verstummen. Ein resigniertes Brummen entweicht meiner Kehle. So ein dummer Anfängerfehler hätte mir nicht passieren dürfen. Ich weiß doch, wie diese Geier von den Medien sind. Sie lauern überall, tarnen sich besonders gut und ergötzen sich dann daran, pikante Fotos aufgenommen zu haben.
»Irgendwann wäre das doch eh passiert«, gibt June nach einer ganzen Weile endlich, aber ziemlich tonlos, von sich. Die Bewegung ihrer Augen verrät mir, dass sie begonnen hat, den unter Bild und Überschrift stehenden Text zu lesen. Ihrer Stimme und dem versteinerten Gesicht nach zu urteilen, ist sie definitiv verärgert.
»Ich kann verstehen, wenn dir das zu viel ist, ehrlich. Ich habe mir und meiner Mom versprochen, dass ich um meine große Liebe«, beutungsvoll deute ich mit dem Zeigefinger auf sie, »dass ich um dich kämpfe. Wenn meine Karriere uns im Weg steht, dann hänge ich sie an den Nagel. Du musst es mir nur sagen, wirklich. Ich verlasse die Band, ich schwöre es dir.« Meine Stimme klingt widerlich hoch, und furchtbar unsicher.
Es darf einfach nicht geschehen, dass unser Liebesglück in tausend Scherben zerbricht, wie ein zu Boden fallender Spiegel, noch bevor es so richtig begonnen hat. Dazu bin ich nicht bereit. Nicht, nachdem ich zehn verdammte Jahre vergeudet habe, in denen ich möglicherweise schon hätte mit ihr zusammen sein können.
Angespannt halte ich die Luft an und versuche meine Augen mit denen von June zu verschränken. Erst als sie näher zu mir gerobbt kommt, wo sie ihren Kopf an meine Schulter lehnt und zärtlich meinen Hals küsst, erlaube ich mir, wieder zu atmen.
»Du kannst doch nicht deine Karriere beenden und dein Talent vergeuden, Riley! Ich kann nicht behaupten, dass ich keine Angst vor alledem hätte, aber glaubst du wirklich, dass es etwas an meinen Gefühlen ändern würde?«, fragt sie gegen meine Haut, die dabei von ihrem warmen Atem gestreift wird.
»Du bist nicht sauer und machst Schluss?«, frage ich nur perplex, weil mein Hirn gerade nicht viel mehr auf die Reihe bekommt. Mit einer euphorischen Bewegung schlingt June die schmalen Armen um meinen Hals und kichert.
»Riley Miller, das«, sie zeigt auf das mittlerweile schwarze iPhone Display, »ist nun mal dein Leben. Es ist ein Teil von dir. Je öfter diese Pressefuzzis uns zusammen sehen, desto schneller werden sie das Interesse daran verlieren und wer weiß, irgendwann begreifen sie vielleicht sogar, dass da mehr zwischen uns ist.«
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Date me again, please | ✓
Genel KurguJune Wilsons Leben steht auf soliden Säulen. Sie hat einen tollen Job, einen wunderbaren Freundeskreis und einen liebevollen Freund, mit dem sie ihre Zukunft plant. Riley Miller hat den großen Durchbruch im Musik Business geschafft und führt seither...