chapter 10

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Jᴇssɪᴄᴀ

Erschöpft ließ ich mich auf mein Bett fallen und schloss meine Augen. Dieser Tag war anstrengend gewesen. 

Nachdem ich von der Arbeit nach Hause gekommen bin, hatte ich Muffin gefüttert und etwas gegessen. Nun lag ich faul im Bett und bemerkte dass mein Tag für heute noch nicht beendet war.

Natürlich hatte ich noch nicht meine stapelweise Hausaufgaben gemacht. Ich hatte kein Bock drauf, aber irgendwann musste man sie machen.

Mit einem Seufzen hievte ich mich von meinem Bett und begab mich zu meinem Schreibtisch, der unaufgeräumt wie immer war. Ich packte die Sachen, welche auf der Fläche sich stapelten auf den Boden und holte meine Hausaufgaben raus.

Morgen hatte ich nicht so viele Fächer. Englisch, Mathe und Sport. Dafür musste ich Englisch und Mathe Hausaufgaben machen. Ich packte meine Stifte aus und fing sofort an die Aufgaben zu lösen. 

Als ich fast das erste Fach fertig hatte, vibrierte mein Handy. Mit einem Seufzen hob ich es auf und fand eine Nachricht von Veronica.

Hey, Jess! Matt geht am Freitag zu einer Party, ich gehe als seine Begleitperson ;). Wollte fragen ob du vielleicht mit gehen willst, was anderes hast du ja eh nicht zu tun und ich brauche eine Person die mich nach Hause fährt wenn wir beide betrunken sind hahaha

Ich verdrehte die Augen. Party? War gestern nicht schon eine Party? Wieso geht man freiwillig zwei Wochenenden hintereinander auf Partys? Und mit Matt wird es lustig. Mal schauen wann sie heulend zu mir kommen wird, weil er mit einer anderen rummacht.

Ich wollte schon eine Absage zurück schreiben, bis ich stoppte. Was wäre, wenn er sie wirklich abservierte? Dann brauchte sie eine Freundin so gut wie nie zuvor, eine Freundin die sie trösten konnte. 

Klar. Bin dabei.

Ich legte das Handy beiseite und vergrub meinen Kopf in meinen Händen. Eigentlich wollte ich gar nicht auf die Party. Ich wusste dass ich wieder alleine in einer Ecke stehen werde, mein Blick auf den Boden gerrichtet und ich einfach nur an meinem Handy sitzen würde.

Partys waren einfach nichts für mich. Das waren sie noch nie.

Vielleicht würde es mehr Spaß machen mit einem Begleiter. Einer, der dich nicht sofort alleine lässt. 

Bryan.

Nein. Nein, nein, nein. Ich kannte ihn erst seit gestern und er mochte mich bestimmt nicht mal. Er ist warscheinlich genauso wie Matt. Auch wenn er beim ersten Eindruck so nett gespielt hatte. Ich gehe mit keinem wild fremden auf diese Party. Ich werde alleine gehen. Nur mit meinem Handy und durch das Internet scrollen. Das kling nach einem guten Plan.

»JESSICA! ESSEN!«, rief mich mein Bruder aus meinen Gedanken. Ich hatte meine Hausaufgaben immer noch nicht komplett fertig. Verdammt. Ich wollte sie vor dem Essen fertig bekommen.

»KOMME!«, schrie ich runter und machte mein Handy aus. Ich konnte noch die neue Nachricht von Veronica erhaschen, bevor ich die Treppen herunterpolterte.

Danke, du bist ein Schatz.

Mit einem Seufzen setzte ich mich an den Essenstisch, an dem schon meine Eltern und Raphael saßen. »Jessica, wir haben dich ja heute noch gar nicht gesehen, wo warst du denn?«, fragte mich meine Mutter mit einem strengen Blick und ich fing an meine Nudeln in den Mund zu stopfen.

»Hausaufgaben«, nuschelte ich mit vollem Mund und lächelte schräg. Meine Mutter sah mich nur tadelnd an und meinte: »Man spricht nicht mit vollem Mund, Fräulein.«

Ich nuschelte ein 'Sorry' und aß weiter. Meine Mutter seufzte nur und aß ebenfalls weiter.

»Sag mal, wo warst du gestern so lange?«, fragte mein Vater mich nach etwas schweigen. Ich sah ihn überrumpelt an.

»Es war Veronicas Geburtstag, dad. Ich wollte nicht früher gehen«, meinte ich und starrte ihn mit zusammengekniffenen Augen an. Er seufzte nur und hob leicht die Schultern. »Ich weiß doch Schatz, aber du bist immer noch nicht volljährig. Was sollen wir tun, wenn wir dich eines Tages von der Polizei abholen müssen?«, meinte er mit einem besorgten Blick.

Überrascht und empört stand ich auf. »Polizei?! Was denkt ihr von mir? Ich habe gestern keinen Tropfen Alkohol angefasst!«

»Kannst du das beweisen? Nein. Und jetzt setz dich wieder hin. Meine Güte, Jessica, du bist doch nicht mehr fünf«, zischte meine Mutter scharf. Langsam ließ ich mich auf meinen Platz zurück gleiten.

»Du hättest wenigstens ein bisschen früher nach Hause kommen können, dann hätten wir uns keine Sorgen gemacht«, wies mich meine Mutter mit einem strengen Blick zurecht. »Ihr hättet mich auch früher abholen können«, murmelte ich sauer.

»Achte auf deinen Tonfall, Mädchen«, brummte meine Mutter. »Sabrina, sei mal ein bisschen netter zu ihr«, brummte nun auch mein Vater. Das bring das Fass meiner Mutter zum überlaufen.

»Wie bitte?«, zischte sie empört. »Du musst nicht so streng zu ihr sein.« Sie zog ihre eine Augenbraue empört nach oben.

»ICH habe mich vor Sorgen gestern fast in die Hose gemacht. Und du, Jonas? Was hast du gemacht, gestern, hm? Gott, bin ich froh wenn die Scheidung endlich da ist!«

»MOM!«, riefen Raphael und ich. Mein Vater funkelte sie nur wütend an. Die beide lieferten sich erneut ein Blickduell. Ich stand einfach auf machte mich auf den Weg in mein Zimmer.

Es ging jeden Abend so. Immer geht es um die Scheidung. Mein Kopf dröhte und ich torkelte zur Treppe. Ich wollte nicht mehr. Wieso konnten die beide sich nicht einmal wie Erwachsene verhalten.

»Wohin gehst du, Madame?«, zischte meine Mutter und ihre Augen funkelten voller Wut. »Ich habe keinen Hunger mehr«, meinte ich und rannte in mein Zimmer. Die Tür schloss ich hinter mir ab. Erschöpft ließ ich mich erneut an meinen Schreibtisch fallen und kritzelte in meinen Hausaufgaben herum. Ich hörte wie Raphael ebenfalls in sein Zimmer ging. Nun waren nur noch die gedämpften Streitereien von meinen Eltern zu hören.

. . .

Eine Stunde später lag ich in meinem Bett und starrte auf die Decke. Die Schreie meiner Eltern hatten aufgehört. Mein Vater war in seinem Arbeitszimmer und meine Mutter war mit dem Auto weggefahren. Sie ist einfach abgehauen, so wie immer. Ich vermutete mal, dass sie später am Abend betrunken zurück kommen würde.

Und ein weiterer Abend verging, wo ich mich fragte, weshalb meine Eltern so schlimm waren. Weshalb unsere kleine Familie so zerbrechlich und schon gebrochen war. Weshalb wir nicht unser glückliches, reiches Leben führen konnten, wie Veronica zum Beispiel.

Meine Mutter vergab das Geld, welches wir verdienten, in Alkohol aus. Mein Vater arbeitete den ganzen Tag und gab das Geld ebenfalls für Sachen aus, welche er uns nicht sagte. Somit hatten wir knappes Geld und kamen gerade noch so über die Runden. Meine Mutter arbeitete nämlich gar nicht, und blieb lieber zuhause.

Mein Handy vibrierte auf dem Nachtschrank neben mir. Seufzend griff ich nach ihm.

Eine neue Nachricht von unbekannt.

Ich hob meine Augenbrauen und klickte auf den Chatverlauf.

'Hey'

Mit zusammengekniffenen Augen starrte ich auf den Text.

'Hey, wer ist das?' schrieb ich zurück. Doch die unbekannte Person war offline.

Mit einem langem Seufzen legte ich mein Handy zurück auf den Tisch und stellte auf lautlos. Danach versuchte ich zu schlafen, was mir langsam auch gelang.

bryanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt