57. V. I. P.

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❝𝐑𝐈𝐋𝐄𝐘

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❝𝐑𝐈𝐋𝐄𝐘

»I don't want a lot for Christmas. There is just one thing I need. I don't care about the presents underneath the Christmes Tree. I just want you for my own. More than you could ever know. Make my wish come true. All I want for Christmas is youuuuu«, singe ich mit Mariah Carey im Chor, während ich den letzten Pancake in der Pfanne wende und mache eine überschwängliche Pirouette, um meine eigene Achse.

Meine Vorfreude auf die Feiertage hat sich derart angestaut, dass sie nun mit einem Mal aus mir heraussprudelt, wie zig Hektoliter Wasser aus einem gebrochenen Staudamm.

Wenn man bedenkt, dass ich zehn Jahre lang wirklich überhaupt nichts auf Weihnachten und den ganzen damit zusammenhängenden Schnickschnack gegeben habe, dann habe ich dieses Jahr eine Hundertachtziggradwende gemacht. Ich freue mich so sehr auf den heutigen Tag, es ist unnormal.

Mein Enthusiasmus wird allerdings ein wenig gedämpft, als mir aufgeht, dass ich bei meiner Drehung gerade June im Türrahmen habe stehen sehen. Diese Gesangseinlage hat sie dann wohl leider mitbekommen, denke ich schockiert. Langsam drehe ich mich vom Herd weg zu ihr um und lege ein schiefes Grinsen auf.

»Na da hat aber jemand eine gute Laune«, stellt sie belustigt fest, stößt sich vom Holz ab und kommt zu mir rüber. »Du und Mariah im Duett klingt echt stark.«

»Immerhin ist Weihnachtsmorgen!«, begründe ich meinen vermutlich Besorgnis erweckenden fröhlichen Zustand und hebe die Hände in die Höhe, in einer noch immer den Pfannenwender aus Edelstahl haltend.

»Der Pancake wird schwarz, wenn du ihn nicht wendest, du kleiner Weihnachtswichtel«, gluckst June, die mir kurzerhand das Kochuntensil abnimmt und sich dann an der Pfanne zu schaffen macht.

Gemeinsam, und in bilderbuchhafter Harmonie, beginnen wir die fluffigen Eierkuchen, die allerdings ohne Ei sind, sowie Kaffee und zwei Teller inklusive Besteck auf dem Küchentisch zu drapieren. Wie jeden Morgen seit geraumer Zeit, nehmen wir gegenüber voneinander platz. Diese gemeinsamen Mahlzeiten sind wirklich etwas Tolles. Dagegen waren die unregelmäßigen Mahlzeiten auf Tour der reinste Witz.

Seit wir mit unseren Freunden zum Dinner waren, verbringt June jede Minute, die sie nicht arbeitet, bei mir. Das hat dafür gesorgt, dass wir in nur drei Wochen so eng zusammengewachsen sind, dass es den Eindruck erwecken könnte, wir seien Siamesische Zwillinge. Nur ohne den verstörenden Part durch das Heranwachsen in der gleichen Eizelle entstanden zu sein.

»Trägst du da mein Geschenk drunter?« Neckisch wackle ich mit den Augenbrauen und deute mit der Gabel auf Junes Bademantel.

»Ich verstehe nicht ganz«, erwidert sie gefasst und schiebt sich, gänzlich unbeeindruckt von meiner anzüglichen Frage, ein Stück Pancake, von dem gehörig viel Ahornsirup runtertropft, in den Mund.

»Ich meine den bezaubernden roten Spitzenbody, den ich mir schon immer an dir gewünscht habe«, erkläre ich trocken, derweil ich meine Gabel beiseite lege und die Hände gelassen ineinander falte. Genüsslich kauend, blitzt sie mich mit ihren himmelblauen Augen über die Pancakes hinweg an.

Junes stille Gelassenheit und die Tatsache, dass sie nicht mal ansatzweise rot wird, ist Beweis genug, dass sie wohl tatsächlich etwas ziemlich Aufregendes unter dem Morgenmantel trägt. Schließlich ist die gute Frau in den vergangenen Wochen rapide aus ihrem Schneckenhaus gekommen.

Am liebsten würde ich sofort nachsehen, was sie da für mich bereithält, doch ich schüttle die Neugier vorerst von mir ab und ertränke sie und den letzten Pancake auf meinem Teller in Ahornsirup und Himbeeren, um ihn in genussvollem Schweigen auf zu essen.

Das alles, dieser Morgen, die Zeit mit June, dass sie hier ist, erfüllt mich mit so viel Glück und Liebe. Von Zeit zu Zeit, halte ich die Luft an, solange ich kann. Einfach zur Überprüfung, ob mein Körper noch lebt und nach Luft verlangt, oder ob ich bereits im Himmel bin.

Mit June zusammen zu sein, ist einerseits entspannt unaufgeregt und andererseits mehr als besonders. Es erscheint mir beinahe bedauerlich, jede Sekunde mit ihr nur einmal erleben zu können. Wo ist bitte der Replay Button?

Ich habe nie daran gezweifelt, dass es sich lohnt All In zu gehen und nach Hause zurück zu kehren. Mom ging mit gutem Beispiel voran und erhielt dafür wenigstens noch ein paar Monate mit Dad. Im besten Fall bekomme ich noch vierzig, wenn es gut läuft vielleicht auch sechsig Jahre mit June. Jackpot!

Meine Liebe für diese bildschöne, gutmütige Frau wächst jeden Tag um so viele Meter, dass es längst nicht mehr messbar ist, falls das denn je möglich war. Sie ist einfach nur perfekt.

»Du hast Herzchen in den Augen«, bemerkt June amüsiert. Ich höre das Lachen in ihrer Stimme, noch bevor ich zu ihr aufschaue und ihre die sich nach oben biegenden Mundwinkel sehe.

»Ach, echt? Na ja, nur wegen dir.«

Als könne sie überhaupt nicht glauben, dass ich es ernst meine, deutet June mit dem Zeigefinger auf sich. Fragend zieht sie eine schmal gezupfte Braue nach oben. »Wegen mir?«, wiederholt sie mit erstklassiger Unschuldsmiene und ich nicke heftig.

⋯―⋯

❞𝐉𝐔𝐍𝐄

»Ich finde, es wird Zeit, dass wir mal einen Blick unter den Baum werfen«, verkündet Riley feierlich. Sie streckt sich, Rücken und Schultern gerade, Brust raus. Vermutlich wäre sie am liebsten sofort nach dem Aufstehen zu den Geschenken gerannt, wie ein kleines aufgeregtes Kind und hätte die Verpackungen auseinander genommen, um deren Inhalt zu bestaunen.

Der Stuhl, auf dem sie sitzt, scharrt geräuschvoll über den Boden, als sie energisch davon aufspringt. Vorfreudig schlägt sie den Weg ins Wohnzimmer ein, von wo aus sie schließlich ein euphorisches »Kommst du, Süße?« flötet. Lachend folge ich ihr und finde sie bereits zwischen den Geschenkkarton sitzen, als ich durch die Tür trete.

Gemeinsam machen wir uns zuerst daran, die Karten zu lesen, die über die letzten Tage eingegangen sind. Dann widmen wir uns den Geschenken, die Sienna und Corey, sowie Maeve und Kade uns dagelassen haben.

Während Sienna und Corey mit ihren Familien im Kurzurlaub sind, haben sich Maeve und Kade spontan auf in einen viertägigen Liebesurlaub nach Paris aufgemacht. Beide schenken uns gemeinsame Zeit. Die einen einen Gutschein für einen weiteren Pokerabend, die anderen eine Speedboat Tour.

Da wir für den Nachmittag mit Daniel und Landon auf einen Kaffee verabredet sind, finden wir von ihnen nichts unterm Baum.

»Oh, was haben wir denn hier?«, gibt Riley gespielt ahnungslos von sich. Überschwänglich wedelt mit einem kleinen Karton in schwarz-weißem Karomuster in der Luft herum. Sie beäugt ihn von allen Seiten. »Mist, wieder nicht für mich«, stutzt sie und dreht die Verpackung so, dass ich den kleinen Aufkleber mit meinem Namen darauf sehen kann.

Das quadratische Behältnis wiegt leicht in meiner Hand, als sie es mir überreicht. »Was mag das sein?«, überlege ich. Riley zuckt mit den Schulter und nickt mir aufmunternd zu, den Deckel abzunehmen und hinein zu sehen.

Vorsichtig, als könne mich jeden Moment etwas anspringen, öffne ich den oberen Teil und luge hinein. Etwas ratlos runzle ich die Stirn. Langsam fördere ich eine laminierte Karte, die an einem langen schwarzen Band befestigt ist, zutage und lese die Aufschrift:

V.I.P.
Backstage Pass
Contour Diversion
June P. Wilson
Anytime Access

Fragend blicke ich zu Riley auf. Mit strahlenden Augen und einem riesigen Grinsen im Gesicht sitzt sie im Schneidersitz vor mir. »Du kannst ausnahmslos jedes Konzert besuchen, das Contour Diversion je geben wird. Selbstverständlich fliegst du im Privatjet.«

Für einen Moment kauere ich nur regungslos auf dem Boden, schwer damit beschäftigt zu verarbeiten, was ich da in der Hand halte. Bald wird es ernst, und die Band geht wieder auf Tour. Aber mit diesem V.I.P. Pass kann ich bei Riley sein, wann immer ich möchte.

Von der Hoffnung gepackt, dass mir die Umstände damit möglicherweise gar nicht so schwer zusetzen, wie ich befürchte, falle ich Riley um den Hals und knutsche sie wortwörtlich erst einmal gehörig zu Boden.

Date me again, please | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt