56. Schön für Brady

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❝𝐑𝐈𝐋𝐄𝐘

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❝𝐑𝐈𝐋𝐄𝐘

»Okay ... Wow, was ist denn hier passiert?«, frage ich völlig verdattert und drehe mich einmal um die eigene Achse. Meine von ehrlicher Verblüffung triefende Stimme sorgt bei June für ein schmallippiges, verkniffenes Lächeln.

»Es ist viel zu übertrieben, nicht wahr?«, erkundigt sie sich mit besorgter Miene und nicht weniger besorgtem Unterton. Ihr Finger deutet über die Schulter in den Raum.

Langsam lasse ich den Blick erneut durch das Wohnzimmer der WG schweifen und werde von einer erschreckenden Menge Pink geblendet. Maeve hat es wirklich hinbekommen, den Raum wie den pinken Alptraum des Grinchs herzurichten.

»Vielleicht ein wenig«, lache ich kehlig, den Kopf dabei einige Male schüttelnd.

Pinkes Lametta, Christbaumkugeln in fünf unterschiedlichen Pinktönen, weiß-pink geringelte Plastikzuckerstangen als Kamindeko, ein Räuchermännchen mit einem pinken Flauschebart. Ja, einfach alles ist irgendwie in der furchtbarsten Farbe der Welt gehalten.

»Weihnachten war noch nie so ... furchtbar pink«, füge ich trocken hinzu, nachdem meine Augen diese Farbe kaum noch ertragen können, und sehe stattdessen lieber June an. Wirklich glücklich über die Deko wirkt sie nicht. Vermutlich steht sie deshalb auch mit dem Rücken zu der Barbie Weihnachtshölle ihres Zuhauses.

Hastig strecke ich die Hand nach ihr aus, welche sie bereitwillig ergreift. In einer fließenden Bewegung ziehe ich sie zu mir und platziere gekonnt einen Kuss auf ihrem dunkelrot bemalten Mund.

»Meine Liebe, darf ich Sie bitten mich zum Dinner zu begleiten?«, säusel ich ihr zuckersüß ins Ohr und sie beginnt zu kichern. Einen höfischen Knicks machend, legt sie in einer königlichen Geste ihre Hand in meine.

Sie trägt ein bildschönes Abendkleid in Bordeauxrot, dessen oberes Drittel von floraler Spitze geziert wird und dazu matt-schwarze Pumps, die gerade hoch genug sind, dass sie mir auf Augenhöhe ist. Ihr Pony wellt sich verspielt über die Stirn, während die oberen Haare am Hinterkopf zu einem kleinen Zopf zusammengefasst sind. Hinzu kommt, dass perfekt geschminkte Smokey Eyes mit schwarzem Volumen-Mascara Junes Augen noch mehr Ausdruck verleihen, als es deren Blau allein schon tut.

Heute erfüllen wir wirklich das Klischee einer lesbischen Beziehung, die nach außen hin in eine feminine und eine maskuline Rolle gesteckt ist, denke ich etwas verdrossen, weil ich tatsächlich einfach nur einen schlichten schwarzen Damenanzug mit weißem Hemd darunter trage. Mit ein bisschen Haargel, das meine Haare zurückhält, würde ich von weitem vermutlich sogar als Kerl durchgehen.

»Also mir gefällst du verdammt gut«, flüstert June mir ins Ohr, als hätte ich meine Gedanken laut ausgesprochen. Kurz stutze ich, frage mich, ob ich sie wirklich nur gedacht habe, doch dann zucke ich mit den Schultern. »Das genügt mir«, erwidere ich und ziehe sie für einen leidenschaftlichen Kuss näher heran.

Mit einem zufriedenen Lächeln geht June voran in den Flur, wo wir uns die Schuhe und warme Jacken anziehen, bevor wir die WG verlassen. Ich freue mich wahnsinnig auf den Abend mit unseren Freunden. Die letzten Wochen sind so schnell verflogen, und jetzt haben wir schon den ersten Advent.

»Ich bin so froh, dass wir die nächsten Wochen bei dir verbringen«, gesteht June, die Tür hinter sich abschließend, und rollt mit den Augen. »Maeve ist toll, aber diese Weihnachtsdeko würde mich in den Wahnsinn treiben.« Sie mimt mit den Fingern eine Pistole, mit der sie sich in den Kopf schießt und ich lache so laut darüber, dass es durchs gesamte Treppenhaus hallt. »Das kann ich mir vorstellen.«

⋯―⋯

❞𝐉𝐔𝐍𝐄

»Sie ist wirklich ein guter Fang«, bestätigt Sienna mir, die näher herangerutscht kommt und folgt meinem Blick, der auf Riley ruht. Gemeinsam mit Landon, Kade, Daniel und Corey liefert sie sich einen Darts Wettkampf. Das Lachen der vier rollt immer mal wieder in kleinen Wellen durch die Bar.

»Ja, das ist sie«, murmle ich zur Bestätigung. Satt und zufrieden lehne ich mich nach hinten, an die dick gepolsterte Rückenlehne der Bank. Das Festtagsmenü war der Oberhammer, zumal es komplett vegan war.

In diesem Moment bin ich mir zu einhundert Prozent sicher, dass gerade alles genau so ist, wie es sein sollte. Wenn Riley mich heute noch einmal fragen würde, ob ich glücklich bin, könnte ich die Frage mit absolut gutem Gewissen bejahen.

»Wie läuft es eigentlich mit Brady?« Ich zucke kurz zusammen, weil ich glaube, mich verhört zu haben. Ungläubig drehe ich den Kopf so, dass ich Sienna ansehen kann, was bedeutet, dass ich Riley leider aus den Augen lassen muss.

»Was?«, gebe ich wenig geistreich von mir und starre meiner Freundin in die mandelförmigen Augen. ›Wie kommt sie denn jetzt auf den?‹, wundere ich mich im Geheimen. Mit einem Schulterzucken grinst sie mich ein wenig ertappt an: »Na ja, er ist ja trotzdem noch dein Boss. Jedenfalls einer davon. Kommt ihr gut miteinander aus?« Misstrauisch runzle ich die Stirn.

Das stimmt natürlich, aber darüber hinaus beeinflusst er mein Leben im Grunde überhaupt nicht mehr. Wir sagen uns freundlich »Guten Tag« und »Auf Wiedersehen« und sprechen uns über Mandanten ab, wenn es nötig ist. Nicht mehr und nicht weniger. Immerhin sind wir seit 6 Monaten nicht mehr zusammen. »Wir beschränken uns auf das Wesentlichste, aber das ist mir nur recht.«

»Ah, das ist gut. Ja, wirklich gut«, faselt Sienna. Nervös greift sie sich das kleine violette Schirmchen, das bis eben noch in dem Cocktail vor ihr steckte, um damit herum zu spielen. Okay, sie verhält sich verdächtig, irgendetwas verheimlicht sie vor mir.

»Na komm schon, spuck es aus, Sie. Du hättest das Thema doch nicht angeschnitten, wenn es einfach nur darum geht, ob wir nach unserer Trennung miteinander auskommen.« Erwartungsvoll verschränke ich die Arme vor der Brust und fixiere sie abwartend. Sienna schluckt schwer, dreht das Schirmchen noch ein paar Mal zwischen den Fingern hin und her und steckt es dann wieder zurück in ihren Drink.

»Na ja, weißt du, neulich«, sie hält inne, um mir einen reuevollen Blick zuzuwerfen, »Also neulich, da habe ich ihn in der Mall getroffen.« Irritiert rümpfe ich die Nase. Als wenn das so ungewöhnlich wäre.

»Ja und?«, dränge ich, während sich die Ungeduld immer weiter in mir ausbreitet. Ein außerordentlich langer Seufzer entweicht ihr, dann versucht Sienna sich an einem zuversichtlichen Lächeln.

»Er war in Gesellschaft einer Frau. Ich meine, nicht einfach nur so, sondern Arm in Arm. Die beiden sind von Laden zu Laden geschlendert, haben gelacht und getuschelt und wirkten ... Ziemlich vertraut miteinander.« Ich kann nicht anders als loszuprusten.

»Ach, Sie, du bist so süß! Du hättest mir auch ohne Umschweife sagen können, dass er eine neue Freundin hat.« Bei meinem ulkigen Gefühlsausbruch laufen Siennas Wangen rot an. Manchmal ist sie echt ein Herzchen.

»Hast du wirklich gedacht, das würde mich traurig stimmen?«, will ich wissen, nachdem ich mich wieder einigermaßen beruhigt habe. Zögerlich nickt sie und greift schon wieder nach diesem albernen Cocktailschirm. Wenn sie das Ding weiter so bearbeitet, wird es bald nicht mehr aufzuspannen gehen.

»Ich dachte mir, das wäre vielleicht komisch für dich. Aber ich wollte auch nicht, dass du aus allen Wolken fällst, falls diese Frau, also, äh, ich meine, seine neue Freundin, irgendwann mal bei euch in der Kanzlei auftaucht.« Okay, das verstehe ich. Vermutlich hätte ich wirklich nicht schlecht geschaut, aber traurig gemacht hätte mich das trotzdem nicht.

»Ach, was. Ist doch schön für Brady, wenn er nach vorn schauen und jemandem seine Zuneigung schenken kann. Er ist ein toller Kerl, das wissen wir doch alle. Und wer auch immer sie ist, sie kann sich glücklich schätzen, ihn zu haben.«

Date me again, please | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt