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Eric fand den Weg in die Scheune über das große Loch in der Seitenwand welches Alans Auto verursacht haben musste. Zumindest war das die logische Schlussfolgerung der Dinge wie sie sich hier vor Ort darstellten. Er betrat das Innere mit erhobener Waffe um sich selbst abzusichern. Blut auf dem Boden, Kampfspuren, Alans Fahrzeug. All das konnte Eric sehen. Auch einen schwarzen Rucksack den er aus Alans Auto sicherstellte. Aber ansonsten war hier nicht viel außer Heu und Dreck. Den Spuren nach handelte es sich um mindestens zwei Personen, wovon eine  dieser Jake war. Alan war ihm durchaus noch eine vollständige Erklärung schuldig wie er zu dem jungen Mann und dessen Freundin stand. Jedenfalls tat er alles dafür ihnen zu helfen. Noch einmal sah Eric sich um und prüfte jeden Winkel, jede Ecke bevor er nach draußen zu den anderen zurückkehrte. "Da drin ist nichts. Nur dein Wagen und der hier" sagte er und reichte Alan den schwarzen Rucksack. Er stellte ihn in den Fußraum, wohl wissend, dass dieser höchstwahrscheinlich Jake gehören musste. "Was meinst du mit da ist nichts? Der Wagen hier gehört doch zu jemanden und er verletzt sich doch nicht selbst." Alan deutete kurz auf Jake, doch Eric zuckte mit den Schultern. "Ich kann dir nur sagen was ich festgestellt habe. Keine weitere Person, keine Waffe, nichts. Ach so, deine Schlüssel. Der Wagen hat gelinde gesagt...ein paar Kratzer" Er hielt Alan die Autoschlüssel entgegen und er ergriff diese. Ein paar Kratzer? Was sollte das bitte heißen? Ohnehin missfiel es ihm sehr, dass Jake einfach so sein Auto gestohlen und damit in eine Scheune gebrettert war. Aber waren dann ein paar Kratzer das Synonym für einen Totalschaden? Alan öffnete seinen Mund, doch Eric kam ihm zuvor. "Frag nicht" sagte er und schüttelte kurz den Kopf bevor er zu Julia sah die sich um Jake kümmerte. "Was ist mit ihm?"

"Er ist fit" kam es von Jake und Julia schüttelte den Kopf. "Er braucht eigentlich einen Krankenwagen" Alan atmete kurz durch soweit es ihm möglich war. "Jake, in der Scheune ist niemand. Sie hatten mir gesagt..." Jake setzte sich entgegen Julias Willen auf. Es traf ihn wie einen Schlag. "Ich war nicht alleine. Daniel Perkins muss sich in der Scheune befinden. Ich habe auf ihn geschossen. Er war tot! Eine Leiche verschwindet nicht einfach!" Eric sah Alan an und Alan wusste wie sich das für seinen Kollegen anhörte. "Mein Kollege ist sehr gründlich und gewissenhaft. Ich glaube ihm, wenn er sagt, dass er nichts gefunden hat. Allerdings bedeutet das..." Eric wusste was Alan sagen wollte und zog erneut seine Waffe. "Er ist irgendwo hier draußen und wir sitzen offen auf dem Präsentierteller" Sie wussten alle was das zu bedeuten hatte. Jeder von ihnen konnte der nächste sein, der angegriffen bzw. auf den geschossen wurde. "Wir müssen hier weg und zwar sofort!" sagte Alan und sah zu Julia. "Ich weiß nicht ob er transportfähig ist" Das interessierte ihn gerade nur zweitrangig. Wenn sie hier nicht verschwanden, waren sie vielleicht bald alle ein Fall für den Transport mit einem Leichenwagen. "Jake, können Sie..." Alan musste die Frage nicht zu Ende formulieren, war aber wieder zum distanzierten Sie übergegangen. "Ja" Er stand mit Julias Hilfe auf und geschützt von Eric stieg er ins Auto. Julia griff nach ihrer Tasche und tat es Jake gleich. "Eric, los!" Langsam ging er um den Wagen herum und öffnete die Fahrertür als ein Schuss ertönte. Wenige Sekunden später hörten sie Eric fluchen. "Scheiße!" Er schaffte es dennoch in den Wagen und schloss die Tür. "Was ist passiert?" wollte Alan wissen, doch Eric ließ den Motor an. "Wir müssen hier weg!" Er wendete und gab Gas.

Suchend und ein wenig panisch blickten sie alle aus den Fenstern des Wagens. Wo war Perkins und woher kam der Schuss von vorhin? Eric trat weiterhin aufs Gaspedal und schoss förmlich aus dem kleinen Feldweg heraus auf die Straße. Das Heck des Wagens schlitterte auf dem regennassen Asphalt ein wenig, fing sich dann aber wieder. Sie fuhren zurück in Richtung Duskwood. Erics Gesichtsausdruck war ernst. Er biss die Zähne zusammen, Alan konnte das deutlich vom Beifahrersitz aus sehen. "Eric, alles okay?" Er nickte nur und fuhr weiter. "Wo müssen wir hin? Alle Spuren führten ins Nichts" Eric blickte kurz in den Rückspiegel. Auch jetzt sah er Jakes Gesicht nicht richtig. Er hatte die Kapuze über dem Kopf und es war dunkel. "Die Hanson Farm" Julia sah Jake an. "Da waren wir bereits" Jake sah zu ihr. "Wann?" Alan mischte sich ins Gespräch ein. "Bevor Sie uns angerufen haben. Haus und Scheune waren leer." Erics Griff um das Lenkrad verstärkte sich ein wenig. "Der Keller und das obere Geschoss ebenfalls. Keine Hinweise auf eine Geisel" Jake sah nach vorn in den Rückspiegel und sein Blick traf den von Alan. "Redet er immer so geschwollen daher?" Jakes Frage brachte Julia trotz der momentanen Umstände kurz zum lächeln. "Seien Sie froh, dass er dabei ist. Ich bin momentan nicht in der Lage Leah zu retten wenn es drauf ankommt" Jake dachte kurz nach. Alan stellte sich vor Eric und das zeugte von wirklichem Zusammenhalt. Er vertraute ihm, also blieb Jake nichts anderes übrig als das selbe zu tun. "Das Signal kam nicht aus der Scheune oder dem Haus" Alan hob eine Augenbraue. "Welches Signal? Wir sind allen Spuren nachgegangen die Sie uns mitgeteilt haben" Jake schüttelte leicht den Kopf. "Geben Sie mir meinen Rucksack" Eric sah kurz zu Alan. Ob das so eine gute Idee war?

Doch griff Alan in den Fußraum und reichte den Rucksack nach hinten weiter. Jake öffnete ihn und holte aus diesem seinen Laptop heraus welchen er sogleich öffnete und startete. "Mein Handy hat mir kurz vor Perkins Angriff ein weiteres Signal angezeigt, aber ich konnte es Ihnen nicht mitteilen. Dieses Arschloch hat auf mein Handy und auf mich geschossen!" Das war es also was Jake Alan am Handy hatte mitteilen wollen bevor er kurzzeitig das Bewusstsein verlor. Hoffentlich war es noch nicht zu spät. Sie waren vor Ort gewesen. So nah dran und doch hatten sie keine Ahnung wie nah. Jake tippte ein paar Befehle ein und ein Fenster öffnete sich. "Michael Hansons Farm. Etwas weiter weg vom eigentlichen Haus. Mitten auf dem Grundstück." Das Signal war noch da. "Was für ein Signal ist das?" wollte Alan wissen. "Leahs Smartwatch. Ehrlich gesagt weiß ich nicht wie lange sie das Signal noch sendet" Das irritierte den Polizisten doch ein wenig. Er erinnerte sich an ein Telefonat mit Jake als dieser eben dieses Signal verloren und ins Telefon geflucht hatte. "Sagten Sie nicht die Uhr wäre aus?" Jake nickte. "Ich dachte zu diesem Zeitpunkt jedenfalls, dass es so ist. Aber wahrscheinlich konnte Leah sie wieder aktivieren. Bitte, wir müssen uns beeilen" Alan nickte und Eric gab noch mehr Gas. Blaulicht war unnötig, ohnehin war so gut wie niemand um diese Uhrzeit und bei diesem Wetter hier draußen unterwegs. Es kehrte kurz Stille ein. Jeder hing seinen Gedanken nach und alle hofften sie rechtzeitig an der Farm anzukommen und die junge Frau noch lebend zu finden.

Alan sah zu Eric rüber der äußerst konzentriert nach vorn blickte. Irgendwas stimmte nicht, das sagte ihm sein Bauchgefühl und im Normalfall irrte er sich nie. "Eric, was ist los?" wollte er wissen und sein Kollege vermied es ihn anzusehen. "Nichts. Alles in bester Ordnung" Doch diese beschwichtigenden Worte kamen eher ernst und gepresst aus Erics Mund. "Erzähl mir keine Märchen, Herrgott nochmal. Ich kenne dich und hier stimmt was nicht. Hat das mit dem Schuss von vorhin zu tun? Hat er dich getroffen?" Er erinnerte sich an Erics Fluchen nach dem Schuss bevor er ins Auto eingestiegen war. "Quatsch" Alan ließ nicht locker. "Eric Bicks. Als dein Freund, Kollege aber besonders als dein Vorgesetzter möchte ich eine ehrliche Antwort haben!" Jake und Julia sahen nach vorn. Alans Tonfall war rauer und ernster geworden. Er meinte seine Worte genauso ernst wie er sie sagte. "Und wenn wäre das jetzt auch egal! Das ist nur ein Streifschuss, mehr nicht. Kein Grund hier ein Fass aufzumachen wegen so einer Lapalie. Wir haben jetzt wichtigeres zu tun oder nicht?" Also doch. Er gab es zu. Aber gut war das nicht. "Lapalie?" fragte Alan und während Alan Eric einen Vortrag über das korrekte Verhalten hielt, zog Jake die Augenbrauen zusammen. Das hieß, Daniel Perkins war definitiv nicht tot. Er hatte auf einen Polizisten geschossen und ihn getroffen. Was wäre wenn der Schuss Eric ernsthafter verletzt hätte? Ja, wenn er ihn vielleicht sogar getötet hätte? Dieses Szenario wollte er sich nicht weiter ausmalen. Sie wären alle tot gewesen. "Schluss jetzt!" schaltete sich Julia ein und plötzlich wurde es still im Wagen. "Wir haben später Zeit das auszudiskutieren! Eric, können Sie weiterfahren oder soll ich Sie ablösen?" Die einzige die noch fahren könnte wäre Julia selbst. "Ich schaff das" Julia sah ihn an. "Sicher?" Eric nickte. "Zu einhundert Prozent" Damit war das fürs erste geklärt.

Jake starrte wieder auf den Laptop auf seinem Schoß und biss die Zähne zusammen. Julia hatte ihn notdürftig versorgt und doch hatte er Schmerzen. Man könnte sagen er hatte sich zwischenzeitlich an diese gewöhnt, aber dem war nicht so. Sollte er etwas sagen? "Julia, richtig?" fragte er und sie sah zu ihm. "Ja" Er haderte kurz mit sich selbst. "Sie haben nicht zufällig Schmerzmittel in Ihrer Tasche dabei?" Die Frage brachte sie zum lächeln. "Ich habe Mittel dabei von denen andere nur träumen. Haben Sie Schmerzen?" Jake nickte leicht. "Moment" Sie nahm ihre Tasche und griff in diese. Kurz darauf holte sie eine Spritze und ein Fläschchen heraus. "Auf einer Skala von eins für die schwächsten und zehn für die stärksten Schmerzen, wo liegen Sie?" Jake brauchte nicht lange zum antworten. "Acht" Sie nickte und zog Schmerzmittel auf. "Sie können mir doch nicht im Auto bei voller Fahrt eine Spritze setzen" Julia packte das Fläschchen wieder ein. "Ich kann das in jeder nur denkbaren Situation. Geben Sie mir Ihren Arm" Jake zog den Ärmel des rechten Arms nach oben und streckte ihr seinen Arm entgegen. Von der Spritze spürte er nur einen kleinen Pieks, aber das Mittel verbreitete sich rasend schnell in seinem geschundenen Körper. "Danke" Sie steckte die Spritze weg und beobachtete Jake der kurz darauf den Kopf senkte und das erste Mal richtig durchatmen konnte ohne wirklich etwas zu spüren. "Besser?" Er lächelte leicht. "Definitiv" Das Mittel stellte ihn soweit wieder her, dass er sich nachher nicht zurückhalten musste wenn es darum ging Leah zu retten. "Wie weit ist es noch?" fragte Julia, die sich wirklich Gedanken um die Gesundheit von allen drei Männern machte. "In circa zehn Minuten sind wir da" sagte Eric als sich ein dunkler Wagen rasend schnell von hinten näherte und nicht daran dachte das Licht abzublenden. Es behinderte Eric ein wenig in seiner Sicht nach vorn und wurde mit jeder Sekunde die verstrich immer heller.

Duskwood is waiting... (Jake/MC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt