Meine Hände, die bandagiert und zu festen Fäusten geballt waren, schlugen heftig auf den roten Boxsack vor mir ein.
Schweißtropfen perlten an meinem überhitzten Gesicht hinab und meine Schultern, wie auch meine Oberarme, protestierten mittlerweile heftig. Die Haut an den Knöcheln meiner Finger, die eigentlich geschützt war, fühlte sich dennoch rau und geschwollen an.Und trotzdem schlug ich weiter zu. Immer und immer weiter.
Mom hatte mir gestern Abend geschrieben, es gab Neuigkeiten. Welche Art von Neuigkeiten, wusste ich nicht. Noch nicht.
Sie wollte mich anrufen, sobald die Therapie, die Untersuchungen, die Gespräche und die Tests für heute beendet waren.Ich konnte kaum schlafen und trotzdem war ich voller Energie, die raus musste. Und heute Morgen war mir nichts Besseres eingefallen, als hier her zu kommen.
»Hey, Sinclair«
Ich zuckte zusammen, machte aber noch zwei weitere Schläge.
»Mach mal eine Pause. Du massakrierst seit bald zwei Stunden den armen Sack«, ertönte es erneut von irgendwo aus der leeren Boxhalle.
Zwei Stunden? Wie war das möglich?
Wie konnte ich ihn nicht bemerkt haben?
Ich hielt inne und drehte mich einmal um die eigene Achse, bis ich Eric Traynor sehen konnte.
Ich hatte doch vor fünf Minuten erst angefangen, mich aufzuwärmen.
»Traynor. Hey, Mann...Ich dachte, du wärst den Sommer wieder bei deinem Cousin«, sagte ich erstaunt und schüttelte nebenbei meine verkrampften Hände etwas aus. Es half nichts.
Eric, der am Rand des Rings in der Mitte der Halle lehnte, lächelte zögernd. Verdammt, wie lang hatte ich ihn nicht gesehen? Mit ihm gesprochen?
»War so angedacht, aber nachdem ausgerechnet du gestern geschrieben hast, dass du dich wieder in der Halle blicken lässt, wollte ich mich selbst davon überzeugen«, gestand er und kam näher.
Seit wir uns das letzte Mal gesehen hatten, war viel passiert.
Zum Beispiel Moms Lungenkrebs, der wieder ausgebrochen war und diesmal auch andere Organe befallen hatte.Der Eric vor meiner Nase ähnelte dem Eric vor dieser Zeit kein Stück mehr.
Sein Haar trug er nun ganz kurz geschoren, es war Silber gefärbt und sein Körper war übersät mit wilden Tattoos, die man von der Weite nicht definieren konnte.Er war breiter geworden, hatte an Muskelmasse zugelegt. Von dem damaligen Basketballspieler war nichts mehr zu erkennen.
Würde ich genau heute mit ihm in den Ring steigen, würde es keine fünf Minuten dauern und ich läge auf dem harten Boden. Früher sah das anders aus. Doch die Dinge hatten sich verändert. Wir hatten uns ganz offensichtlich verändert. Mein Körper hatte sich verändert.
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Be my Lifeline
Romance»Du blutest« »Ach, echt? Wäre mir gar nicht aufgefallen«, stieß ich trocken aus. »Tut es weh?«, fragte er mit gerunzelter Stirn. »Was denkst du?«, schmetterte ich zurück und verflucht, ich konnte nicht an mich halten. »Ich denke, du versteckst den...