Kane war seit Tagen abgetaucht.
Ich schrieb ihm, doch jede einzelne Nachricht blieb unbeantwortet - kam erst gar nicht durch.
Er ignorierte alles und jeden.Morgen war die Beerdigung von Luna. Mein Herz blutete, wenn ich daran dachte - wenn ich an sie dachte.
Ich vermisste Luna, ohne sie richtig gekannt zu haben.Ich trauerte und wusste nun dank des Internets, dass es fünf Phasen der Trauerbewältigung gab.
Es nicht wahr haben zu wollen, war Phase eins.
Danach folgte die Wut mit Phase zwei.
In der dritten Phase verhandelte die trauernde Person und suchte nach Lösungen.
Depressionen - Phase vier.
Und erst dann folgte Phase fünf: Akzeptanz.Jede dieser Phase, die Kane durchlaufen könnte, machte mir Angst.
Vielleicht übersprang er eine davon, vielleicht blieb er in einer stecken. Vielleicht trauerte Kane ganz anders, wer wusste das schon.
Aber wenn das stimmte, was ich gelesen hatte, dann machte mir Phase vier besonders Angst.Im Moment starrte ich auf mein Smartphone und wartete auf ein Lebenszeichen von Kane.
Von Simon wusste ich, dass sein Sohn wieder in dessen alten Zuhause lebte.
In einem verlassenen Haus voller Erinnerungen an seine Mutter.
Ich war mir unschlüssig, ob das sinnvoll war für Kanes Trauerverarbeitung oder kontraproduktiv, weil er immer tiefer in dieses Loch fiel, in dem er sich befand.Simon bat mich vor vier Tagen dann, bei Kane vorbeizuschauen.
Kane ließ niemanden in sein Zimmer rein.
Nicht Noah, nicht Lea und Simon auch nicht.
Also lag die Hoffnung scheinbar bei mir, doch auch als ich vor seiner Zimmertür stand, klopfte und auf ihn wartete, kam so gut wie nichts.
Vier Tage lang folgte nur eine einzige Reaktion. Es war immer nur ein schwaches: »Geh weg.«Dennoch hatte ich all meinen Mut zusammengenommen und stand auch heute Morgen wieder vor seiner verschlossenen Zimmertür und klopfte an.
Wie in den letzten Tagen, blieb es unangenehm still.
Die Tür zwischen uns ließ mein Herz kalt werden, obwohl es stark sein wollte. Ich lehnte meine Stirn gegen das Holz und schloss die Augen.
»Kane? Ich bin's. Ich wollte nach dir sehen. Und ich hab' was zu essen dabei«, murmelte ich.
Ich lauschte, ob Kane sich bewegte. Das tat er nicht, zumindest hörte ich nichts rascheln.
Das einzige, was mir verriet, dass er das Essen von gestern wahrscheinlich zu sich genommen hatte, war die leere Aufbewahrungsbox neben meinen Füßen.Ich tauschte die Leere gegen eine volle mit leichter Kost, die ihm nicht allzu auf den Magen schlug, aus.
Dann hätte ich gehen sollen, weil es keinen Sinn hatte.
Wenn Kane etwas nicht wollte, dann wollte er es nicht.
Es brachte nichts, hier zu stehen und auf ihn zu warten.
Er war noch nicht so weit.
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Be my Lifeline
Romantik»Du blutest« »Ach, echt? Wäre mir gar nicht aufgefallen«, stieß ich trocken aus. »Tut es weh?«, fragte er mit gerunzelter Stirn. »Was denkst du?«, schmetterte ich zurück und verflucht, ich konnte nicht an mich halten. »Ich denke, du versteckst den...