9. Betty's Café

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❞𝐉𝐔𝐍𝐄

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❞𝐉𝐔𝐍𝐄

Wütend schlinge ich den Bagel runter. Eigentlich ist dieser viel zu gut dafür ist, derart verschlungen zu werden. Normalerweise würde ich jeden einzelnen Bissen genießen. Doch irgendwie regiert mich gerade der Frust.

Was ist bloß in mich gefahren? Riley hat diese Chance nicht verdient. Ich hätte nicht ein einziges Wort mit ihr wechseln, geschweigedenn mich für später mit ihr verabreden dürfen. Sie hat es einfach nicht verdient. Keine weitere Sekunde meiner Aufmerksamkeit.

Wenn Brady doch nur hier gewesen wäre. Ich bin mir sicher, dann hätte Riley mich erst gar nicht angesprochen oder wäre vermutlich nicht einmal hier her gekommen. Er wäre meine schützende Mauer gewesen. Doch ohne ihn war ich dieser Frau schutzlos ausgeliefert.

Es steht völlig außer Frage, woher sie die Anschrift meiner Firma hat. Ich zücke mein Smartphone und schreibe Sienna eine Nachricht:

Du miese Verräterin!

Gerade, als ich mit dem Bagel fertig bin, kommt Siennas Antwort:

Bitte sprecht euch aus. Ihr müsst euch doch danach nicht wiedersehen. Aber ihr solltet das ein für alle mal klären.

»Pfff«, mache ich genervt und lege das Smartphone wütend zurück auf meinen Schreibtisch, ohne Sienna etwas zu antworten. Was hat sie denn gedacht, was ich sonst tun würde? Riley freudestrahlend um den Hals fallen und sie wieder in mein Leben lassen? Das ist keine Option! Völlig ausgeschlossen!

⋯―⋯

Natürlich habe ich die restliche Arbeitszeit über mehr Löcher in die Luft gestarrt, und mich selbst verflucht, als zu arbeiten. Tylor wird ziemlich sauer sein, dass ich nicht einmal mehr die Akte von letztem Freitag geschafft habe, die er unbedingt noch heute auf dem Tisch haben wollte.

Zum Glück sind er und Brady heute außer Haus. So bleibt mir morgen wenigstens die Möglichkeit, mich mit einer kleinen Notlüge raus zu reden. Am Besten wäre, ich werde spontan krank. Das kauft Tylor mir bestimmt ab. Es wäre die dritte Notlüge, die ich jemandem auftische, seit Riley in der Stadt ist. Ab welcher Anzahl kann man überhaupt noch davon sprechen, dass es Notlügen sind?

Absichtlich verlasse ich die Arbeit schon 5 Minuten eher. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Riley pünktlich sein wird. Das war noch nie ihre Stärke. Ein Teil von mir hofft regelrecht, dass sie 16:30 Uhr nicht da ist, damit ich einfach nach Hause fahren und mir ›War ja klar‹ denken kann.

Als ich durch die Drehtür nach draußen vor den Bürokomplex trete, halte ich die Luft an. Riley ist überpünktlich. Sie sitzt ein paar Meter entfernt auf einer Holzbank vor einem großen, wunderschön angelegten Blumenbeet und hebt sich mit ihrer dunklen Kleidung stark von den bunten Pflanzen im Hintergrund ab.

»Wartest du schon lange?«, frage ich dümmlich, während ich zu ihr gehe.

Riley zuckt mit den Schultern und erwidert schonungslos ehrlich: »Ich bin gar nicht erst gegangen. Wir wissen beide, dass ich sonst zu spät gekommen wäre.« Da erst fallen mir die drei ineinander gestapelten Kaffeebecher auf, die neben ihr auf der Bank stehen. Sie folgt meinem Blick und lächelt leicht verlegen.

»Kommst du mit mir?«, will sie wissen. Sie klingt dabei, als würde sie fürchten, ich könne jeden Moment davonrennen. Ich nicke stumm und beobachte sie dabei, wie sie die leeren Becher in einen Papierkorb wirft, bevor sie sich wieder zu mir wendet. »Dann los«, sagt sie sanft und setzt sich in Bewegung.

Wir gehen ungefähr zehn Minuten schweigend nebeneinander her, ehe wir in einer ruhigeren Seitenstraße ankommen und Riley vor einem kleinen Café anhält. Mein Blick huscht zwischen ihr und dem runden Metallschild über dem Eingang hin und her, auf dem in geschwungener Schrift Betty's Café steht.

Zielstrebig drückt sie die Tür nach innen auf und bedeutet mir, einzutreten, damit wir uns drinnen setzen können. Ihre Wahl fällt auf einen Ecktisch am Fenster, von wo aus man nach draußen blicken kann.

»Hier bringst du mich also hin?«, frage ich mit gemischten Gefühlen. Es ist das Café, in dem wir uns das erste Mal begegnet sind. Allerdings waren wir da noch grün hinter den Ohren und haben uns die Münder mit Schokoladenkuchen verschmiert, während unsere Mütter über andere Mütter und deren Kinder getratscht haben.

Sie hebt eine Braue und erwidert ernst: »Ich bin nun mal nostalgisch.« Mir entweicht ein verächtliches Schnaufen. Ich hätte nicht gedacht, dass sie sich daran noch erinnert.

⋯―⋯

❝𝐑𝐈𝐋𝐄𝐘

Unschlüssig starre ich erstmal für zehn oder zwanzig Sekunden Löcher in die Luft. Ich habe absolut überhaupt keine Ahnung, wie ich beginnen soll. Junes abwehrende Körperhaltung motiviert mich nicht sonderlich, einfach frei von der Leber weg drauf los zu reden.

Eine in die Jahre gekommene, grauhaarige Bedienung tritt zu uns an den Tisch und nimmt der Situation wenigstens für den Moment etwas die Anspannung.

»Was kann ich Ihnen bringen?«, erkundigt sich Margaret, wie ihr Namensschild an der Bluse verrät.

»Ich nehme einen schwarzen Kaffee«, erwidere ich und die Frau will es gerade in ihren Handcomputer eingeben, als June sich dazwischenschaltet: »Meinst du wirklich, dass du noch einen weiteren Kaffee brauchst?« June klingt besorgt.

Sie schaut auf meine Hände, was mich dazu veranlasst, ebenfalls nach unten zu sehen und das leichte Zittern meiner Finger zu bemerken. Ich kann nicht mit Sicherheit sagen, ob das von der Nervosität oder tatsächlich vom heutigen, erhöhten Kaffeekonsum stammt.

»Bringen Sie uns doch lieber zwei Tees. Gerne Pfefferminze, wenn Sie haben«, bittet June die Bedienung und schenkt ihr ein hinreißendes Lächeln. Die alte Dame nickt verstehend, tippt kurz auf dem Gerät in ihrer Hand herum und lässt uns voerst wieder allein.

Noch immer ratlos, wie ich anfangen soll, sitze ich June gegenüber, die nun nach draußen auf die Straße blickt und die vorbeilaufenden Menschen beobachtet. Ich hatte vorhin so viel Zeit, mir die richtigen Worte zurecht zu legen. Immer wieder bin ich im Kopf durchgegangen, was ich ihr sagen will. Doch jetzt bin ich komplett sprachlos. Am liebsten würde ich für immer hier sitzen und June einfach nur ansehen.

»Wie kommt es eigentlich, dass dich hier niemand erkennt?«, durchbricht ihre ungewöhnliche Frage plötzlich die Stille zwischen uns. Verwirrt lege ich die Stirn in Falten und kneife die Augen leicht zusammen.

Langsam dreht June sich wieder zu mir und sieht mir direkt in die Augen. »Deine Fans«, fügt sie hinzu, weil ich nichts erwidere.

»Achso«, sage ich und lege den Kopf leicht schief. »Na ja, vermutlich weil ich gerade nicht sonderlich bühnentauglich aussehe«, spekuliere ich und deute auf mein Outfit.

»Ich bitte dich, du siehst immer wie ein Rockstar aus«, flüstert June daraufhin mit etwas Ehrfurcht in der Stimme. Es klingt, als wäre sie bestens über mich informiert, womit ich nicht gerechnet hatte.

Nach allem, was war, hätte ich eher darauf gewettet, dass sie sich von allen Informationen über mich so gut es geht fernhält und nichts von mir wissen möchte. Doch offensichtlich ist diese Annahme falsch, wie mir nun klar wird.

»Selbst wenn ich nichts von dir wissen will, die Medien drängen dich einem ja regelrecht auf«, erklärt sie schroff, als hätte sie meine Gedanken hören können.

Date me again, please | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt