❞𝐉𝐔𝐍𝐄
Zugegeben, ich hätte nicht unbedingt erwartet, dass unser erstes Date ein Horrorfilm in einer Privatvorstellung sein würde, zu welchem wir in einem Doppelloungsessel gekuschelt sitzen, während ich krampfhaft versuche, mir nicht vor Angst in die Hose zu machen. Ich wollte Riley beeindrucken, indem ich The Boy als den Film für unseren Abend ausgewählt habe. Einfach, weil sie ein riesiger Horrofilm Fan ist. Wie man allerdings auf solchen gruseligen Mist stehen kann, ist mir unbegreiflich. Jetzt werde ich nie wieder ohne Angst mit einer Puppe im Raum sein können, fürchte ich.
Als der Abspann beginnt, muss ich mich tierisch zusammenreißen nicht vor Erleichterung von der Sitzfläche zu springen. Hätte ich doch lieber einen der anderen Filme ausgewählt, denke ich stumm. Doch als ich in Rileys freudiges Gesicht blicke, verfliegt mein Angst schnell, jedenfalls fürs Erste.
»Ich weiß genau, dass dieser Junge dich furchtbar gegruselt hat, June«, raunt sie mir ins Ohr, bevor wir uns erheben.
»Ach Quatsch, der Film war doch harmlos«, versuche ich über die Wahrheit ihrer Worte hinwegzutäuschen und zwinkere Riley verschmitzt zu.
»Ja, ja. Das kannst du keinem einreden, Süße.« In einer fließenden Bewegung schwingt sie den rechten Arm über meine Schulter, als wir den kleinen Kinosaal verlassen und im Foyer direkt wieder auf Ethan treffen. Ich blinzle ein paar Mal, damit sich meine Augen an die Helligkeit außerhalb des Saals gewöhnen.
»Ich hoffe, der Film hat euch gefallen«, meint Rileys Kumpel mit funkelnden Augen und nimmt uns die leeren Verpackungen der Snacks und die Flaschen ab, die er anschließend auf der Theke der Snackbar abstellt.
»Ich denke, June war etwas ambitioniert bei der Auswahl, aber mir hat der Streifen tatsächlich gut gefallen«, berichtet Riley lachend, den Arm noch immer um meine Schultern und drückt mich sanft.
Zehn Minuten später haben wir eine herzerwärmende Verabscheidung von Ethan hinter uns, dem Riley hoch und heilig versprechen musste, künftig öfter vorbei zu kommen oder sich wenigstens ab und zu mal mit ihm auf einen Drink zu treffen, jetzt, wo sie wieder in der Stadt ist. Als er mir zum Schluss mit den Worten »Und du musst bitte auch dabei sein« um den Hals fiel, konnte ich nicht anders, als ihm mein Wort darauf zu geben.
»Ich mag ihn«, meine ich, als wir schließlich von James zurück nach Hause chauffiert werden.
»Ja, er ist ein richtig cooler Typ«, gibt Riley unter einem Nicken zu. »Hin und wieder beteiligt er sich an großartigen Filmprojekten. Davon muss ich dir bei Gelegenheit mal etwas zeigen.«
⋯―⋯
»Uuuuund, wie war's?«, begrüßt mich eine total aufgedrehte und überaus neugierige Maeve, als ich das Wohnzimmer betrete. Die Ellenbogen auf der Lehne abgestützt und das Kinn in die Handinnenflächen gelegt, kauert sie verkehrt herum auf der Couch, während ihre grünen Kulleraugen mich anfunkeln. Etwas verdutzt darüber, dass sie bereits zurück ist von ihrem Date mit Kade, beäuge ich sie misstrauisch mit zusammengekniffenen Augen.
»Was machst du denn schon hier?», kontere ich mit einer Gegenfrage, um von mir abzulenken. Maeve lacht trocken.
»Du musst wissen, Kade arbeitet bei der Feuerwehr. Tja, dem geschuldet gab es für mich doppelten Nachtisch und für ihn nichts, weil er genau beim letzten Gang von seinem Pager zu einem Einsatz beordert wurde.« Sie zuckt mit den Schultern und grinst über beide Ohren. Was soll ich sagen, sie ist und bleibt eine Naschkatze. Zwei Desserts abgegriffen zu haben, hat sie sichtlich gefreut.
»Oh, das tut mir leid für euer Date«, meine ich mitfühlend, derweil ich mich neben meine Freundin setze, sodass wir uns anschauen können. Maeve bleibt beharrlich und wiederholt ihre Frage, wie mein Abend mit Riley verlaufen ist.
»Es war wirklich schön«, antworte ich knapp und ziehe mental schon den Kopf ein.
»Schön? Das ist alles?«, wiederholt Maeve ungläubig und hebt eine Braue. »Du bist mit einer deiner ältesten Freundinnen ausgegangen, die dich anscheinend immer schon geliebt hat, und alles was du sagst ist, dass es wirklich schön war?« Eine ulkige Grimasse zeichnet sich auf ihrem Gesicht, während sie die Arme vor der Brust verschränkt.
Röte steigt mir in Wangen und ich spüre, wie die Hitze meine Ohren zum glühen bringt, wenn ich nur daran denke, was vor unserem Date vorgefallen ist. Allerdings kennt meine Freundin mich zu gut, um nicht zu bemerken, dass mich etwas beschäftigt.
»Na los, spuck es aus, June. Was beschäftigt dich?«, bestätigt Maeve auch direkt meine Befürchtung. Verlegen verknote ich meine Finger miteinander und kaue auf meiner Unterlippe herum, ehe ich mich zu einer Antwort überwinden kann.
»Na ja ... es war irgendwie ...«, stammle ich, unsicher, ob ich es wirklich erzählen soll, und Maeves Augen weiten sich bereits vor Neugier, »wir haben ziemlich wild rumgemacht, nachdem du fort warst, aber ich habe in letzter Sekunde einen Rückzieher gemacht.«
Unsicher schaue ich meine Freundin von unten herauf an. Eigentlich geht es nur Riley und mich etwas an, aber irgendwie könnte ich ein bisschen Input von außen gut gebrauchen. Maeve bedenkt mich mit einem liebevollen Blick, bevor sie eine meiner Hände aufnimmt und meint: »Dafür musst du dich nicht schämen, Süße. Ich kann das total verstehen. Du warst so lange mit Brady zusammen und vor ihm hattest du doch auch nur diese beiden anderen Typen«, sie hält kurz inne, um sich zu erinnern, »Jacob und Liam, oder?«
»Ich war damals total verknallt in Riley. Ich habe überhaupt nicht darüber nachgedacht, was es für Konsequenzen haben könnte, als ich es ihr beim Eislaufen spontan gestanden habe und dann war sie einfach weg. Ich habe sie so lange vermisst, aber nie wieder eine solche Anziehung zu einer anderen Frau gespürt, sodass ich am Ende immer wieder bei einem Mann gelandet bin. Keine Ahnung, ob ich das mit ihr hinbekomme«, murmle ich und werde mit jedem Wort leiser.
»Ach, June. Ist doch logisch, dass das eine neue, unbekannte Situation für dich ist. Da ist es normal, wenn du unsicher und ängstlich bist. Aber ich zweifle nicht im Geringsten daran, dass sich alles fügen wird. Und außerdem weiß Riley das doch auch alles und wird darauf Rücksicht nehmen.« Gedankenverloren tätschelt Maeve nebenbei mir Hand.
»Vermutlich hast du recht«, erwidere ich etwas zuversichtlicher und versuche mich an einem Lächeln, das mir zwar nur zaghaft aber immerhin ein bisschen gelingt.
»Na hör mal«, flötet Maeve fröhlich, »Liebe darf einen auch manchmal überfordern. Aber ihr seid so ein hübsches Paar und ihr seid noch ganz am Anfang eures gemeinsamen Weges. Gib nicht gleich auf.«
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Date me again, please | ✓
General FictionJune Wilsons Leben steht auf soliden Säulen. Sie hat einen tollen Job, einen wunderbaren Freundeskreis und einen liebevollen Freund, mit dem sie ihre Zukunft plant. Riley Miller hat den großen Durchbruch im Musik Business geschafft und führt seither...