Vierunddreißig

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Irgendwie verlor ich nicht nur den Kampf gegen die aufkommenden Gedanken an die Vergangenheit

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Irgendwie verlor ich nicht nur den Kampf gegen die aufkommenden Gedanken an die Vergangenheit...ich verlor den kompletten verdammten Überblick im Hinblick auf das, was man mein derzeitiges Leben bezeichnen würde.

Ich hatte keinen blassen Schimmer mehr, wann ein Tag anfing und wann einer endete. Meine Augen blieben größtenteils, mehr als gut für mich war, geschlossen, weil ein Teil in mir sich dazu entschied, aufzugeben.
Alles was ich tat, war den Grundbedürfnissen nachzugehen.
Trinken, Essen und der Gang zur Toilette.

Manchmal zwang ich mich unter den viel zu heißen Duschstrahl, der meine Tränen versteckte und sie so untergehen ließ, wie mich selbst.

Die Temperaturen draußen bekam ich nicht mehr mit, denn in dem Zimmer meiner Mom war es andauernd stockfinster und relativ kühl. So kühl wie es Ende August in einem ständig abgedunkelten Raum werden konnte.
Seit - ich wusste nicht genau seit wann - löste sich Moms Duft von den Bettlaken und stattdessen roch in diesen bescheuerten Haus alles nach...mir.
Nach salzigen Tränen, verschwitzten Alpträumen und dem Waschmittel von Lea, die meine Sachen wusch und hier zweimal die Woche heimlich putze, wenn sie der Meinung war, ich würde schlafen. Ich bekam jedes Mal mit, dass sie da war und tat ihr – und mir – zuliebe so, als würde ich tatsächlich schlafen.

Aber wenn ich dann mal tatsächlich schlief und anschließend aufwachte, roch es jedes beschissene mal nach Limetten und ich wusste, dass ich mir das nicht einbildete.

Ich wünschte, es wäre Einbildung, denn...

Verstand Skyler nicht, dass ich ihn loslassen musste, weil er sonst den Scheiß weiter mitmachte, den er meinetwegen durchlitten hatte? Ich hatte am Tag der Beerdigung seinen Schmerz nicht nur gesehen, ich hatte ihn bis durch seinen Finger und direkt in meinem dämlichen Herz gespürt.
Das war nicht fair.
Ich wollte nicht, dass ich zu einer Bürde für ihn wurde, die nur eines bedeutete: Schmerz.
Das war meine Mom, die ich verlor. Das war mein Schmerz, meine kaputte Zukunft, mein bescheuertes Leben. Heaven sollte leben – richtig leben. Das hatte er verdient, nach allem, was er bereits unbewusst für mich getan hatte.
Deswegen hatte ich das einzige getan, was ich in diesem Moment, indem ich realisierte, dass Skyler King immer weiter mit mir leiden würde, für richtig befand. Ich ließ Skyler ziehen.

Leider wehrte er sich dagegen. Er wollte scheinbar nicht, dass ich mitbekam, wie er weiterhin zu mir kam, deswegen kam er heimlich. Ich hatte diesen Jungen kennengelernt und ich glaubte auch zu wissen, dass er wahrscheinlich dachte, ich bekäme das nicht mit. Aber Heaven war dumm zu glauben, dass ich nicht jedes verdammte Mal aufwachte und an dem Kissen neben mir roch, das schwach nach ihm duftete und manchmal sogar noch warm war. Er war dumm, wenn er freiwillig weiter versuchte, mich zu retten.
Mich von Heaven zu lösen sollte in erster Linie ihm selbst helfen.
Ich wollte nicht, dass er in dasselbe Loch fiel, indem ich seit der Beerdigung festsaß.

Leise seufzte ich, drehte mich um und starrte in die Dunkelheit, die mir mittlerweile vertrauter war als das Tageslicht.

Dad war dreimal täglich da. Ich vermutete, dass es morgens, mittags und abends war, wenn er auftauchte.

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