chapter 6

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Jᴇssɪᴄᴀ

Bryan kam mir sympatisch rüber. Trotzdem war es komisch daran zu denken, dass er meinen ersten Kuss gestohlen hatte. Es war zwar eine Pflichtaufgabe, aber wenigstens konnte ich den Titel "Hat noch nie jemanden geküsst" nun ablegen.

Vielleicht werde ich jetzt besser in der Schule aufgenommen. Jetzt bin ich nicht mehr die Jungfrau ohne Kuss. Sondern nur noch die Jungfrau. Aber das sollte sich nicht so schnell ändern.

In der Klasse war ich echt unbeliebt. Ich war einfach nur mit Veronica befreundet, und sie war beliebt aber kaum einer mochte mich. Wenn Veronica um mich herum war, dann waren sie komplett nett zu mir. Wenn aber nicht, wurde ich ausgeschlossen und bekam nur grimmige und geekelte Blicke.

Ich hatte es schon oft Veronica gesagt, aber sie meinte immer ich solle es ignorieren und mich freuen dass sie mich wenigstens gut behandeln wenn ich mit ihr war. Manchmal hatte ich das Gefühl dass selbst Veronica mich nicht wirklich ausstehen konnte.

Dabei mache ich nie etwas falsch. Ich bin nicht die Person, die dem Lehrer sagt wenn wir Hausaufgaben auf hatten. Ich bin auch kein übelster Streber, eher Mittelfeld. Und selbst meine Eltern waren weder reich noch arm. Ich verstand einfach nicht deren Problem mit mir.

»Ahh, hier bist du Jess«, riss mich eine Stimme aus meinen Gedanken. Ich schreckte auf und sah zu einem grimmigen Raphael. Raphael war mein großer Bruder. Er war 3 Jahre älter als ich, also schon 19 und treibte sich bei jeder Party rum. Deshalb war er auch auf dieser Party, nur hatte ich ihn den ganzen Abend nicht gesehen und war mir nicht sicher ob er wirklich da war.

 »Ja«, murmelte ich und stand von der Treppe auf. Verzweifelt versuchte ich mein Kleid glatt zu streichen, doch dies funktionierte nicht so gut wie ich es mir vorgestellt hatte.

»Mom und Dad haben geschrieben, dass wir nach Hause kommen sollen. Beziehungsweise du. Ich darf noch bleiben aber klein Jess darf ja nicht alleine nach Hause fahren.«, hänselte er mich und ich verdrehte die Augen. »Halt die Klappe, Raph. Bloß weil du älter bist heißt das nicht dass du mich anderes behandeln kannst.« 

Er zuckte mit seinen Schultern. »Ich bin aber älter und somit weiser. Also doch.« Ich stemmte meine Arme in meine Hüfte. »Also, wann geht's los, Taxi?« Er starrte mich böse an aber packte mich an meinem Arm und zog mich wieder ins Wohnzimmer.

»Ich bin nicht dein Taxi«, stellte er grummelnd klar. Ich lachte nur kurz und nuschelte ein leises »Ja klar.« Er zog mich weiter durch das Wohnzimmer und wir kamen fast am Eingang an.

Als ich Veronica in einer Ecke standen sah, rief ich ein kurzes »Tschüssii!«, bevor Raphael mich durch die Eingangstür zog. Wir hielten an seinem Auto an - Ein kleiner Audi.

Schnell setzte ich mich auf den Beifahrersitz und schnallte mich fest. »Yayy! Taxi fahreen!«, rief ich um Raphael zu nerven. Das tat es anscheinend auch, denn er setzte sich mit einem Seufzen ans Steuer und fuhr los.

Wir hatten nichts zu bereden, also drehte ich das Radio lauter und sang bei manchen Liedern so schräg wie ich konnte mit. Ich war nicht betrunken. Ich hatte nur Spaß.

Nach fünfzehn Minuten Fahrt wandte ich mich an Raph. »Hey, weißt du wann Fleur uns wieder besuchen wird?« Er schüttelte nur den Kopf.

Fleur war unsere große Schwester. Sie war schon 25 und lebte nicht mehr im Haus unserer Eltern, da sie vor zwei Jahren mit ihrer Freundin Kathi ausgezogen ist. Am Anfang meinten sie immer dass es nur eine Freundschaft ist, aber nun wissen wir alle dass die beiden zusammen sind. Und ich freute mich für sie. Seit dem Umzug hatten wir sie nur auf Festen gesehen, aber sie wollte uns in nächster Zeit mal wieder besuchen. Ich freute mich schon tierisch, Fleur war schon immer meine Ansprechpartnerin gewesen, und mir fehlte sie öfters mal sehr.

»Ich glaube sie meinte etwas mit in zwei Wochen oder so. Aber ich bin mir nicht mehr sicher.« Ich stieß einen kleinen Freudeschrei aus. Zwei Wochen klang wunderbar. 

. . .

Eine Stunde später war ich zuhause und Raphael war wieder abgedampft. Soweit ich weiß gab es in der Stadt noch eine Afterparty, und da wollte er unbedingt hin. Da er volljährig war durfte er es natürlich. 

Ich legte mich mit einem Seufzen auf mein Bett. Heute war ein verdammt langer Tag gewesen. Und gleichzeitig positiv und negativ. Ich versuchte meine Augen zu schließen, doch ich war zu unruhig um zu schlafen.

Ich nahm mein Handy und schaltete es an. Keine neuen Nachrichten. Ich schaltete es wieder aus und legte es neben mich. Ich konnte einfach nicht aufhören an diesen Bryan zu denken. Und an diesen Kuss. Wenn man es so nennen konnte.

Murrend legte ich mich auf meine rechte Seite und schloss die Augen. Nach einer Weile war ich trotz vielen Gedanken eingeschlafen.

bryanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt